Ernst Lehr
Ernst Lehr (* 4. Juli 1896 in Groß-Eichen; † 24. März 1945 in Berlin) war ein deutscher Werkstoffwissenschaftler und Maschinenbauer.
Leben und Wirken
Ernst Lehr wurde am 4. Juli 1896 in Groß-Eichen in Oberhessen geboren. Nach dem Abitur in Friedberg studierte Lehr Maschinenbau und Elektrotechnik an der Technischen Hochschule Darmstadt unter anderem bei Viktor Blaess und Enno Heidebroek und legte bedingt durch den Ersten Weltkrieg, den er als Artillerieoffizier erlebte, erst 1922 seine Diplomprüfung ab. Anschließend trat er als Entwicklungsingenieur in die Darmstädter Maschinenfabrik Carl Schenck AG ein, wo er sich auf die Entwicklung von hochfrequenten Zugdruckmaschinen nach dem Resonanzprinzip, Dauerbiegemaschinen und Drehschwingmaschinen für die Dauerfestigkeitsprüfung spezialisierte. Über seine gewonnenen Erkenntnisse auf dem Gebiet der Festigkeitslehre promovierte Lehr im Jahr 1925.
Im Jahr 1935 wechselte Lehr als Leiter der Abteilungen Maschinenbau und Mechanische Technologie an das Staatliche Preußische Materialprüfungsamt in Berlin-Dahlem, wo er seinen Forschungsschwerpunkt auf die praktische Ermittlung der Spannungsverteilung in schwierig geformten sowie den Kraftverlauf in rasch bewegten Maschinenteilen verlegte. Darüber hinaus erhielt er einen Lehrauftrag als Privatdozent an der TH Berlin, wo er sich 1936 auch habilitierte.
Auf Veranlassung des Oberkommandos der Kriegsmarine wurde Lehr im Jahr 1938 zur MAN nach Augsburg berufen, wo er für die deutschen Schiffsmaschinenhersteller die Forschungsanstalt für Mechanik und Gestaltung aufbaute und leitete. Zusätzlich übernahm er die Leitung der Forschungsanstalt für Gleiskettenfahrzeuge im MAN-Werk Nürnberg. Auf einer Dienstreise nach Berlin zum Heereswaffenamt kam Lehr 1945 bei einem Bombenangriff ums Leben.
Leistungen
Lehrs Arbeiten sind als Fortführung der Forschungen seiner Vorbilder Johann Bauschinger, August Wöhler, Adolf Martens und Carl von Bach zu sehen und umfassen hauptsächlich schwingungstechnische Probleme, zu deren Klärung auch die Festigkeitslehre beitrug. Lehr definierte den Begriff „Dauerfestigkeit“ als Grenzwert wechselnder Beanspruchung neu, entdeckte gemeinsame Gesetzmäßigkeiten bei mechanischen und elektrischen Schwingungen, modernisierte das Reißlackverfahren von Otto Dietrich, befasste sich mit der Fahrzeugfederung und der Tragfähigkeit von Pressstofflagern und erfand die erste Torsionsstabfederung mit größten Federwegen für Schwerstfahrzeuge. So beschäftigt er sich in einer seiner letzten Arbeiten aus dem Jahr 1943 beispielsweise mit der Frage der Dauerhaltbarkeit von Kurbelwellen bei Großdieselmotoren. Nach ihm ist auch das Lehrsche Dämpfungsmaß benannt.
Literatur
- Hans Christoph Graf von Seherr-Thoß: Lehr, Ernst. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985, ISBN 3-428-00195-8, S. 110–112 (Digitalisat).