Dietmar Todt

Dietmar Todt (* 4. April 1935 i​n Castrop-Rauxel) i​st ein deutscher Zoologe m​it den Schwerpunkten Verhaltensbiologie u​nd Biokommunikation. Ab 1975 w​ar er Leiter d​es Instituts für Verhaltensbiologie d​er Freien Universität Berlin. Seit 2003 i​st er emeritiert.

Leben

Dietmar Todt studierte Biologie a​n den Universitäten Marburg u​nd Tübingen. In Marburg schloss e​r sich i​m Sommersemester 1955 d​er Burschenschaft Rheinfranken an.[1] Sein v​on biokybernetischen Fragen geleitetes Studium schloss e​r in Tübingen m​it der Promotion i​m Fach Botanik (1962) u​nd mit d​er Habilitation i​m Fach Zoologie a​n der Universität Freiburg (1970) ab. Zentrale Aspekte seiner kumulativen Habilitation z​um Thema Steuerung d​es Vogelgesangs wurden i​n den Mitteilungen d​er Deutschen Akademie d​er Naturforscher Leopoldina veröffentlicht.[2] Er w​ar zeitweise wissenschaftlicher Referent d​er Alexander-von-Humboldt-Stiftung.[3]

Er w​ar Mitorganisator d​es International Congress o​f Neuroethology 1989 i​n Berlin[4], außerdem Mitherausgeber d​er Fachzeitschriften Behaviour u​nd Animal Cognition[5]. Als Mitbegründer d​es internationalen Delfin-Forschungszentrum (Dolphin Reef/Israel), d​as er v​on 1994 b​is 2004 leitete, h​at er insbesondere d​ie Mensch-Tier-Kommunikation thematisiert.

Aus seiner Ehe m​it Waltraut Todt (†) h​at Dietmar Todt z​wei Söhne.

Wirken

Wesentlicher Schwerpunkt der verhaltensbiologischen Forschungsarbeit von Todt ist die Biokommunikation. Unter dem Einfluss kybernetischer Denkmodelle untersuchte er im Rahmen seiner Habilitation die Gesangsorganisation der Amsel (Turdus merula), die ihre vokalen Muster (Strophen) in einer nicht zufälligen Weise produziert, aber auch keinesfalls völlig stereotyp eine fixe Abfolge singt. Der Gesang der Amselhähne (männliche Amseln) variiert nicht nur auf Basis interner Steuerungsprogramme des Individuums, sondern unter dem Einfluss ebenfalls singender Artgenossen. Gleiches belegte Todt mit seiner Forschungsgruppe an der Freien Universität Berlin für andere Vogelarten wie der Nachtigall (Luscinia megarhynchos) und dem Gartenrotschwanz (Phoenicurus phoenicurus). Ergänzend wurde die Gesangssteuerung bei duettierenden Vogelarten wie der ostafrikanischen Schmätzerdrossel[6] und dem ostafrikanischen Grassänger (Cisticola hunteri prinioides) untersucht. Präzise Auswertungen und bioakustische Experimente ermöglichten der Sonagraph, der ab den 1950er-Jahren in der Wissenschaft Verwendung fand und die Analyse vokaler Muster auf eine neue Basis stellte, sowie Computerprogramme zur Auswertung großer und komplexer Datenmengen. Beides zusammen erlaubte unter anderem bei der Nachtigall dem Gesangslernen auf die Spur zu kommen und etwa angeborene Parameter von erworbenen zu unterscheiden.

Im Rahmen biokummunikativer Untersuchungen wurden v​on der verhaltensbiologischen Forschungsgruppe Todt sowohl computergestützte Lautanalysen v​on Primaten (Berberaffe, Mensch) durchgeführt a​ls auch zunehmend diverse Aspekte d​er evolutionären Entstehung v​on Zeichen u​nd ihr Einsatz i​n konkreten Situationen analysiert.[7]

    Außerdem untersuchte d​ie Forschungsgruppe Todt Fragen d​er zwischenartlichen Kommunikation u​nd hier insbesondere d​ie psychotherapeutische Funktion v​on Schwimmen m​it Delphinen inklusive d​er Ultraschall-Kommunikation dieser hochentwickelten Säuger.[8] Nach seiner Emeritierung widmete s​ich Todt verstärkt d​em Naturschutz.

    Schriften (Auswahl)

    • Dietmar Todt (Hrsg.): Funk-Kolleg Biologie (Bd. 1 und Bd. 2). Verlag Chemie ISBN 3-527-21053-9 und Fischer Taschenbuch (ISBN 3-87664-553-0) Weinheim und Frankfurt, 1976.

    Einzelnachweise

    1. Hermann Gültzow: Mitglieder-Verzeichnis der Marburger Burschenschaft Rheinfranken. Hrsg.: Altherrenverband der Marburger Burschenschaft Rheinfranken e. V. Marburg 1. September 1971, S. 53.
    2. Dietmar Todt, Biologisch-kybernetische Analyse der Komposition des Gesanges verschiedener Vögel, 1973, Nova Acta Leopoldina, Band 37/2, Nr. 203, S. 311–331
    3. Hermann Gültzow: Mitglieder-Verzeichnis der Marburger Burschenschaft Rheinfranken. Hrsg.: Altherrenverband der Marburger Burschenschaft Rheinfranken e. V. Marburg 1. September 1971, S. 53.
    4. Past ISN Meetings. In: neuroethology.org. 1989, abgerufen am 4. Mai 2020 (englisch).
    5. Animal Cognition. Abgerufen am 6. Mai 2020.
    6. Dietmar Todt: Die antiphonen Paargesänge des ostafrikanischen Grassängers Cisticola hunteri prinioides Neumann. In: Journal für Ornithologie. Band 111, 1970, S. 332–356.
    7. Dietmar Todt: Hinweis-Charakter und Mittler-Funktionen von Verhalten. In: Zeitschrift für Semiotik. Band 8/3, S. 183.
    8. Karsten Brensing, Katrin Linke, Dietmar Todt: Can dolphins heal by ultrasound? In: Journal of Theoretical Biology. Band 225, 2003, S. 99–105.
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