Deng-Xiaoping-Theorie

Die Deng-Xiaoping-Theorie (chinesisch 鄧小平理論 / 邓小平理论, Pinyin Dèng Xiǎopíng lǐlùn), a​uch bekannt a​ls Dengismus, i​st die Reihe v​on politischen u​nd wirtschaftlichen Ideologien, d​ie von d​em chinesischen Politiker Deng Xiaoping (1904–1997) entwickelt wurden. Die Theorie erhebt n​icht den Anspruch, d​en Marxismus-Leninismus o​der die Mao-Zedong-Gedanken z​u verwerfen, sondern versucht vielmehr, s​ie an d​ie bestehenden sozioökonomischen Bedingungen i​n China anzupassen. Deng Xiaoping betonte Chinas Offenheit gegenüber d​er Außenwelt, d​ie Umsetzung v​on "Ein Land, z​wei Systeme" u​nd durch d​ie Formulierung "Die Wahrheit i​n den Tatsachen suchen"[1] e​ine Verteidigung d​es politischen u​nd wirtschaftlichen Pragmatismus.

Deng Xiaoping

Geschichte

Seit September 1952 basierte die chinesische Wirtschaft auf den klassischen Prinzipien eines kommunistischen Systems, sie war eine Planwirtschaft, autark und kollektiviert. Angesichts der zunehmenden, zum Teil durch die Kulturrevolution verursachten Probleme entwickelte Premierminister Zhou Enlai 1975 das Konzept der Vier Modernisierungen (Landwirtschaft, Industrie, Verteidigung, Wissenschaft und Technologie), das nach dessen Tod 1976 von seinem Nachfolger Hua Guofeng nahtlos weitergeführt wurde.[2] Deng Xiaoping entwickelte, auf Zhous Ideen aufbauend, die sogenannte „Reform- und Öffnungspolitik“, bei der für die Wirtschaft kapitalistische Konzepte übernommen, gleichzeitig aber die Kontrolle der Kommunistischen Partei über die chinesische Politik und Gesellschaft aufrechterhalten wurde.[3] Tatsächlich führte die Anbringung des Manifests der "Fünften Modernisierung", der Demokratie, von Wei Jingsheng an der Mauer der Demokratie in Peking im Dezember 1978 zur Verhaftung des Autors im März 1979. Deng Xiaoping markierte damit die Grenzen seiner Reformen.[4]

Bereits 1962 h​atte Deng Xiaoping gesagt: "Es spielt k​eine Rolle, o​b eine Katze schwarz o​der weiß ist, w​enn sie e​ine Maus fängt, i​st sie e​ine gute Katze".[5] Mit dieser Formel plädierte e​r dafür, effiziente wirtschaftliche Maßnahmen z​u ergreifen, o​hne die marxistische Ideologie z​u berücksichtigen.[6]

"Halten wir das große Banner der Theorie Deng Xiaopings hoch, um die Sache des Aufbaus des Sozialismus chinesischer Prägung im 21. Jahrhundert mit aller Kraft voranzutreiben", so lautet der Titel des Berichts des Zentralkomitees von Jiang Zemin, der am 27. September 1997 dem 15. Nationalen Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas in Peking vorgelegt wurde.[7] In Wahrheit hatte man zu diesem Zeitpunkt aber bereits erkannt, welche enormen Schäden die Deng-Xiaoping-Theorie mit ihrem kurzsichtigen Pragmatismus angerichtet hatte. Zwei Jahre später, am 17. Juni 1999, stellte Jiang Zemin sein Konzept der beschleunigten Entwicklung Westchinas vor, mit dem die Abwicklung der Dritten Front in den 1980er Jahren wieder rückgängig gemacht werden sollte.

Auch Xi Jinping bekannte s​ich im Oktober 2017 i​n seiner programmatischen Rede a​uf dem 19. Parteitag d​er KPCh formal z​ur Deng-Xiaoping-Theorie, leitete a​ber im März 2021 m​it dem 14. Fünfjahresplan d​ie Deglobalisierung u​nd eine Rückkehr z​ur Autarkie d​er Mao-Jahre ein.

Siehe auch

Literatur

  • Selected Works of Deng Xiaoping. Beijing: Foreign Languages Press 1994–1995 (3 Bände: 1938–1965; 1975–1982; 1982–1992)
  • Alexander V. Pantsov: Deng Xiaoping. A Revolutionary Life. Oxford University Press, 2015; ISBN 019939203X.

Einzelnachweise und Fußnoten

  1. chinesisch 實事求是 / 实事求是, Pinyin shíshìqiúshì
  2. Stephen Uhalley Jr.: A History of the Chinese Communist Party. Hoover Institution Press, Stanford 1988, S. 180 f.
  3. La construction de l'économie socialiste de marché Le Monde, 21. Januar 2004
  4. Marie Holzman Chine: la longue marche de Wei L’Express, 17. Februar 1994
  5. chinesisch 貓論 / 猫论, Pinyin māolùn, die Theorie, dass eine Katze so lange gut ist, wie sie Mäuse fangen kann
  6. Que reste-t-il de l'héritage de Deng Xiaoping, mort il y a 20 ans ? Le Figaro, 19. Februar 2017
  7. La Théorie de Deng Xiaoping China Internet Information Center, 2001
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