Dreckschänke
Die Dreckschänke war ein weit über die Grenzen des Erzgebirges hinaus bekanntes Gasthaus in Breitenbach (Potůčky), das im böhmischen Erzgebirge (heute in Tschechien), unmittelbar am Anton-Günther-Weg und 500 Meter südlich von Johanngeorgenstadt liegt.
Geschichte
Die Geschichte des Gasthauses am unteren Ende des Hammerbergwegs im Tal des Breitenbachs (Blatenský potok) im Breitenbacher Ortsteil Ziegenschacht (heute: Stráň) lässt sich bis in das Jahr 1829 zurückverfolgen. Bis dahin gehörte das Haus einem Wenzel Dörfler. 1834 hatte dieser an den Wirt Josef Korb verpachtet. 1835 kaufte es Johann Adalbert Hahn. Das an der Poststraße von Johanngeorgenstadt nach Karlsbad gelegene Gasthaus in Breitenbach Nr. 7 (vormals Nummer 49) trug zunächst lediglich den Namen des Besitzers aus der Familie Hahn und hieß Hahn’s Gasthaus. Es wird spekuliert, dass sich aufgrund des Straßendrecks unmittelbar vor der Haustür im Volksmund schon bald der Spitzname Dreckschänke einbürgerte, der ab 1875 offiziell übernommen wurde.
Den im Volksmund verbreiteten Namen „Dreckschänke“ wurde die Betreiberfamilie Hahn nie los. Werbewirksam übernahm Hahns Witwe Theresia 1885 erstmals den Namen, indem sie ein kleines ovales Porzellanschild „Vulgo Dreckschenke“ über der Tür anbringen ließ. Nach ihrem Tod übernahm Tochter Sophie die Gaststätte, die 1901 den in Johanngeorgenstadt wohnhaften Oberkellner Richard Weickert, Sohn des Fleischhauermeister August Friedrich Weickert in der Körnergasse in Johanngeorgenstadt, heiratete. Der soll Anton Günther zum Dreckschänken-Lied angestiftet haben, das ab 1904 derart populär wurde, dass Gasthaus, Lied und Postkarte weit über die Grenzen des Erzgebirges hinaus bekannt wurden. Zum 100-jährigen Jubiläum der Dreckschänke 1935 hieß es, dieses Lied sei „ein unerwartetes, wertvolles Geschenk, keine bestellte Werbekarte“ von Anton Günther gewesen.
Richard Weickert starb im Dezember 1921, danach leitet Sophie Weickert das Gasthaus bis 1945 wieder selbst.[1]
Am 28. April 1935 feierte die Gaststätte ihr hundertjähriges Bestehen mit einem großen Fest, an dem auch Anton Günther teilnahm. Mit seinem 1904 verfassten Lied Da Draakschänk, das u. a. auf einer Liedpostkarte veröffentlicht wurde, trug er wesentlich dazu bei, den Bekanntheitsgrad des Gasthauses zu erhöhen. Im Refrain des Liedes heißt es:
„Dos is da Draakschänk
's is weit on brat bekannt, weit rem in Sachsn wie en Böhmerland on gieht mr dort verbei,
do räßt’s en jedn nei, war in dr Draakschänk ruht, dar klabt aa gut.“
Nach der Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus Breitenbach 1946 stand die Dreckschänke leer, wurde ausgeplündert und zunächst von tschechoslowakischen Grenztruppen, später zeitweilig auch als Kinderferienlager und längere Zeit als Kindertagesstätte genutzt. Zu dieser Zeit prangte über dem Eingang, wo zuvor das Dreckschänken-Schild hing, ein roter Stern. Nach der Eröffnung des Fußgängergrenzüberganges zwischen Johanngeorgenstadt und Breitenbach 1991 wurde die Dreckschänke als Sporthotel wiedereröffnet. Die verschiedenen Betreiber warben damit, dass die Dreckschänke „das älteste Hotel im Erzgebirgsraum“ sei. Nach anfänglich relativ großem Besucherzuspruch blieben die Gäste mehr und mehr aus, so dass das Hotel 2001 wieder geschlossen wurde. Das inzwischen stark restaurierungsbedürftige Gebäude diente danach einige Zeit als Übernachtungsstätte vietnamesischer Markthändler und steht inzwischen leer. Am gegenüberliegenden Berghang, auf dem sich bis nach dem Zweiten Weltkrieg einige Häuser der Streusiedlung Pechöfen befanden, wurde 2006 ein Abfahrtshang für Skifahrer angelegt.
2009 wurde das über der Tür befindliche Holzrelief mit der Aufschrift Sport-Hotel Dreckschänke durch Mitglieder des Erzgebirgszweigvereins Johanngeorgenstadt gesichert und für einen künftigen Verwendungszweck eingelagert.
Seit 2019 wird die Dreckschänke durch den neuen Besitzer und Unternehmer Marek Plachý aus Potucky renoviert.[2]
Besitzer/Wirte
- bis 1829: Inhaber Wenzel Dörfler
- 1829–1834: Josef Korb
- 1835–1884: Johann Adalbert Hahn († Juni 1884, Tischler und Gemischtwaren-Kaufmann)
- 1884–1887: dessen Sohn Franz Xaver Hahn († Juli 1887), Tischlermeister und Gastwirt
- 1887–1900: dessen Witwe Theresia Hahn geb. Leiner († 20. Januar 1900)
- 1900–1901: deren Tochter Sophie Hahn, die 1901 Richard Weickert aus Johanngeorgenstadt heiratete
- 1901–1921: Richard Weickert († 9. Dezember 1921)
- 1921–1945: Sophie Weickert († Juli 1960)[3][4]
- 1990 – 2017: Gemeinde Potucky[2]
- 2017 – heute: Marek Plachý[2]
Literatur
- Sophie Weickert und Kinder (Hrsg.): Die Hundertjährige Dreckschänke – Jubiläumsheft, 1935; ohne Verlags- bzw. Druckereiangabe, Breitenbach, den 28. April 1935, 20 Seiten, 14,4 × 22,5 cm
- Rudolf Behr (Autor): Neudeker Heimatbrief; Die Geschichte der Dreckschänke, Nr. 176, 1. Mai 1970
- Rudolf Behr (Autor): Neudeker Heimatbrief; Hundertjahrfeier der Dreckschänke, Nr. 48, 1954
- Alexis Kolb (Hrsg.): Das Geldmannl in der Dreckschänk – Erzgebirgsposse in einem Aufzug, 1925, Handlung 1870; Thümmlers Theater-Bücherei, Chemnitz, Bd. 13/14, 40 Seiten, 11,5 × 15 cm
Einzelnachweise
- Rudolf Behr: Die Geschichte der Dreckschänke. In: Neudeker Heimatbrief. Nr. 176, 1. Mai 1970 sowie Hundertjahrfeier der Dreckschänke, Nr. 48, 1954.
- Frank Schubert: Im Böhmischen – „Da Draakschenk“. www.drschubertfrank.de, 19. März 2019, abgerufen am 7. September 2020 (dort zitiert nach Freie Presse Schwarzenberg).
- Rudolf Behr: Die Geschichte der Dreckschänke, Nr. 176, 1. Mai 1970 und Hundertjahrfeier der Dreckschänke, Nr. 48, 1954, Neudeker Heimatbrief
- Sophie Weickert: Die Hundertjährige Dreckschänke, 1935
Weblinks
- Informationen über die Liedpostkarte und die Dreckschänke
- Geschichte der Dreckschänke – 1826–1899
- Ist die Dreckschänke noch zu retten? – 1945 bis heute
- Wie die Dreckschänke von innen aussah
- Die Dreckschänke auf Postkarten