Demenrichter
Die Demenrichter (von Demos, Gemeinde, in Attika Unterabteilung der 10 Phylen, ursprünglich 100, später 174 an der Zahl) waren im antiken Athen ein Richterkollegium, das privatrechtliche Klagen entschied. Dieses Kollegium wurde von Peisistratos[1] mit 30 Demenrichtern (altgriechisch δικασταί κατὰ δήμους dikastaí katà démous) eingeführt, von Kleisthenes wieder abgeschafft, danach von Ephialtes und Perikles[2] erneut etabliert und nach der Herrschaft der Dreißig Tyrannen (403 v. Chr.) auf 40 Demenrichter erhöht, die sogenannten Vierzig.[3]
Die Vierzig wurden in Athen aus den 10 Phylen ausgelost und bildeten zehn Gerichtshöfe mit jeweils 4 Richtern aus jeder Phyle, die jeweils in der Phyle der Beklagten Recht sprachen, indem sie über Land zogen und vor Ort zu Gericht saßen, um die die zivilen Streitfälle abschließenden Urteile zu fällen. Aristoteles betont die praktische Seite dieser Regelung, weil die Landbevölkerung so nicht in die Stadt ziehen musste, um eine Klage einzureichen.[4] Zur Zeit des Peisistratos, in der die Richter als Einzelrichter durchs Land zogen, waren damit aber auch die Ablösung der von lokalen Aristokraten wahrgenommenen Gerichtsbarkeit und die Durchdringung der ländlichen Gebiete mit einem Organ zentraler Staatlichkeit verbunden.[5] Peisistratos selbst soll, laut Aristoteles, in dieser Funktion in die abgelegenen ländlichen Gebiete gereist sein.[6]
Die Prozessordnung schrieb vor, dass die Tätigkeit der Demenrichter zumindest ab der Zeit der Vierzig auf einen Streitwert von 10 Drachmen beschränkt war, betraf also Bagatellfälle der kleinen Leuten, darüber hinausgehende Streitwertsummen mussten den Schiedsrichtern (diaitetaí) übergeben werden. Als weitere Aufgabe teilten sie phylenweise per Auslosung den Diaitetai die Fälle zu, die diese in ihrer Amtszeit übernehmen und abschließen mussten.
Quellen und Literatur
- Aristoteles, Der Staat der Athener 16, 5; 53, 1–5.
- Jochen Bleicken: Die athenische Demokratie (= UTB 1330). 4., völlig überarbeitete und wesentlich erweiterte Auflage. Schöningh, Paderborn u. a. 1995, ISBN 3-8252-1330-7, S. 137, 287, 531.
Anmerkungen
- Aristoteles, Athenaion politeia 16, 5.
- Aristoteles Ath. 26, 3: unter dem Archonten Lysikrates 453/52 v. Chr.
- Aristoteles Ath. 53, 1: «κληροῦσι δὲ καὶ <τοὺς> τετταράκοντα, τέτταρας ἐκ τῆς φυλῆς ἑκάστης, πρὸς οὓς τὰς ἄλλας δίκας λαγχάνουσιν. οἳ πρότερον μὲν ἦσαν τριάκοντα καὶ κατὰ δήμους περιιόντες ἐδίκαζον, μετὰ δὲ τὴν ἐπὶ τῶν τριάκοντα ὀλιγαρχίαν τετταράκοντα γεγόνασιν» (deutsch: „Sie [die Mitglieder der Ratsversammlung] losen aber auch aus die Vierzig, vier aus jeder Phyle, bei denen sie [die Bürger] die anderen Klagen [Streitwert über 10 Drachmen] einreichen. Die [Vierzig] waren früher Dreißig und herumgehend zu den Gemeinden [Demen] sprachen sie Recht, aber nach der Oligarchie der Dreißig wurden sie Vierzig.“)
- Aristoteles 16, 5: «[…] ὅπως μὴ καταβαίνοντες εἰς τὸ ἄστυ παραμελῶσι τῶν ἔργων.» (deutsch: „[…] damit sie nicht zur Stadt hinaufgehend ihre Arbeit vernachlässigen würden.“)
- Michael Stahl: Gesellschaft und Staat bei den Griechen. Band 1: Archaische Zeit (= UTB 2430). Ferdinand Schöningh, Paderborn u. a. 2003, ISBN 3-506-99000-4, S. 256–257.
- Aristoteles 16, 5.