Eberhard Fiebig
Leben und Werk
Eberhard Fiebig verdiente sich seinen Lebensunterhalt als Landwirt, Holzfäller und fliegender Händler. Seit 1949 war er als Chemielaborant tätig. 1947 entstanden die ersten Skulpturen. 1960 gab er seinen Beruf in der Chemiebranche auf und wurde freischaffender Künstler. Im Jahre 1963 übersiedelte Fiebig nach Frankfurt, wo er Philosophie studierte und unter anderem Vorlesungen von Theodor Adorno und Bruno Liebrucks besuchte.
Seit den 1960er Jahren entwickelte Eberhard Fiebig Zyklen von Skulpturentypen. Inspiriert durch den amerikanischen Architekten Richard Buckminster Fuller entwirft Fiebig Tensegrity-Konstruktionen – Strukturen, die ihre Stabilität durch die gegenwirkenden Kräfte von Spannung erreichen. 1964 gelang Fiebig mit seinen Faltungen aus Stahlblech der internationale Durchbruch. Zu den Grundformen, die er immer wieder variieren wird, gehören Knoten, Tore und Säulen. Zahlreiche seiner Stahlskulpturen sind im öffentlichen Raum aufgestellt, insbesondere in Frankfurt am Main und in Kassel. Dazu zählt insbesondere das Tor des Irdischen Friedens (1987), Portal der Universität Kassel – mit 100 Tonnen Gewicht eine der schwersten Stahlskulpturen, die es gibt. Weiter ist die 20 Meter Skulptur Große Wuwa (1997) vor dem Verteidigungsministerium in Bonn installiert, Karyatide (1987) vor dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales, der Platz für die Große Perforation ist die Alte Oper Frankfurt, Aurora (1986) steht vor der Neue Galerie (Kassel). 2008 realisierte Eberhard Fiebig eine Fußgängerbrücke (40 Meter) in Rietberg, 2015 wurde das Tor der Freude (1995) am Germania Campus Münster aufgestellt.
1967 organisierte Fiebig Demos für Benno Ohnesorg, der bei einer Polizeiaktion während der Studentenunruhen erschossen wird. In Zusammenarbeit mit dem Rechenzentrum Darmstadt systematisierte und automatisierte Fiebig die Transformation ebener Figuren. Diese Arbeiten brachten ihm die Unterstützung großer Industrie- und EDV-Konzerne ein. Ab 1970 arbeitete Fiebig auch als Publizist und Fotograf, wobei er sich auf politische und gesellschaftskritische Aspekte konzentrierte.
Von 1974 bis 1995 war er als Professor an der Kunsthochschule Kassel tätig. Markus Zürcher war einer seiner wichtigsten Schüler. 1986 gründet Fiebig zusammen mit Dorothea Wickel und Paul Bliese das Atelier art engineering, das sich auf die rechnergestützte Konstruktion von Stahlskulpturen konzentriert. Dazu verwendet Fiebig industrielle CAD-Software. Seit 1998 lebte Eberhard Fiebig mit seiner zweiten Frau, der Malerin Dorothea Wickel, auf einem ehemaligen Kasernengelände in Hannoversch Münden. Im Jahre 1999 stellt er einen Gegenentwurf zum geplanten und heftig diskutierten Holocaust-Denkmal in Berlin vor, welches im Bundestag verhandelt wurde. Seit 2006 lebt und arbeitet Fiebig in Kassel.
Teile seines umfangreichen schriftlichen Vorlasses liegen im Archiv für Bildende Kunst im Germanischen Nationalmuseum.
Literatur
- Eberhard Fiebig. Werke und Dokumente. Plädoyer für eine intelligente Kunst. Verlag Cantz, 1996 (anlässlich einer Ausstellungsreihe im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg, in der Documenta-Halle, Kassel, und in der Galerie am Fischmarkt, Erfurt)
- Claus Pese: Mehr als nur Kunst. Das Archiv für Bildende Kunst im Germanischen Nationalmuseum, Ostfildern-Ruit 1998 (Kulturgeschichtliche Spaziergänge im Germanischen Nationalmuseum, Bd. 2), S. 127–130.
Weblinks
- Literatur von und über Eberhard Fiebig im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- art engineering – offizielle Webseite von Eberhard Fiebig
- Biografie und Ausstellungsverzeichnis von Eberhard Fiebig bei BigArt
- Kunstwerk ist Handwerk – Interview mit dem Künstler Eberhard Fiebig, Sozialistische Zeitung, Nr. 12 / 2010