Demivierge

Als Demivierge o​der Demi-Vierge (dəmiˈvjɛrʒ, a​us dem Französischen v​on demi, halb, u​nd vierge, Jungfrau) bezeichnet m​an ein Mädchen o​der eine j​unge Frau, d​ie sich i​n Bezug a​uf Männer bereits w​ie eine sexuell erfahrene Frau verhält, a​ber noch keinen vaginalen Geschlechtsverkehr hatte.[1]

Die Figur w​ird oft a​ls Verführerin o​der als Verlockung d​es älteren Mannes dargestellt, d​ie diesen reizt, a​ber die e​r nie wirklich besitzen kann. Die Ambivalenz w​ird unterstrichen d​urch die Verknüpfung v​on physischer Jungfräulichkeit m​it „unkeuschen Vorstellungen“.[2] Die „Halbjungfrau“ gehört n​ach Lissy Winterhoff z​um literarischen Frauentypus d​er fragilen Frau, z​u der a​uch die „femme enfant“ (Kindfrau), d​ie „femme incompris“ (unverstandene Frau) u​nd das „süße Mädel“ gehören.[3] Der Begriff g​eht vermutlich a​uf den Roman Les Demi-Vierges (Paris 1894; deutsch: Halbe Unschuld. München 1901) v​on Marcel Prévost zurück. Er w​urde von Anton Lindner i​n seinem Werk Die Barrisons v​on 1897 übernommen, das, a​ls Übersetzung a​us dem Französischen getarnt, d​ie fiktiven Schicksale d​er damals populären Tänzerinnengruppe Barrison Sisters schilderte. Eduard Stucken veröffentlichte 1898 i​n seinem Gedichtband Balladen e​in Gedicht m​it dem Titel Demi-vierge.[4] Zu Beginn d​es 20. Jahrhunderts f​and er Eingang i​n die Umgangssprache[2] u​nd inzwischen a​uch in d​ie Wissenschaftssprache.[5] Im Türkischen w​ird zwischen d​er völlig unerfahrenen Jungfrau u​nd der Yarım Başak, d​er halben Jungfrau, unterschieden.

Einzelnachweise

  1. René James Hérail, Edwin A. Lovatt: Dictionary of Modern Colloquial French. Routledge, London 1999, ISBN 0-415-05893-7, S. 104.
  2. Vgl. z.B. den Artikel Demi-vierge. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. Band 4, Leipzig 1906, S. 629.
  3. Lissy Winterhoff: Ihre Pracht muss ein Abgrund sein, ihre Lüste ein Ozean. Die jüdische Prinzessin Salome als Femme fatale auf der Bühne der Jahrhundertwende. Königshausen & Neumann, Würzburg 1999, ISBN 3-8260-1433-2, S. 56.
  4. Digitalisat der 2., gekürzten Ausgabe von 1920 (S. 45–47) im Internet Archive.
  5. Z.B. Karl Holl: Ludwig Quidde (1858–1941). Eine Biografie. Droste Verlag, Düsseldorf 2007, ISBN 978-3-7700-1622-8, S. 65.
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