Direkte Summe abelscher Gruppen

Der Begriff direkte Summe abelscher Gruppen verallgemeinert d​en Begriff d​er direkten Summe v​on Vektorräumen. Er i​st von großer Bedeutung für d​ie Theorie abelscher Gruppen. Kann e​ine Gruppe i​n eine direkte Summe zerlegt werden, s​o wird dadurch d​ie Struktur d​er Gruppe a​uf einfachere Gruppen zurückgeführt. Neue Gruppen können a​us den direkten Summanden gebildet werden. Die meisten Struktursätze machen e​ine Aussage über e​ine direkte Zerlegung v​on Gruppen.

Definitionen

  • Die abelsche Gruppe heißt genau dann direkte Summe zweier Untergruppen , , wenn folgende zwei Bedingungen erfüllt sind.
  1. .
  2. .
In diesem Fall wird geschrieben . Dabei bezeichnet die Untergruppe, die nur das neutrale Element enthält.
  • Eine Untergruppe heißt direkter Summand, wenn es eine Untergruppe gibt mit: . In diesem Fall heißt Komplement von .
  • heißt direkt unzerlegbar, wenn und die einzigen direkten Summanden von sind.
  • Sei eine Familie von Untergruppen von . Die Gruppe heißt direkte Summe der , wenn folgende Bedingungen erfüllt sind.
  1. . Die Familie erzeugt .
  2. Für jedes gilt: .
Es wird geschrieben: , oder , falls .[1]

Erläuterungen, einfache Sätze

  • Es seien Untergruppen der abelschen Gruppe . Dann sind folgende Aussagen äquivalent:
    • Es ist .
    • Jedes lässt sich eindeutig schreiben als mit .
    • Es ist und aus mit folgt .
  • Ist , so haben die beiden Endomorphismen und die folgende Eigenschaft: und . Dabei ist die Identität auf .

Homomorphismen liefern e​ine Möglichkeit, direkte Summanden z​u kennzeichnen u​nd zu erkennen:

  • Seien Homomorphismen. Dann gilt:
  1. ist ein Monomorphismus und ist ein Monomorphismus.
  2. Ist ein Epimorphismus, dann ist .
  3. Ist ein Isomorphismus, dann ist .[2]
  • Für eine Untergruppe sind folgende Aussagen äquivalent:
  1. ist direkter Summand in .
  2. Es gibt einen Endomorphismus mit: und .
  3. Ist die Inklusionsabbildung, so gibt es einen Homomorphismus mit .

Beispiele

  • ist direkter Summand in jeder Gruppe.
  • Es sei die zyklische Gruppe mit der zugehörigen Addition. Es sei . Dann ist . Es sind und Untergruppen von . Ihr Durchschnitt ist und ihre Summe ist . Es ist beispielsweise .
  • Die Gruppen der ganzen Zahlen und der rationalen Zahlen sind unzerlegbar. Ist eine Primzahl, so ist direkt unzerlegbar.
  • Hat die abelsche Gruppe eine größte Untergruppe , dann ist direkt unzerlegbar. Ist eine Primzahl, so hat die größte Untergruppe . Also ist direkt unzerlegbar.
  • Sind teilerfremde ganze Zahlen, so ist .
  • Das letzte Beispiel hat eine starke Verallgemeinerung: Sei eine Gruppe und mit . Außerdem sei mit teilerfremden . Dann ist .
  • Ist , so ist , wobei ist. Das Komplement von ist keineswegs eindeutig bestimmt. Es ist zum Beispiel auch für alle .
  • Das letzte Beispiel gilt allgemeiner. Sei eine natürliche Zahl. die Menge der - Tupel mit Komponenten aus . Weiter sei das Tupel, das an der Stelle eine hat und an anderen Stellen . Dann ist .
  • Um zu bestimmen, ob eine Untergruppe von direkter Summand ist, gibt es ein einfaches Kriterium:
Sei . Dann sind folgende Aussagen äquivalent.
  1. ist direkter Summand in .
  2. Es gibt mit .

Die Eigenschaft 2. des letzten Satzes hat eine geometrische Bedeutung: Die Untergruppe ist genau dann direkter Summand in , wenn es einen Vektor gibt, so dass ein Parallelogramm vom Flächeninhalt 1 aufspannen.

  • Die letzte Aussage lässt sich verallgemeinern. Ist so gilt: ist genau dann direkter Summand in , wenn die Zahlen den größten gemeinsamen Teiler haben.

Primäre Gruppen

Der folgende Satz macht eine Aussage über die Zerlegung von Torsionsgruppen. Dazu wird definiert: Sei eine Primzahl. Die Gruppe heißt -primär genau dann, wenn es zu jedem ein gibt mit . Die Summe aller -primären Untergruppen einer Gruppe ist -primär. Es ist die größte -primäre Untergruppe von . Sie wird mit bezeichnet und heißt -Primärkomponente von . Es gilt:

Ist eine Torsionsgruppe, so ist . Es ist direkte Summe seiner Primärkomponenten.

Universelle Eigenschaft

  • Sei für zwei Untergruppen und die kanonischen Inklusionen. Es sind äquivalent:
  1. .
  2. Zu je zwei Homomorphismen gibt es genau einen Homomorphismus mit für .

Die zweite Aussage d​es Satzes i​st die sogenannte universelle Eigenschaft d​er direkten Summe. Sie g​ilt für beliebige Indexmengen.

  • Sei eine Familie von Untergruppen mit . Und seien die Inklusionen. Dann sind äquivalent:
  1. Es ist .
  2. Zu jeder Familie von Homomorphismen gibt es genau ein mit . Das heißt, folgendes Diagramm ist für alle kommutativ.
  • Seien und zwei abelsche Gruppen mit und . Gibt es zu jeder Familie genau ein mit und genau ein mit , so sind und isomorph.

Einige Struktursätze

  1. Satz: Ist ein Homomorphismus, so ist mit und .
  2. Satz: Jede Untergruppe von ist direkte Summe von höchstens zyklischen Untergruppen.
  3. Satz: Ist torsionsfrei und von Elementen erzeugt, so gibt es einen Monomorphismus .
  4. Folgerung: Ist eine von Elementen erzeugte torsionsfreie Gruppe, so gibt es ein , so dass isomorph zu ist.
  5. Ist endlich erzeugt, so ist die Torsionsuntergruppe direkter Summand von .

Einzelnachweise

  1. László Fuchs: Abelian Groups. Springer, 2015, ISBN 978-3-319-19421-9, S. 43.
  2. Frank W. Anderson, Kent R. Fuller: Rings and Categories of Modules. Springer, 1992, ISBN 0-387-97845-3, S. 66.

Literatur

  • Frank W. Anderson, Kent R. Fuller: Rings an Categories of Modules. Springer, 1992, ISBN 0-387-97845-3.
  • László Fuchs: Abelian Groups. (= Springer Monographs in Mathematics). Springer International, 2015, ISBN 978-3-319-19421-9.
  • Friedrich Kasch: Moduln und Ringe. Teubner, Stuttgart 1977, ISBN 3-519-02211-7.
  • Da es recht mühsam ist die Beweise zu den Tatsachen in der angegebenen Literatur zusammen zu suchen sind hier Beweise zusammengestellt.
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