Cohors VI Gallorum
Die Cohors VI Gallorum (deutsch „6. Kohorte der Gallier“) war möglicherweise eine Einheit der römischen Auxiliartruppen. Sie ist nur durch die Erwähnung in einer einzigen lateinischen Inschrift bezeugt. Aufgrund dieser sehr dünnen Quellenlage wird ihre Existenz in der Forschung teilweise angezweifelt.
Quellenlage
Der einzige Beleg für die Cohors VI Gallorum ist ein antiker Grabstein, der bei Rom an der Via Flaminia gefunden und in die Vatikanischen Museen verbracht wurde.[1] Der Bestattete war Marcus Macrinius Avitus Catonius Vindex, der nach einer Offizierskarriere im römischen Heer bis zum Statthalter der Provinzen Moesia superior und Moesia inferior aufstieg und im Alter von 42 Jahren ungefähr um das Jahr 176 n. Chr. starb. Im Rahmen eines festen Karriereschemas für römische Offiziere, der tres militiae, fungierte er zu Beginn seiner Laufbahn – wohl um 158–160 n. Chr. – als Präfekt einer Kohorte der römischen Hilfstruppen.[2]
Der Inschriftenstein nennt diese Kohorte Cohors VI Gallorum, wobei der Text einwandfrei zu lesen ist.[1] Entsprechend gehen die meisten prosopographischen Untersuchungen davon aus, dass eine solche Einheit bestanden haben muss, auch wenn es sonst keinerlei antike Belege für ihre Existenz gibt.[2][3][4][5] In Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft erhielt die Cohors VI Gallorum einen eigenen Eintrag, der allerdings außer einem Hinweis auf den Grabstein des Marcus Macrinius Avitus Catonius Vindex keine weiteren Informationen enthält.[6]
Vereinzelt haben Forscher jedoch angezweifelt, dass die Cohors VI Gallorum angesichts der dürftigen Quellenlage tatsächlich existiert haben soll. Sie vermuten daher einen Fehler des Steinmetzen, der die Ordnungsnummer der Einheit falsch in den Stein gemeißelt habe (wie es in der Antike gelegentlich vorkam, zumal die Steinmetzen häufig Analphabeten waren). Eric Birley zieht in Erwägung, in Marcus Macrinius Avitus Catonius Vindex stattdessen einen Angehörigen der Cohors VII Gallorum zu sehen – in diesem Fall wäre in die Grabinschrift versehentlich ein „I“ zu wenig eingemeißelt worden.[7] John E. H. Spaul rechnet den Offizier dagegen einer der beiden bekannten Cohortes V Gallorum zu, wobei er ihn als Angehörigen der Cohors V Gallorum in Britannia (und nicht der in Moesia stationierten gleichnamigen Einheit) aufführt. Der Steinmetz hätte demnach ein „I“ zu viel auf dem Grabstein eingetragen.[8]
Einzelnachweise
- Eugen Bormann, Giovanni Battista de Rossi (Hrsg.): Inscriptiones Urbis Romae Latinae (= Corpus Inscriptionum Latinarum. Band 6). Teil 1, Georg Reimer, Berlin 1876, S. 316, Nr. 1449.
- Hubert Devijver: Prosopographia Militiarum Equestrium quae fuerunt ab Augusto ad Gallienum. Band 2: Litterae L–V. Ignoti–Incerti (= Symbolae. Serie A, Band 3). Universitaire Pers Leuven, Leuven 1977, ISBN 90-6186-056-3, S. 550 f., Nr. M 4.
- Max Fluß: Macrinius 2. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band XIV,1, Stuttgart 1928, Sp. 163–165, hier Sp. 164.
- Hans-Georg Pflaum: Les carrières procuratoriennes équestres sous le haut-empire Romain (= Bibliothèque archéologique et historique. Band 57). Band 2, Paul Geuthner, Paris 1960, S. 510–513, Nr. 188.
- Eric Birley: Alae and cohortes milliariae. In: Corolla Memoriae Erich Swoboda dedicata (= Römische Forschungen in Niederösterreich. Band 5). Hermann Böhlaus Nachf., Graz/Köln 1966, S. 54–67, hier S. 58.
- Conrad Cichorius: Cohors. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band IV,1, Stuttgart 1900, Sp. 231–356, hier Sp. 292.
- Eric Birley: Britain, Pannonia and the Roman Army. In: Ekkehard Weber, Gerhard Dobesch (Hrsg.): Römische Geschichte, Altertumskunde und Epigraphik. Festschrift für Artur Betz zur Vollendung seines 80. Lebensjahres (= Archäologisch-Epigraphische Studien. Band 1). Selbstverlag der Österreichischen Gesellschaft für Archäologie, Wien 1985, S. 75*–81*, hier S. 79*.
- John Spaul: Cohors². The evidence for and a short history of the auxiliary infantry units of the Imperial Roman Army (= BAR International Series. Band 841). British Archaeological Reports, Oxford 2000, ISBN 978-1-84171-046-4, S. 169, Anm. 1.