Concilium plebis
Die Römische Republik (Res Publica Romana) verteilte die gesetzgebende Gewalt formal auf drei separate Versammlungen, die comitia centuriata, die comitia tributa und das concilium plebis.
Das concilium plebis war – wie die comitia tributa – eine Stammesversammlung, allerdings nur der Plebejer unter Ausschluss aller Patrizier, die auch nicht an den Zusammenkünften teilnehmen durften. Nur die Volkstribunen (tribuni plebis) konnten das concilium plebis einberufen;[1] es traf sich üblicherweise im Comitium auf dem Forum Romanum. Patrizische Senatoren beobachteten die Versammlung häufig von den Stufen der Curia Hostilia aus und versuchten von hier aus, Einfluss auf die Tribunen zu nehmen. Das concilium plebis war die bevorzugte Legislative der Republik, obwohl technisch seine Gesetze Plebiszite – Volksabstimmungen – genannt wurden. Es wählte die plebejischen Ädile (aediles plebis) und die Volkstribunen und führte Gerichtsverhandlungen durch, bis der Diktator Lucius Cornelius Sulla die ständigen Gerichtshöfe etablierte.
Das concilium plebis hatte sich aus den Ständekämpfen mit den Patriziern im Jahre 494 v. Chr. herausgebildet. Jedoch konnte sich die Versammlung offensichtlich erst durch die Einrichtungen des Volkstribunats und der plebejischen Ädilität politisch durchsetzen. Dadurch erlangten die Plebejer zum ersten Mal in der römischen Geschichte eine bedeutende Stimme, die ihre Interessen im Staatsgefüge effektiv zu vertreten vermochte.
Das concilium plebis war an die Empfehlungen des Senats nicht gebunden und konnte sie niederstimmen – so zum Beispiel im Jugurthinischen Krieg, als das senatus consultum erging, die Amtszeit des Quintus Caecilius Metellus Numidicus als kommandierender General zu verlängern, den das concilium plebis mit der Ernennung von Gaius Marius verwarf – oder ergänzen: während Caesar durch Beschluss der Volksversammlung zum Prokonsul von Gallia cisalpina und Illyricum ernannt wurde, wurde ihm Gallia transalpina durch senatus consultum gegeben.[2]
Während seines Konsulats 88 v. Chr. erließ Sulla eine Serie der leges Corneliae, die die politische Struktur der Republik radikal änderten. Sein drittes Gesetz verbot dem concilium plebis und den comitia tributa, Gesetze zu beraten, die nicht durch senatus consultum eingebracht worden waren. Sein viertes Gesetz strukturierte die comitia centuriata so um, dass die erste Klasse, die Senatoren und die mächtigsten Ritter, fast die Hälfte der Stimmen hatte. Sein fünftes Gesetz entkleidete beide Stammesversammlungen, concilium plebis und comitia tributa, ihrer legislativen Funktionen, so dass die gesamte Gesetzgebung bei den comitia centuriata lag. Die Stammesversammlungen wurden dadurch beschränkt auf die Wahl bestimmter Magistrate und der Leitung von Verhandlungen – die aber nicht ohne Autorisierung durch ein senatus consultum aufgenommen werden durften.[3]
Diese Reformen wurden durch die Populares unter Führung von Marius und Lucius Cornelius Cinna rückgängig gemacht, von Sulla während seiner Diktatur rei publicae constituendae wieder eingeführt, und nach seinem Tod erneut ausgesetzt. Sie stellen einen der weitestgehenden Eingriffe in die Verfassung des römischen Staates sowohl in der Republik als auch im Prinzipat dar.
Anmerkungen
- Zur rechtlichen Stellung der Volkstribunen und zu ihrem Einberufungsrecht siehe Detlef Liebs: Römisches Recht. Ein Studienbuch (= UTB 465). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1975, ISBN 3-525-03118-1, S. 24.
- Karl Christ: Krise und Untergang der römischen Republik. 2., durchgesehene und erweiterte Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1984, ISBN 3-534-08061-0, S. 298.
- Zu den Gesetzen Sullas siehe Ernst Meyer: Römischer Staat und Staatsgedanke. 2., durchgesehene und ergänzte Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1961, S. 318–323.