Erna Döbele

Erna Döbele (geb. Horadam; * 10. Mai 1915 in Karlsruhe; † Juli 2001 in Murg (Hochrhein)) ist bekannt für die Rettung von 96 polnischen Kriegsgefangenen Ende des Zweiten Weltkriegs. Erna Döbele ist auch der Name eines Theaterstücks des südbadischen Mundartdichters Markus Manfred Jung, das 2009 in Herrischried uraufgeführt wurde.

Leben

Erna Döbele verlor früh b​eide Elternteile u​nd wuchs b​ei verschiedenen Familien u​nd älteren Geschwistern auf. 1936 heiratete s​ie den Schreinermeister Ludwig Döbele u​nd zog n​ach Murg. Ludwig Döbele w​ar Murger Gemeinderat u​nd aktiv i​m Männerchor. Zusammen m​it ihrem Ehemann h​atte sie d​rei Söhne. Während d​es Zweiten Weltkriegs w​ar sie Luftschutzsachbearbeiterin i​n ihrer Gemeinde. Sie engagierte s​ich stark i​m kulturellen u​nd kreativen Bereich i​n ihrem Wohnort. Der Frauenkreis Fröhlicher Alltag w​urde von i​hr mitbegründet; s​ie hatte z​ehn Jahre l​ang den Vorsitz. Sie s​ang im katholischen Kirchenchor d​er Stadt u​nd beteiligte s​ich aktiv a​n der Muettersproch-Gsellschaft Gruppe Hochrhii. Ein weiteres kreatives Engagement w​ar die Veröffentlichung i​hres Mundartgedichtbandes E Stube voller Sunneschii. Erna Döbele gehörte z​u den Ersten, d​ie sich u​m die Asylbewerber, d​ie nach Murg kommen, kümmerte. Hinzu k​am die Organisation v​on Busreisen u​nd das vielfältige Engagement für d​ie Murger Fasnacht. Im Jahre 1945 rettete s​ie auf spektakuläre Weise 96 polnischen Kriegsgefangenen d​as Leben, d​ies geriet jedoch i​n Vergessenheit u​nd wurde e​rst publik, a​ls im Jahre 1989 e​in Dankesschreiben a​us Polen i​n ihrer Gemeinde einging. Erna Döbele verstarb i​m Juli 2001 n​ach langer Krankheit i​n Murg u​nd liegt d​ort begraben.

Befreiung der Gefangenen

Wenige Tage vor Ende des Zweiten Weltkriegs (8. Mai 1945 in Europa) ließ der Kreisleiter Johann Bender[1] 96 polnische Kriegsgefangene, die ihre Heimschickung erhofften, auf dem Münsterplatz in Bad Säckingen antreten, um sie in einer Kiesgrube (Metzgergrube Warmbach) in der Nähe von Rheinfelden (Baden) erschießen zu lassen. Die damals 30-jährige Erna Döbele wollte dies nicht zulassen und ging in den Innenhof des Rathauses, um die Gefangenen zu retten. Sie selbst sagte, dass sie ihren Schutzengel um Hilfe angefleht habe, um die richtigen Worte zu finden und somit gebühre der Dank nicht ihr, sondern Gott. „Entweder ihr lasst die Leute da draußen frei, oder ich verrate den armen Polenkerlen, was in der Kiesgrube bei Warmbach mit ihnen gemacht werden soll“, schrie sie auf Bender ein, um die bereits über eine Stunde in glühender Hitze wartenden Polen zu erlösen. Döbele hatte am Tag zuvor telefonisch vom damaligen Gewerbeschullehrer Hörle aus Rheinfelden erfahren, dass die polnischen Gefangenen hingerichtet werden sollten. Nach ihrer Äußerung hin geschah zunächst nichts, dann sollte sie in das Rathaus geführt werden. Sie wehrte sich gegen die beiden SS-Leute und erreichte schließlich, dass der Kreisleiter Bender zu ihr kam. Trotz ihrer großen Angst sagte sie zu ihm: „Können Sie sich das aufs Gewissen laden? 96 Menschen! Ihr seid ja Mörder! Sie haben doch zu Hause eine Frau und vier kleine Kinder!“ Dieser Mut wurde mit der Freilassung der 96 Polen belohnt. Erna Döbele wurde jedoch verhaftet und im Innenhof des Rathauses zurückgelassen. Einer der Polen kehrte zurück und verhalf ihr zur Flucht über die Mauer. Sie vertraute sich dem damaligen Murger Bürgermeister Grass an und kam bis Kriegsende in „Schutzhaft“. Erna Döbele erzählte immer wieder von diesem Tag und wurde von Martin Schley am 17. Oktober 1992 für die Radiosendung Vis à Vis des S4 Radio Breisgau interviewt. Dort beschrieb sie bis in Details, was sich an jenem Tag abgespielt hatte.

Ehrungen

  • 1991 überreichte der Bundespräsident Erna Döbele das Bundesverdienstkreuz am Bande im Rahmen einer öffentlichen Ehrung.
  • 1992/1993 wurde sie von der Narrenzunft wegen ihres Engagements für die Murger Fasnacht zur ersten „Narrengotte“ ernannt.[2]
  • 1994 erhielt sie das Kavalierkreuz des Verdienstordens der Republik Polen. Mit ihrer Familie, dem Vorsitzenden des Maximilian-Kolbe-Werks, Reinhold Lehmann aus Freiburg, dem Landrat Bernhard Wütz, dem Bürgermeister von Murg, Michael Schöke, und dem Ratschreiber Konrad Lüthy nahm sie die Ehrung entgegen, die von Generalkonsul Andrzej Kaczarowsky im Namen des Präsidenten Lech Wałęsa überbracht wurde.
  • 1996 wurden Erna Döbele und ihr Mann Ludwig Döbele anlässlich ihrer diamantenen Hochzeit mit der Ehrenmünze der Gemeinde Murg geehrt.

Einzelnachweise

  1. NSDAP-Akte der Parteikanzlei
  2. Di: Wer wird Wacks wackerer Nachfolger? In: Badische Zeitung, 11. November 2008.
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