Cohors I Augusta Nerviana Germanorum
Die Cohors I Augusta Nerviana (oder Nervia) Germanorum [milliaria] [equitata] (deutsch 1. Kohorte Augusta Nervia(na) der Germanen [1000 Mann] [teilberitten]) war eine römische Auxiliareinheit. Sie ist durch Militärdiplome und Inschriften belegt. In dem Militärdiplom von 105 und einer Inschrift[1] wird sie als Cohors I Nerviorum bezeichnet, in den Diplomen von 122 bis 127 als Cohors I Nervia Germanorum und in den Diplomen von 178 als Cohors I Augusta Nerviana (oder Nerviorum). In Inschriften wird sie als Cohors I Nervana[2] bzw. Cohors I Nervana Germanorum[3] bezeichnet.
Namensbestandteile
- Cohors: Die Kohorte war eine Infanterieeinheit der Auxiliartruppen in der römischen Armee.
- I: Die römische Zahl steht für die Ordnungszahl die erste (lateinisch prima). Daher wird der Name dieser Militäreinheit als Cohors prima .. ausgesprochen.
- Augusta
- Nerviana, Nervana oder Nervia: Die Bezeichnung bezieht sich vermutlich entweder auf Nerva (96–98) oder auf den Volksstamm der Nervier.[A 1]
- Nerviorum: der Nervier. Die Soldaten der Kohorte wurden bei Aufstellung der Einheit aus dem belgischen Volksstamm der Nervier auf dem Gebiet der römischen Provinz Gallia Belgica rekrutiert.[A 2]
- Germanorum: der Germanen. Die Soldaten der Kohorte wurden bei Aufstellung der Einheit aus den verschiedenen Stämmen der Germanen rekrutiert.[A 2]
- milliaria: 1000 Mann. Je nachdem, ob es sich um eine Infanterie-Kohorte (Cohors milliaria peditata) oder einen gemischten Verband aus Infanterie und Kavallerie (Cohors milliaria equitata) handelte, lag die Sollstärke der Einheit entweder bei 800 oder 1040 Mann. Der Zusatz kommt in den Militärdiplomen von 122 bis 158 und in drei Inschriften[4] vor.
- equitata: teilberitten. Die Einheit war ein gemischter Verband aus Infanterie und Kavallerie. Der Zusatz kommt in drei Inschriften[5] vor.
Die Einheit war eine Cohors milliaria equitata. Die Sollstärke der Einheit lag daher bei 1040 Mann, bestehend aus 10 Centurien Infanterie mit jeweils 80 Mann sowie 8 Turmae Kavallerie mit jeweils 30 Reitern.
Geschichte
Die Kohorte war in der Provinz Britannia stationiert. Sie ist auf Militärdiplomen[6] für die Jahre 105 bis 178 n. Chr. aufgeführt.[7][8][A 3]
Der erste Nachweis der Einheit in der Provinz Britannia beruht auf einem Diplom, das auf 105 datiert ist. In dem Diplom wird die Kohorte als Teil der Truppen (siehe Römische Streitkräfte in Britannia) aufgeführt, die in der Provinz stationiert waren. Weitere Diplome, die auf 122 bis 178 datiert sind, belegen die Einheit in derselben Provinz.
Der letzte Nachweis der Einheit in Britannia beruht möglicherweise auf einer Inschrift,[9] die auf 253/258 datiert ist.[A 4]
Standorte
Standorte der Kohorte in der Provinz Britannia waren möglicherweise:[7][10]
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Angehörige der Kohorte
Folgende Angehörige der Kohorte sind bekannt:[7]
Kommandeure
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Weblinks
- 2258 ‒ Cohors I Nervana Germanorum. Roman Inscriptions of Britain (RIB), abgerufen am 27. Juni 2019 (englisch).
- 2529 ‒ Cohors I Nerviorum. RIB, abgerufen am 27. Juni 2019 (englisch).
Literatur
- John Spaul: Cohors² The evidence for and a short history of the auxiliary infantry units of the Imperial Roman Army, British Archaeological Reports 2000, BAR International Series (Book 841), ISBN 978-1-84171-046-4
Anmerkungen
- Paul A. Holder geht davon aus, dass der Namensbestandteil eine Ehrenbezeichnung ist, die durch Nerva (96–98) verliehen wurde. Er führt andere Beispiele für eine Namensgebung durch Nerva an, darunter die Stadt Sitifis (Colonia Nerviana Augusta Martialis Veteranorum Sitifensium) sowie zwei Auxiliareinheiten aus der Provinz Mauretania Caesariensis: die Ala I Nerviana Augusta und die Cohors I Augusta Nerviana Velox. John Spaul hält dagegen einen Bezug zu Nerva für ausgeschlossen, da in Analogie zu anderen Einheiten, bei denen Kaiser ihren Gentilnamen (z. B. Aelia, Flavia oder Ulpia) als Ehrenbezeichnung verliehen haben, dieser im Falle Nervas dann Cocceia lauten müsste.
- John Spaul geht davon aus, dass die Cohors I Nerviorum mit der Cohors I Augusta Nerviana Germanorum identisch ist. Möglicherweise wurde die ursprüngliche Cohors I Nerviorum durch (eine Einheit von) Germanen zur Cohors I Nervia Germanorum miliaria erweitert.
- Das hier angegebene Szenario geht von zwei Einheiten aus: der Cohors I Augusta Nerviana Germanorum, die (unter verschiedenen Namen) in der Provinz Britannia stationiert war sowie der Cohors I Augusta Nerviana Velox, die in der Provinz Mauretania Caesariensis stationiert war.
- Falls Flavius Vibianus Kommandeur der Einheit war, wäre die Kohorte noch um 253/258 in Britannia stationiert gewesen.
- Die Zuordnung zu der Einheit wird vermutet, ist aber nicht gesichert.
Einzelnachweise
- Inschrift aus Caer Gai (RIB 418).
- Inschrift mit Nervana (RIB 966).
- Inschriften mit Nervana Germanorum (RIB 2041, RIB 2093, RIB 2097).
- Inschriften mit milliaria (RIB 2041, RIB 2093, RIB 2097).
- Inschriften mit equitata (RIB 2041, RIB 2093, RIB 2097).
- Militärdiplome der Jahre 105 (CIL 16, 51), 122 (CIL 16, 69, RMD 5, 360), 127 (RMD 4, 240), 132 (ZPE-174-189), 158 (RMD 5, 420) und 178 (RMD 3, 184, RMD 4, 293, RMD 4, 294).
- John Spaul, Cohors², S. 205–208, 217–219.
- Jörg Scheuerbrandt: Exercitus. Aufgaben, Organisation und Befehlsstruktur römischer Armeen während der Kaiserzeit. Dissertation, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau 2003/2004, S. 157 Tabelle 1 (PDF).
- Inschrift (RIB 2042).
- Paul A. Holder: A Roman Military Diploma from Ravenglass, Cumbria. In: Bulletin of the John Rylands Library. Band 79, Nummer 1 (1997), S. 3–42, hier S. 17–18, 28–31 (PDF).
- Inschriften aus Aballava (RIB 2041, RIB 2042).
- Inschriften aus Blatobulgium (RIB 2093, RIB 2097).
- Inschrift aus Castra Exploratorum (RIB 966).
- Inschriften aus Fanum Cocidi (RIB 988, RIB 989).