Christuskirche (Rostock)
Die Christuskirche war eine katholische Kirche am Schröderplatz in der Innenstadt von Rostock. Sie wurde 1909 geweiht und 1971 aus vorgeblich stadtplanerischen Gründen abgerissen. Den gleichen Namen trägt die neue Christuskirche, die als Ersatz an anderer Stelle in einem Wohngebiet gebaut wurde.
Erste Kirche 1909
Die alte Kirche wurde nach Plänen des Architekten Gotthilf Ludwig Möckel im neogotischen Stil am Schröderplatz errichtet und am 24. Oktober 1909 von Bischof Hubertus Voß dem Heiligsten Herzen Jesu[1] geweiht. Das dann Christuskirche genannte Kirchengebäude war mit seinem 68 Meter hohen Turm die größte katholische Kirche Mecklenburgs.[1] Pastor der Kirche war während des Baus und bis zu seiner Verhaftung in der Zeit des Nationalsozialismus und der anschließenden Ausweisung aus Mecklenburg 1940 der Prälat Wilhelm Leffers. Bei amerikanischen Bombenangriffen am 11. April 1944 wurde die Kirche schwer beschädigt. Dabei starben acht Personen, darunter Priester und Ordensfrauen, in der Kirche.
Die Kirche wurde zügig wieder aufgebaut, der Turm mit einem Notdach geschlossen. Die drei Glocken (d, e, fis) blieben unversehrt.
„1947 erhielt die wiederaufgebaute Christuskirche an der spitzbogigen Triumphbogenwand von Irma Lang-Scheer ein kolossales Fresko „Das Jüngste Gericht“, das als eines der größten Fresken der letzten Zeit angesprochen werden darf und in der russischen Besatzungszone (jetzt DDR) Aufsehen erregte.[2]“
Ein von ihr geschaffener Kreuzweg entstand später.
Elisabeth Schnitzler hat dazu eine 3-seitige Beschreibung und Würdigung 1948 verfasst.[4]
Am 15. Mai 1949 wurde die Kirche von Erzbischof Wilhelm Berning aus Osnabrück erneut geweiht. Einer Ende der 1960er Jahre geplanten Magistrale, die Gehlsdorf mit der Südstadt verbinden sollte, war das Kirchgebäude angeblich im Wege und es sollte deswegen abgerissen werden. Die alte Christuskirche, das Pfarrhaus, das Wohn- und Bürohaus und die sogenannte Notkirche mit Gemeindesaal wurden am 12. August 1971 gesprengt. Die großen Verkehrspläne, denen die Christuskirche geopfert wurde, sind nur teilweise verwirklicht worden. Der Standort der Kirche ist bis 2012 unbebaut geblieben. Das legt die Vermutung nahe, dass politische Gründe für die Sprengung und Beseitigung der Kirche entscheidend waren.
In unmittelbarer Nähe des alten Kirchenstandortes wurde am 22. Oktober 2009 ein Mahnmal eingeweiht.[5] Seit Mitte 2012 wurde auf dem ehemaligen Standort der Kirche ein Hotel errichtet. Zuvor waren die bis dahin noch vorhandenen Fundamente der Kirche freigelegt und dokumentiert worden.
Zweite Kirche 1971
Nach langen Verhandlungen zwischen der katholischen Kirche und dem Rat der Stadt Rostock wurde nach dem Beschluss der Beseitigung der ersten Kirche ein Ersatzbau zugesagt, allerdings an einem nicht zentralen Platz. Dieser Bau wurde in einer Nebenstraße (Borenweg – Häktweg) südwestlich der Innenstadt vom Baukombinat Rostock in neunmonatiger Bauzeit errichtet. Die Kirche musste einen Teil der Kosten tragen. Die neue Christuskirche ist eine Hyparschalenkonstruktion von Ulrich Müther. Am 16. September 1970 erfolgte ihre Grundsteinlegung,[1] und am 12. Juni 1971 wurde sie durch Bischof Heinrich Theissing geweiht. An die Kirche schließt sich ein kreuzgangartiger Komplex von Gemeinderäumen an, die zum Innenhof hin mit Glaskunst bereichert sind. Das Ensemble steht unter Denkmalschutz.
Glocken
Im Jahr der Kirchweihe goss die Glockengießerei Otto aus Hemelingen/Bremen drei Bronzeglocken (d′ – e′ – fis′) für die Rostocker Christuskirche. Pfarrer Leffers hatte sie bei Otto bestellt. Im Ersten Weltkrieg wurden die beiden größeren Glocken eingeschmolzen. Als Ersatz bestellt Pfr. Leffers in 1925 zwei neue Glocken (d′ – e′) bei Otto. Diese Glocken existieren heute noch und hängen neben der neuen Christuskirche in einem Glockenträger aus Beton.[6][7]
Literatur
- Georg Diederich: Aus den Augen, aus dem Sinn. Die Zerstörung der Rostocker Christuskirche 1971. Mit Dokumenten. Herausgegeben vom Heinrich-Theissing-Institut, Schwerin. Edition Temmen, Bremen 1997, ISBN 3-86108-703-0.
- Heinrich-Theissing-Institut (Hrsg.), Katholische Christusgemeinde zu Rostock: Christuskirche, Katholische Gemeinde in Rostock im Wandel der Zeit. Heinrich-Theissing-Institut, Schwerin 2010
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- Michael Althaus: Katholische Christen an den Stadtrand gedrängt. In: Tag des Herrn (Zeitung), Ausgabe 33/2021 vom 22. August 2021, S. 16.
- Spaniens Goldene Zeit: Die Ära Velazques „Wie zu Zeiten El Grecos wurden in Bildkompositionen zeitgenössische Personen einbezogen. Dieses Zusammenführen von himmlischen und irdischen Geschehen, von Transzendenz und Realität wurde auch für nachfolgende Künstlergenerationen nicht nur in Spanien maßgeblich“ - und wurde hier durch Irma Lang-Scheer ebenfalls umgesetzt.
- „Die Bemalung der Altar-Architektur wurde einer Künstlerin mit Namen Lang-Scheer übertragen und soweit vollendet, daß man über das Werk als über ein Kunstereignis schon berichten kann. ….Die Wandmalerei, als deren Farben ein Rötlich und ein Bläulich vorherrschen, ist nicht frei von Vorbildern.... Trotzdem kann man das Werk nicht als traditionsgebunden bezeichnen. Im Gegenteil: in manchen Hinsichten, die durch die Beschreibung wohl deutlich wurden, ist eigener Wille in persönlicher Formkraft zur Geltung gekommen...Man wird noch die Gestaltung des inneren Altarraumes in seinen Verhältnissen zu dem rahmenden Gemälde abwarten müssen....Dann erst läßt sich das letzte Wort zu jener Altar-Malerei sagen, die aber an ihrem Teile beendet ist und uns schon jetzt ehrlich erstaunen läßt.“ Demokrat 21. August 1948 (?) Dr. Joh. Gü.
- Quelle: Archiv der Christusgemeinde
- Mahnmal für Christuskirche in Rostock eingeweiht Rostock-heute, 23. Oktober 2009
- Gerhard Reinhold: Otto-Glocken. Familien- und Firmengeschichte der Glockengießerdynastie Otto. Selbstverlag, Essen 2019, ISBN 978-3-00-063109-2, S. 288–291, 401, 443, 517, 526, 588.
- Gerhard Reinhold: Kirchenglocken – christliches Weltkulturerbe, dargestellt am Beispiel der Glockengießer Otto, Hemelingen/Bremen. Nijmegen/NL 2019, S. 258–261, 372, 481, 488, 556, urn:nbn:nl:ui:22-2066/204770 (Dissertation an der Radboud Universiteit Nijmegen).