Einzelwagenverkehr
Einzelwagenverkehr oder auch Wagenladungsverkehr ist eine Art des Schienengüterverkehrs.
Beschreibung
Namensgebend für diese Verkehrart ist die Tatsache, dass Güterzüge des Einzelwagenverkehrs aus Güterwagen verschiedener Versender und Empfänger zusammengestellt sind.[1] Der Transport von einem Versender zu einem Empfänger erfordert daher, dass die einzelnen Wagen bzw. Wagengruppen mit Hilfe verschiedener Züge transportiert werden und mit Hilfe von Rangiermanövern, insbesondere in Rangierbahnhöfen, zwischen diesen umgruppiert werden. Die Aufnahme der Güterwagen erfolgt in Gleisanschlüssen, Güterbahnhöfen oder Ladegleisen. Sofern Ladungen mehrerer Versender bzw. Empfänger innerhalb eines Wagens transportiert werden, ist der Einzelwagenverkehr Teil des Stückgutverkehrs.
Im Gegensatz dazu steht der Ganzzugverkehr, bei dem Züge in unveränderter Wagenzusammenstellung vom Versender zum Empfänger verkehren.
Zu den Ganzzügen zählt auch der Kombinierte Verkehr. In diesem befördern Ganzzüge Ladeeinheiten zwischen verschiedenen Versendern und Empfängern. Diese verschiedenen Verkehrsrelationen werden jedoch nicht durch das Umrangieren der Wagen abgedeckt, sondern durch Verladung der Transportbehälter (meist Container) in Umschlagbahnhöfen zwischen verschiedenen Verkehrsarten bzw. zwischen Zügen. Dadurch bleiben die Wagen unverändert im Zugverband.
Ablauf
Der Einzelwagenladungsverkehr erfolgt in einem Knotenpunktsystem. Hierbei werden die Wagen in der Regel mittels Kleinlokomotiven bzw. Rangierdienst z. B. aus Gleisanschlüssen der Versender abgeholt. In Bündelungspunkten, auch Satellitenbahnhöfe genannt, werden diese Wagengruppen gebündelt bzw. auf dortigen Ladegleisen bereitgestellt und zu Knotenpunktbahnhöfen überführt. Von dort aus werden die Züge entweder zu anderen Knotenbahnhöfen der Region überführt oder zu überregionalen Zugbildungsanlagen (Rangierbahnhöfe) transportiert.
In den Rangierbahnhöfen werden die eingehenden Züge zerlegt und nach Zielen zu neuen überregionalen Güterzügen zusammengefasst. Größere Züge zu anderen Rangierbahnhöfen werden dabei mit schweren Streckenlokomotiven bespannt.
In den Zugbildungsanlagen des Zielrangierbahnhofes werden die Züge wieder zerlegt und die Verteilung erfolgt analog in umgekehrter Reihenfolge über Knoten- und Satellitenbahnhöfen bis zu den einzelnen Empfängern.[2]
Laufweg und sonstige Daten eines Wagens waren früher in Papierform, die gesichert außen am Wagen befestigt waren, festgehalten.
Heute geht man dazu über, die Wagen in rechnergestützten Informationssystemen zu verwalten, wozu sie durch Wagennummern, mehr und mehr auch durch Transponder, identifiziert werden. Viele Wagen sind mittlerweile auch mit GPS-Geräten ausgestattet, die es den am Transport Beteiligten erlauben, ihren Lauf in Echtzeit zu verfolgen.[3]
Beteiligte
Am Einzelwagenverkehr sind erheblich mehr Parteien beteiligt als beim Ganzzugverkehr. So ist die Infrastrukturen, wie Ladegleis, Anschlussbahn, überregionales Gleisnetz und Knotenbahnhöfe oft im Besitz verschiedener Infrastrukturunternehmen. Ebenso können die verschiedenen an einem Transport beteiligten Züge von verschiedenen Verkehrsunternehmen betrieben werden. Auch das Wagenmaterial ist zum Teil im Besitz verschiedener Unternehmen. Sowohl Versender, Empfänger, beteiligte Eisenbahnunternehmen oder Wagenvermieter können Eigentümer dieser Wagen sein. Aufgrund der verschieden nicht zwangsweise symmetrischen Verkehrsbeziehungen erfolgte bereits früh die Gründung von großen Wagenpools die unabhängig von Versendern, Empfängern und Verkehrsunternehmen eingesetzt wurden. So wurde bereits 1899 die Eisenbahn-Verkehrsmittel AG gegründet, die heute im größten privaten europäischen Wagenvermieter VTG AG aufgegangen ist.
Laut der Bundesregierung liegt der Marktanteil des Schienengüterverkehrs in Deutschland aktuell (2020) bei etwa 18 bis 19 Prozent. Er soll bis 2030 auf 25 Prozent steigen. Die DB Cargo AG will ihre Strategie für den Einzelwagenverkehr auf Wachstum und weitere Verkehrsverlagerung ausrichten. Dazu dienen sowohl der Ausbau des Angebots als auch Verbesserungen des Produktionssystems. Zur Angebotsverbesserung sollen individuelle Kunden- und Branchenkonzepte und sog. Shuttle-Produkte beitragen. Beispiele sind der DB-Steelexpress und der Slovakia-Shuttle.[4] Ein robusteres und effizienteres Produktionssystem soll durch stärkere Automatisierung und Digitalisierung erreicht werden. Dabei spielt die Einführung der Digitalen Automatischen Kupplung (DAK) eine zentrale Rolle.
Um den Einzelwagenverkehr zu stärken, haben sich DB Cargo und elf weitere Eisenbahnverkehrsunternehmen das „Netzwerk Zukunft Einzelwagenverkehr“ gegründet.[5][6]
Markt
Die umfangreiche komplexe netzweite Organisation des Einzelwagenverkehrs führt dazu, dass der Markt von (ehemaligen) Staatsbahnen dominiert wird.[2] In Mitteleuropa haben sich sieben Bahnen hierbei zum grenzüberschreitenden Verbund XRail zusammengeschlossen. Aufgrund dieses Aufwandes und der damit verbundenen Kosten zogen sich jedoch auch vereinzelt Bahnen komplett aus diesem Verkehrssegment zurück, so dass es in Ländern wie Italien diese Verkehrsform nicht mehr gibt.[7]
Einzelnachweise
- Udo Sauerbrey, Kerstin Esser: Einzelwagenverkehrs als Alternative. (PDF) Railistics GmbH, abgerufen am 25. März 2016.
- Einzelwagenverkehr. VDV e.V, abgerufen am 20. November 2017.
- Technische Universität Hamburg-Harburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, W. Kersten: Einzelwagenverkehr im Schienengüterverkehr. In: Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) herausgegeben durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI). 13. September 2002, abgerufen am 25. März 2016 (Stand des Wissens: 20.06.2014).
- Gönke Kraft: Wohin steuert der Einzelwagenverkehr? In: GRV-Nachrichten. Nr. 122, November 2021, ZDB-ID 2657659-4, S. 28–30 (GRV [PDF]).
- Ziel der DB-Cargo, abgerufen 13. Mai 2021.
- Netzwerk gegründet, abgerufen 13. Mai 2021.
- Stefan Boss: «Der Einzelwagenverkehr ist die Königsdisziplin». In: SBB Cargo Blog. SBB Cargo, 23. März 2013, abgerufen am 20. November 2017.