Chronodistichon
Als Chronodistichon (zu griechisch χρόνος, „Zeit“, δίς „zweifach“ und στίχος „Reihe, Linie“, siehe: Distichon = „Zweizeiler“) wird ein kleines neulateinisches Gedicht besonders im Zeitalter der Renaissance oder des Barock bezeichnet, in dem durch eine besondere Schrift gekennzeichnete lateinische Zahlbuchstaben eine bestimmte Jahreszahl ergeben.
Ein Beispiel ist die Inschrift auf dem Epitaph des Georg Scherb in Nördlingen, der am 2. Mai 1565 starb:
„sCerbIVs haC terra CorpVs deponere feCIt,
pars MeLIor ChrIstI regna beata tenet“.
Deutsche Übersetzung:
„In dieser Erde ließ Scherbius den Leib aufbewahren,
der bessere Teil hält (sich) in den frohen Reichen Christi auf“.
Die hervorgehobenen Zahlbuchstaben C (=100) + I (=1) + V (=5) + C (=100) + C (=100) + V (=5) + C (=100) + I (=1) + M (=1.000) + L (=50) + I (=1) + C (=100) + I (=1) + I (=1) ergeben zusammen die Jahreszahl 1565, das Sterbejahr. Da in dem Zweizeiler keine anderen Buchstaben enthalten sind, die als Zahlzeichen interpretiert werden könnten, wäre die optische Hervorhebung sogar entbehrlich.
In der Reinform hat das Chronodistichon das Versmaß eines aus einem Hexameter und einem Pentameter zusammengesetzten Verses, so auch in dem angegebenen Beispiel:
„Scérbius hác terrá corpús depónere fécit,
párs meliór Christí régna beáta tenét“.
Siehe auch
Literatur
- Daniel Eberhardt Beyschlag / Johannes Müller: Beyträge zur Nördlingischen Geschlechtshistorie, Band I, 1801, S. 199f
Anmerkungen und Nachweise
- ALPHONSVS ABBAS MONASTERII WEINGARTENSIS DEIPARÆ VIRGINIS HONORI FIERI FECIT (=1682; Alfons, Abt des Klosters Weingarten, ließ [das] zur Ehre der jungfräulichen Gottesgebärerin errichten).