Dacheriana

Die Dacheriana ist eine systematische Sammlung kanonischen Rechts, die um 800 in Südfrankreich entstand und nach dem Herausgeber der ersten und bislang einzigen textkritischen Edition Luc d’Achery (1609–1685) benannt wurde.

Diese um ca. 805 in Nordostfrankreich entstandene Handschrift ist einer der ältesten Kopien der Dacheriana. Die dargestellte Folie 1r zeigt in einer Inhaltsübersicht die Titel der Kapitel 1 bis 8. Diese Handschrift gehört heute als Codex 122 der Dombibliothek zu Köln und wurde im Rahmen des CEEC-Projekts digitalisiert.

Entstehung und Verbreitung

Der Autor der Dacheriana gehörte wahrscheinlich dem Führungskreis des karolingischen Reformklerus an.[1] Konkret wird Agobard, der spätere Erzbischof von Lyon als möglicher Autor genannt.[2] Die Sammlung basiert weitgehend auf der vor 774 im Auftrag von Hadrian I. entstandenen chronologischen Sammlung Dionysio-Hadriana und der wohl in Toledo entstandenen systematischen Sammlung Hispana. Letztere dürfte zur Entstehungszeit der Dacheriana im fränkische Reich nur in Lyon oder der Umgebung von Lyon bekannt gewesen sein.[3] Wie bereits das Vorwort zur Sammlung darlegt, orientierte sich diese eng an den überlieferten Autoritäten und ordnete sie in einer praktisch handhabbaren Form an. Allerdings ist nicht sichergestellt, ob das Vorwort selbst vom selben Autor stammt, da dieses auch unabhängig von der Sammlung verbreitet worden ist.[4]

Die Dacheriana erreichte eine recht hohe Verbreitung im 9. und 10. Jahrhundert. Insgesamt sind heute 51 handschriftliche Kopien aus der Zeit erhalten, deren Ursprünge sich über das gesamte fränkische Reich verteilen.[5] Eine Urform der Dacheriana ist jedoch nicht erhalten geblieben. Die späteren Fassungen werden je nach dem Grad der pseudoisidorischen Fälschungen in die Kategorien A, AB und B eingeteilt.[4]

Editionen

Seite 518 aus dem 1723 erschienenen Spicilegium von Luc d’Achery mit dem Ende der Inhaltsübersicht und den ersten vier Kapiteln. Diese Edition wurde ebenfalls im Rahmen des CEEC-Projekts digitalisiert.

Im späteren Mittelalter geriet die Dacheriana in Vergessenheit. Erst durch die Forschungsaktivitäten des Mauriners Luc d’Achery wurde sie wiederentdeckt. Seine textkritische Edition beruht auf der Pariser Handschrift lat. 4287 aus dem 10. Jahrhundert, bei der jedoch das Vorwort und einige Teile fehlen.[6]

1966 gab M. Murjanoff eine Edition der Sankt Petersburger Fragmente heraus, die auf der Handschrift Q.v.II.24 der russischen Nationalbibliothek beruht, die am Ende des 9. Jahrhunderts in Reims entstanden ist.[7]

Eine neue kritische Edition, die alle bislang bekannten Handschriften berücksichtigt, ist jedoch bislang (Stand 2007) nicht erschienen. Sie wurde zumindest von G. Haenni 1956 erwogen.[8]

Literatur

  • Hubert Mordek: Kirchenrecht und Reform im Frankenreich. Walter de Gruyter, Berlin, 1975, ISBN 3-11-001826-8. (Hier finden sich auf den Seiten 259–263 einige Hinweise zur Entstehungsgeschichte und eine Liste der Handschriften.)
  • Lotte Kéry: Canonical Collections of the Early Middle Ages (ca. 400-1140). The Catholic University of America Press, 1999, ISBN 0-8132-0918-8. (Der Eintrag für die Dacheriana findet sich auf den Seiten 87–92. Im Vergleich zu Mordek wurde die Liste der Handschriften noch deutlich erweitert.)

Anmerkungen

  1. Vgl. Mordek, S. 12f. und Kéry, S. 87.
  2. Vgl. Mordek, S. 13, Fussnote 49. Diese verweist auf Ewig: Handbuch der Kirchengeschichte III. Band 1, Seiten 128 und 133f. Ferner auf H. Gerner: Lyon im Frühmittelalter. Studien zur Geschichte der Stadt, des Erzbistums und der Grafschaft im 9. und 10. Jahrhundert, Seite 57ff. Und schließlich Boshof: Erzbischof Agobard von Lyon. Leben und Werk, 1969.
  3. Vgl. Mordek, S. 259.
  4. Vgl. Mordek, S. 260.
  5. Die Zahl der Kopien basiert auf der Liste von Kéry.
  6. Vgl. Kéry, S. 87 und 89. Kéry verweist hier auf einen Aufsatz von G. Haenni: Note sur les sources de la Dacheriana, Studia Gratiana 11 (1967), Seiten 1–22.
  7. Auf Seite 87 verweist Kéry hier auf M. Murjanoff: Leningrader Fragmente der Dacheriana, Studia Gratiana, Jahrgang 1966, Heft 9, S. 6–10.
  8. Vgl. Mordek, S. 261 und Kéry, S. 92. Hier wird jeweils verwiesen auf G. Haenni: La Dacheriana mérite-t-elle une réédition?, Revue historique de droit français et étranger, 4. Jahrgang, Heft 34, 1956, S. 376–390.
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