Daniel Johnston
Daniel Johnston (* 22. Januar 1961 in Sacramento, Kalifornien, USA; † 10. September 2019[1]) war ein US-amerikanischer Sänger, Musiker und Künstler.
Leben
Daniel Johnston kam als jüngstes von fünf Kindern in Kalifornien zur Welt. Er wuchs in Cumberland, West Virginia in einem streng christlichen Elternhaus als Sohn eines Ingenieurs auf. Wesentlich jünger als seine Geschwister, zeigte er früh künstlerische Neigungen, denen in seiner Umgebung mit Befremden begegnet wurde. So zeichnete er unter anderem Comics mit absonderlichen Kreaturen, immer wieder taucht der „eyeball“ (Augapfel) auf. Der Widerstand, der ihm, der nicht in das klassische männliche Rollenbild passte, in seiner Umgebung entgegengebracht wurde, wurde in zahlreichen Kassetten und auch kurzen Filmen verarbeitet.
In der Pubertät scheiterte er daran, den vorgezeichneten Weg zu gehen. Nach einer großen Krise mussten ihn seine Eltern vom anspruchsvollen College nehmen, er besuchte dann ein Kunst-College in seiner Heimat. Doch auch hier konnte er den Studienanforderungen nicht gerecht werden. Seine Eltern schickten ihn zu seinem älteren Bruder nach Austin, Texas, wo er im Vergnügungspark Astroworld arbeitete. Nach dem Sommer kehrte er nach West Virginia zurück, verschwand aber nach kurzer Zeit. Er tauchte wieder in Austin auf und verdingte sich dort in einem McDonald’s-Lokal als Tischabräumer.
Seine selbst eingespielten Lieder verschenkte er auf Kassetten, so auch einem Redakteur der Lokalzeitung. 1983 begann ein lokales Plattengeschäft seine Demotapes erstmals zu verkaufen und verhalf ihm so zu größerer Bekanntheit. MTV brachte schließlich 1985 einen Beitrag über Daniel Johnston, was die Aufmerksamkeit der amerikanischen Independent-Szene erregte. Bands wie Sonic Youth, Dead Milkmen und andere wollten Songs von ihm aufnehmen. Doch seine psychischen Probleme verhinderten einen Durchbruch. Getrieben von dem Wunsch, berühmt zu werden, endete ein Besuch bei Sonic Youth Ende der 1980er Jahre in New York in einem Desaster. Lediglich die Zusammenarbeit mit Jad Fair von Half Japanese war erfolgreich. Doch auch diese endete abrupt. Johnston bedrängte eine Frau, die er vom Teufel besessen glaubte, und ängstigte sie so sehr, dass sie aus dem Fenster sprang und sich die Beine brach.
Kurt Cobain, der Sänger von Nirvana, verhalf Johnston 1992 zum einstweiligen Höhepunkt seiner Bekanntheit, als er während der Verleihung der MTV-Awards ein T-Shirt mit dem von Johnston selbstgezeichneten Cover der Kassette Hi, How Are You trug. Johnston ging in Folge bei Atlantic Records unter Vertrag und veröffentlichte dort 1994 das Album Fun, von dem sich allerdings nur wenige tausend Stück verkauften.
Im Jahr 2004 wurde das Doppelalbum The Late Great Johnston: Discovered Covered veröffentlicht, auf dem 18 Songs jeweils im Original von Johnston und als Coverversion von Bands und Musikern wie Eels, TV on the Radio, Bright Eyes, Death Cab for Cutie, Beck, Mercury Rev, Vic Chesnutt, M. Ward und Tom Waits enthalten sind.
2005 erschien Jeff Feuerzeigs Dokumentarfilm The Devil and Daniel Johnston, ein filmisches Porträt des Musikers. Der Film wurde bei Publikum und Kritik positiv aufgenommen und auf dem Sundance Film Festival mit dem Preis für die beste Dokumentarfilmregie ausgezeichnet.[2]
Auf dem Beach-Boys-Tributealbum Do It Again: A Tribute To Pet Sounds von 2006 ist Johnston mit seiner Version von God Only Knows zu hören.
Erkrankung und Tod
Johnston litt unter einer bipolaren Störung. 1986 und 1988 musste er sich in klinische Obhut begeben. Er wohnte zwischenzeitlich wieder bei seinen Eltern, zuerst in West Virginia und in den 1990er Jahren in Waller, Texas, wohin seine Eltern umzogen. Während einer weiteren manisch-psychotischen Phase zog er auf der Rückkehr von den Austin Music Awards 1990 den Schlüssel vom Kleinflugzeug seines Vaters und brachte so das Flugzeug zum Absturz.[3] Vater und Sohn überlebten den Absturz leicht verletzt. Auch dem erneuten Popularitätshoch nach 1992, das zum Plattenvertrag mit Atlantic führte, folgte eine weitere psychische Krise – es kam zu keiner weiteren Veröffentlichung bei Atlantic. Seither war es um Johnston ruhiger geworden. Er komponierte weiterhin Musik, gab gelegentlich Konzerte und zeichnete; seine Zeichnungen sind weltweit ausgestellt worden.
Johnston verstarb vermutlich infolge eines Herzinfarkts.[1]
Diskographie
- Songs of Pain (Stress Records, 1981) Kassette
- Don’t be Scared (Stress Records, 1982) Kassette
- The What of Whom (Stress Records, 1983) Kassette
- More Songs of Pain (Stress Records, 1983) Kassette
- Yip Jump Music (Stress Records, 1983) Kassette
- Hi, How Are You (Stress Records, 1983) Kassette
- The Lost Recordings (Stress Records, 1983) Kassette
- The Lost Recordings II (Stress Records, 1983) Kassette
- Retired Boxer (Stress Records, 1984) Kassette
- Respect (Stress Records, 1985) Kassette, 10"
- with Texas Instruments: Continued Story (Stress Records, 1985) Kassette
- Merry Christmas (Stress Records, 1988) Kassette
- New York, CBGBs 04/22/88 (Bootleg Tape, 1988)
- mit Jad Fair: It’s Spooky (50 Skidillion Watts, 1989)
- Continued Story/Hi, how are you? (Homestead Records, 1989)
- Yip/Jump Music (Homestead, 1989)
- Live at South by Southwest (Stress Records, 1990) Kassette
- 1990 (Shimmy Disc, 1990)
- Artistic Vice (Shimmy Disc, 1991)
- Please Don’t Feed The Ego (Eternal Yip Eye Music, 1994)
- Fun (Atlantic Records, 1994)
- with Ron English and Jack Medicine: Hyperjinx Tricycle (Important Records, 2000)
- Why me? live in Berlin, Volksbuehne 06/06/99 (Trikont, 2000) CD
- Rejected Unknown (Gammon Records, 2001)
- Live Wien, Flex, 13.10.2001 (Radio Broadcast, 2001)
- Daniel Johnston & Jad Fair: The Lucky Sperms – Somewhat Humorous (Jagjaguwar, 2001)
- Fear Yourself (Gammon Records, 2003) CD
- The Early Recordings of Daniel Johnston Volume 1 (Dualtone, 2003) 2CD
- The Late Great Daniel Johnston: Discovered Covered (Gammon Records, 2004) CD
- Lost And Found (Sketchbook, 2006) CD
- The Devil Has Texas : The Tribute EPs Extended (Little Teddy Recordings, 2008) CD
- Lost And Found (Little Teddy Recordings, 2008) LP
- Is and Always Was (Eternal Yip Eye Music, 2009)
- Beam Me Up (Hazelwood, 2010)
- Space Ducks (Feraltone/Cargo, 2013)
Weblinks
- Offizielle Fan-Site (englisch)
- The Devil and Daniel Johnston (Film) in der Internet Movie Database (englisch)
- Jason Cohen: Daniel Johnston: The Story of An Artist. In: Musik-Magazin Option 60. Januar 1995, archiviert vom Original am 14. Februar 2005 (englisch, wiedergegeben auf RejectedUnknown.com; Artikel zu Daniel Johnstons Biographie und Erkrankung).
- Judith Fischer: The Story of an Artist: Daniel Johnston. In: Spike Art Quarterly 04/2005. 2005, archiviert vom Original am 28. Oktober 2011 .
- Matthias Wagner: Daniel Johnston: „Man vertraut mir kein Flugzeug mehr an“. In: uMag. April 2010, archiviert vom Original am 9. März 2016 (Intervie).
Einzelnachweise
- Kevin Curtin: Austin Songwriting Genius Daniel Johnston Dead at 58. In: The Austin Chronicle. 11. September 2019, abgerufen am 13. September 2019 (englisch).
- The Devil and Daniel Johnston (Film) in der Internet Movie Database (englisch)
- Der Star unter den Außenseitern. In: Spiegel Online, 12. September 2019.