De vulgari eloquentia
De vulgari eloquentia (lat: Über die Redegewandtheit in der Volkssprache) ist ein Werk des italienischen Dichters Dante Alighieri. Es wurde in vier Büchern zwischen 1303 und 1305 geschrieben, von denen allerdings nur der erste Band vollständig und der zweite Band bis zum 14. Kapitel erhalten sind. De vulgari eloquentia beschäftigt sich vor allem mit den heute als romanisch bezeichneten Sprachen. Da Dante sich damit nicht nur an die italienischen, sondern alle europäischen Gelehrten wandte, verfasste er das Buch in lateinischer Sprache. Hauptthema ist die Frage nach einer angemessenen Literatursprache.
Inhalt
Am Anfang beschäftigt sich der Autor mit der Herkunft der Sprache: Der Turmbau zu Babel habe die Sprachen verwirrt, doch sei für das erste Wort Adams das hebräische Wort für „Gott“ zu vermuten. Die Kreatur müsse ihren Schöpfer gesehen haben. Danach analysiert Dante die Sprachen seiner Zeit: Die gesprochenen romanischen Varietäten unterteilt er dabei in die lingua d’oc (gesprochen in Südfrankreich), die lingua d’oïl (gesprochen in Nordfrankreich) und die lingua del sì (Vorgänger des Italienischen). Daneben kennt er eine Gruppe mit der Bejahungspartikel iò, darunter er das Deutsche, das Englische, das Sächsische, das Ungarische und die slawischen Sprachen rechnet. Die dritte Gruppe sei das Griechische. Das Lateinische bzw. die „Grammatik“ sowie das Altgriechische erklärt er zu auch zu historischer Zeit nicht gesprochenen Sprachen. Diese Sprachen seien für den Zweck der Überlieferung konstruiert und fixiert worden, damit sie durch Unwandelbarkeit auch von der Nachwelt gelesen werden könnten.
Die lingua del sì teilt Dante in 14 Dialekt-Gruppen ein; seiner Meinung eignete sich jedoch keiner dieser zum Schreiben und Dichten, weil sie untereinander zu unterschiedlich waren. Dafür fehle es an einem politischen Zentrum, das die Bildung eines einheitlichen volgare, einer einheitlichen Sprache, ermöglicht.
Anschließend untersucht Dante die Dichtstile seiner Zeit. Er unterscheidet dabei drei Typen: den stilus comicus, der sich ans belehrte Volk wendet, den stilus tragicus für ein gehobeneres Publikum und den stilus elegiacus für das gemeine Volk.
Bedeutung
Das Werk ist ein frühes Zeugnis der Debatte über die Suche nach einer italienischen Schriftsprache, die erst im 16. Jahrhundert verstärkt geführt wurde.[1] Auch wenn das Werk aus der Sicht der heutigen Linguistik viele nicht mehr gültige Annahmen enthält, sind so durch Dante zeitgenössische Sichtweisen auf die Beziehung zwischen dem Lateinischen und den romanischen Sprachen überliefert. Außerdem verbindet er als einer der ersten die Einheit des Volkes mit der Vereinheitlichung der Sprache.
Übersetzungen
- Über die Volkssprache, K. L. Kannegießer, Leipzig 1845
- Über das Dichten in der Muttersprache, F. Dornseiff und J. Balogh, Darmstadt 1925
- De vulgari eloquentia, Claudio Marazzini und Concetto del Popolo, Mailand 1990, lat.-ital.
- De vulgari eloquentia: mit der italienischen Übersetzung von Gian Giorgio Trissino (1529), M. Frings und J. Kramer, Stuttgart 2007, lat.-ital.-dt.
- Über die Beredsamkeit in der Volkssprache, Francis Cheneval, mit einer Einleitung von Ruedi Imbach und Irène Rosier-Catach und einem Kommentar von Ruedi Imbach und Tiziana Suarez-Nani, Meiner, Hamburg 2007, lat.-dt., ISBN 978-3-7873-1126-2.
Weblinks
Einzelnachweise
- Klein, Hans-Wilhelm (1957): Latein und Volgare in Italien: ein Beitrag zur Geschichte der italienischen Nationalsprache (= Münchner romanistische Arbeiten 12). München: Hueber.