Archon (Athen)
Archon (griechisch ἄρχων árchōn, deutsch ‚Herrschender‘), pl. Archonten, war im antiken Athen die Bezeichnung für einen hohen Beamten. Das Amt ist auch in anderen griechischen Städten oder Städten mit griechischer Verwaltung (beispielsweise unter den Parthern) belegt, siehe dazu Archon (Amt). Nach heute vorherrschender Meinung entstand das Amt im 7. Jahrhundert v. Chr.
Archonten auf Lebenszeit
Im 4. Jahrhundert glaubten die Athener, das Archontat sei bereits im 11. Jahrhundert v. Chr. entstanden: Ursprünglich sei dies der Titel des höchsten Beamten gewesen, der auf Lebenszeit gewählt wurde und der seit dem Tode Kodros, des letzten Königs von Attika aus dem Geschlecht der Melanthiden, an der Spitze des Staates stand. Der Grund dafür, das Amt des Monarchen nicht wieder zu besetzen, lag dieser griechischen Überlieferung nach darin, dass niemand für würdig befunden wurde, Kodros auf dem Thron zu folgen, weil vor seinem Tod prophezeit worden war, dass Attika nur dann den Sieg im Krieg gegen die Peloponnesier erringen könne, wenn er im Kampf sterbe. Politisch bedeutete dies den Verlust der absoluten Befehlsgewalt des Regenten. Diese Überlieferung gilt heute als Mythos.
Archonten mit zehnjähriger Amtszeit
Nach dem Tod des Alkmeon von Attika, des 13. Archonten auf Lebenszeit (752/1 v. Chr.)[1], soll die Amtszeit auf zehn Jahre begrenzt worden sein. Diese Beschränkung sei ein weiterer Schritt weg von der Alleinherrschaft hin zur Demokratie gewesen. Es gab laut der späteren Tradition sieben Archonten mit zehnjähriger Amtszeit. Auch diese gelten heute als fiktiv.
Archonten mit einjähriger Amtszeit
Im Jahr 682 v. Chr. wurde die Amtszeit, wie es heißt, auf ein Jahr herabgesetzt. Da mit diesem Jahr die athenische Archontenliste beginnt, nehmen viele Forscher an, dass das Amt damals begründet wurde. Einige sind skeptischer und glauben an einen noch späteren Zeitpunkt.
An die Stelle des einzelnen Archons trat im Laufe der Zeit ein Kollegium aus zuletzt neun Mitgliedern mit verschiedenen Zuständigkeitsbereichen, die synarchontes: Dem Archon eponymos oblag die allgemeine Leitung, nach ihm wurde außerdem das Jahr benannt. Daneben traten der Archon basileus als oberster sakraler Kultbeamter, der Archon polemarchos als oberster Feldherr sowie sechs Thesmotheten, deren Aufgabe sowohl die Setzung als auch die Auslegung des Rechts war. Nach Ablauf ihres Amtsjahres wurden die Archonten auf Lebenszeit Mitglieder des Adelsrates (Areopag).
Die klassische Anzahl von neun athenischen Archonten ist jedoch wohl Ergebnis einer längeren Entwicklung. Ursprünglich gab es anscheinend nur den Archon Eponymos und den Basileus. In der Ordnung von Solon soll das Archontat das höchste Exekutivgremium geblieben sein, verlor jedoch durch die Reform der attischen Demokratie von Kleisthenes von Athen 508/507 an Bedeutung. Ab 487/486 v. Chr. wurden die Archonten per Los bestimmt, was Kämpfe um das Amt verhinderte, das Amt jedoch seiner politischen Bedeutung beraubte. Diese ging nun auf die gewählten Militärbefehlshaber, die zehn Strategen, über.
Liste der Archonten
Literatur
- Eduard Schwartz: Die Königslisten des Eratosthenes und Kastor. Mit Excursen über die Interpolationen bei Africanus und Eusebios (= Abhandlungen der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. Philologisch-Historische Klasse. Bd. 40, H. 2, 1894/1895, ISSN 0931-2013). Dieterich, Göttingen 1894.
- Michael J. Osborne: The Archons of Athens 300/299–228/7. In: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik, Bd. 171, 2009, S. 83–99 (JSTOR 20756748).
- Valerian von Schoeffer: Archontes. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band II,1, Stuttgart 1895, Sp. 565–599.
Siehe auch
Einzelnachweise
- Alkmeon in Liste der athenischen Archonten