Epidemiengesetz
Das Epidemiengesetz (Kurzform EpG) ist ein Bundesgesetz der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen. Es wurde in seiner heutigen Form von der Bundesversammlung am 28. September 2012 verabschiedet, nachdem der Bundesrat ihr am 3. Dezember 2010 einen Entwurf unterbreitet hatte. Aufgrund des zustandegekommenen fakultativen Referendums[1] wurde das Gesetz der Stimmbevölkerung vorgelegt. Bei einer Stimmbeteiligung von knapp 47 % mit einem Ja-Stimmenanteil von 60 % wurde das Gesetz angenommen.[2] Es ist seit 1. Januar 2016 in Kraft. Die insgesamt 88 Artikel werden in zwölf Kapitel gegliedert.[3]
Idee
Die Idee des Epidemiengesetzes (insbesondere nach der Revision von 2016) ist die rasche und unbürokratische Koordination sämtlicher Infrastrukturen, die zum Ziel der Überwachung, Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten beim Menschen beitragen können. Drei Stufen können vom Bund per sofort gemäss EpG ausgerufen werden: die «normale Lage», die «besondere Lage» und die «ausserordentliche Lage».
- Während der «normalen Lage» haben die Kantone den Vollzug des EpGs und der Epidemienverordnugen (EpV) inne. Der Bund hat sehr wenige Kompetenzen, die sich auf Informationen und Empfehlungen, die Kontrolle von Ein- und Ausreise sowie die Koordination, falls von den Kantonen gewünscht, beschränken.
- In einer «besondere Lage» kann der Bundesrat Quarantäne für Einzelpersonen anordnen, Kapazitätsbeschränkungen für Veranstaltungen verhängen oder diese gar absagen; er ist bemächtigt, Schulen zu schliessen; Ärzte und weitere Gesundheitsfachpersonen dürfen verpflichtet werden, an der Bekämpfung der zu diesem Zeitpunkt grassierenden Krankheit mitarbeiten zu müssen; und er darf Impfungen für obligatorisch erklären. Diese Regelungen können in Form einer konkreten Verfügung (zum Beispiel das Verbot einer spezifischen Veranstaltung) oder einer Verordnung (zum Beispiel das Verbot von Veranstaltungen in der gesamten Schweiz) erlassen.
- In der «ausserordentlichen Lage» kann der Bundesrat gestützt auf Art. 185 Abs. 3 der Bundesverfassung Notverordnungen erlassen, die keine Grundlage in einem Bundesgesetz haben, das durch das Parlament beschlossen und dem fakultativen Referendum des Volkes unterstellt ist. Aufgrund der Unvorhersehbarkeit einer akuten, schweren Bedrohung der öffentlichen Gesundheit sind für die «ausserordentliche Lage» keine spezifischen Massnahmen vorgesehen. Im Falle eines Eintretens erlaubt das konstitutionelle Notstandsrecht dem Bundesrat, adäquate Massnahmen anordnen zu können.[4] Gemäss Art. 7d des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes treten diese Verordnungen ausser Kraft, wenn der Bundesrat nicht spätestens nach sechs Monaten dem Parlament den Entwurf eines Bundesgesetzes oder einer parlamentarischen Notverordnung unterbreitet, das die Notverordnung des Bundesrates ersetzt.
Anwendung während der COVID-19-Pandemie
Am Freitag, 28. Februar 2020 sprach der Bundesrat anlässlich der COVID-19-Pandemie während einer Pressekonferenz die «besondere Lage» aus. Er verbot öffentliche oder private Veranstaltungen, bei denen sich gleichzeitig mehr als 1000 Personen aufhalten. Bei öffentlichen oder privaten Veranstaltungen, bei denen weniger als 1000 Personen teilnehmen, mussten[5] die Veranstalter zusammen mit der zuständigen kantonalen Behörde eine Risikoabwägung vornehmen, ob sie die Veranstaltung durchführen konnten oder nicht. Am Freitag, 13. März 2020 wurde auch der physische Unterricht der Schulen bis voraussichtlich am 19. April ausgesetzt.
Am 16. März 2020 sprach der Bundesrat während einer Pressekonferenz die «ausserordentliche Lage» aus. Um Mitternacht wurden sämtliche nicht zur Grundversorgung beitragende Geschäfte geschlossen, ebenso Restaurants, Kinos, Theater oder Schwimmbäder. Lebensmittelläden, Apotheken, Drogerien, Tankstellen, Tierverpflegungsgeschäfte und die Post bleiben geöffnet, um die Grundversorgung der Bevölkerung zu gewährleisten.[6]
Am 25. September 2020 beschloss die Bundesversammlung das Bundesgesetz über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der COVID-19-Epidemie (Covid-19-Gesetz)[7], hat es für dringlich erklärt und auf den 26. September 2020 in Kraft gesetzt.
Weblinks
Einzelnachweise
- Bundesgesetz über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz, EpG) – Chronologie, weiterführende Links. Bundeskanzlei (BK, admin.ch), abgerufen am 25. März 2020.
- Vorlage Nr. 573: Übersicht: Volksabstimmung vom 22.09.2013: Bundesgesetz vom 28.09.2012 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz, EpG). Bundeskanzlei (BK, admin.ch), abgerufen am 25. März 2020.
- SR 818.101 Bundesgesetz vom 28. September 2012 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz, EpG). Abgerufen am 16. März 2020.
- Faktenblatt. (PDF) Bundesamt für Gesundheit, 28. Februar 2020, abgerufen am 10. Dezember 2021 (Schweizer Hochdeutsch).
- SR 818.101.24 Verordnung über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (COVID-19). Abgerufen am 18. März 2020.
- SR 818.101.24 Verordnung 2 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (COVID-19). Abgerufen am 18. März 2020.
- SR 818.102 Bundesgesetz über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der COVID-19-Epidemie (Covid-19-Gesetz)