Chinesische Siegelschneidekunst
Die chinesische Siegelschneidekunst (chinesisch 金石篆刻 jīnshí zhuànkè) wurde 2009 in die repräsentative Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen. War der Gebrauch eines Siegels einst mächtigen Personen vorbehalten, so breitete er sich bald in alle gesellschaftlichen Gruppen aus. Heute sind Siegel in verschiedenen Ländern Südostasiens verbreitet.
Chinesische Siegelschneidekunst | |
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Immaterielles Kulturerbe | |
Siegelschneider | |
Staat: | Volksrepublik China |
Liste: | Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit |
Nummer: | 00217 |
Aufnahme: | 2009 |
Verbindung mit Malerei und Kalligraphie
Die Herstellung von Stempelsiegeln ist eng mit verschiedenen Disziplinen der chinesischen Kunst verbunden. Chinesische Malerei wird oft mit kalligraphierten Versen ergänzt, in denen der Maler seine Empfindungen ausdrückt – und mit einem Abdruck seines persönlichen Siegels als Unterschrift.[1] Seit der Ming-Dynastie betrachtete man die Stempelsiegel als ästhetische Objekte und die Siegelschnitzerei als eine Form der Kalligraphie und Betätigungsfeld für den Gelehrten.[2]
Als wichtigstes Zentrum der Siegelschneidekunst in China gilt die 1904 gegründete Xiling-Siegelgesellschaft am Westsee in Hangzhou (Provinz Zhejiang). Ihr erster Präsident war der bedeutende Maler, Kalligraf und Siegelschneider Wu Changshuo.[3]
Material, Technik, Schriftzeichen und Motive
Seit der Yuan-Dynastie wurde Seifenstein zum beliebtesten Material für die Siegelschnitzerei, wobei es drei favorisierte Arten gibt: Qingtian- und Yanhua-Stein aus der Provinz Zhejiang und Shoushan-Stein aus der Provinz Fujian.[2] Das steinerne Siegel kann selbst zum Kunstwerk und Sammlerobjekt werden.
Der Arbeitsplatz des Siegelschneiders ist wie folgt ausgestattet: Er benötigt ein Wörterbuch der Schriftzeichen, eine Auswahl an Schnitzmessern (Beiteln), eine Einspannvorrichtung und einen Spiegel.[4] Zunächst wird auf Papier eine Vorlage für das Stempelmotiv angefertigt, und dann mit einem Beitel spiegelverkehrt in Stein geschnitten. Der Siegelschneider muss in der traditionellen Kalligraphie bewandert sein, aber es wird von ihm auch viel Virtuosität verlangt, denn er bearbeitet eine kleine Siegelplatte, sodass jede Wendung, jede Breite der Strichführung überlegt gesetzt werden muss. Während des Arbeitsprozesses werden Probeabdrücke gemacht, um das Ergebnis zu kontrollieren; auch wird das Motiv auf der Siegelplatte im Spiegel überprüft.[4]
Für die Schriftzeichen auf Siegeln wird meist die altertümliche Siegelschrift (zhuànshū) verwendet. Entweder das Zeichen wird mit dem Messer in die Siegelplatte geritzt, dann erscheint es auf dem Abdruck weiß vor rotem Hintergrund („Yin-Form“), oder es bleibt stehen, und der Siegelschneider arbeitet den Rest der Siegelplatte ab: dann erscheint es rot vor weißem Hintergrund („Yang-Form“).[2] Es gibt ein breites Spektrum an Motiven, aus denen der Künstler wählen kann. Namen, Verse, aber auch bildliche Motive sind möglich.[2]
Zwar können heute weniger Menschen die Zhuanshu-Schriftzeichen auf Siegeln lesen als früher, doch die Kunst des Siegelschneidens wird weiter sowohl professionell als auch von Amateuren gepflegt.
Siehe auch
- Nationales chinesisches Siegelmuseum in Hangzhou
Literatur
- Lingyu Feng, Weimin Shi: Abriß der chinesischen Kultur. 2001, ISBN 7-80113-817-1.
- Michael Dillon: China: A Cultural and Historical Dictionary. Routledge, 2013, ISBN 0-7007-0438-8.
- Weizu Sun: Chinese Seals: Carving Authority and Creating History. San Francisco 2004, ISBN 1-59265-013-9.
Weblinks
- Chinesische Siegelschneidekunst auf der Website der Sektion Immaterielles Kulturerbe der UNESCO (englisch und französisch).
Einzelnachweise
- Lingyu Feng, Weimin Shi: Abriß der chinesischen Kultur. S. 126.
- Michael Dillon: China. S. 273.
- Wu Changshuo (1844-1927). Abgerufen am 7. Juni 2018.
- Jie Sheng: The art of Chinese seal engraving. Abgerufen am 14. Juni 2018.