Charles Krauthammer
Charles Krauthammer (* 13. März 1950 in New York; † 21. Juni 2018 in Atlanta, Georgia) war ein US-amerikanischer Kolumnist und Publizist. Eugen Sorg beschrieb Krauthammer im Nachruf in der Weltwoche als „einen der einflussreichsten politischen Kommentatoren unserer Zeit“.[1]
Leben
Krauthammer wuchs in einer jüdischen Familie auf. Sein Vater stammte aus der Ukraine, seine Mutter aus Belgien.[2] Er studierte an der McGill-Universität Politikwissenschaften und anschließend bis 1971 am Balliol College der University of Oxford Wirtschaftswissenschaften. Zusätzlich studierte er bis 1975 Medizin an der Harvard University und schloss als Doktor der Medizin ab. Während seines Studiums erlitt er einen Badeunfall, wodurch er querschnittgelähmt wurde und zeitlebens auf einen Rollstuhl angewiesen war. Nach verschiedenen Tätigkeiten, unter anderem in einem psychiatrischen Krankenhaus, trat er 1978 in die Demokratische Partei zur Zeit der Carter-Regierung ein und begann, seine ersten Kolumnen in The New Republic zu schreiben. Krauthammer war Chef-Redenschreiber für Carters Vizepräsident Walter Mondale während des US-Präsidentschaftswahlkampfs 1980, den Ronald Reagan für sich entschied. Krauthammer prägte in einem seiner Artikel im Time-Magazin den Begriff „Reagan-Doktrin“.[3]
Krauthammer wechselte während der Reagan-Regierung das politische Lager und galt fortan als konservativ ausgerichtet, insbesondere vertrat er ein Ende der Zusammenarbeit der USA mit der UNO und eine unnachgiebige Politik Israels gegenüber den Palästinensern. Er wurde in seinen wesentlichen Positionen den Neokonservativen zugerechnet. In einer (später im Commentary Magazine veröffentlichten) Rede von 2005 bezeichnete Krauthammer – in lobender Anerkennung der Kriegspolitik der Regierung George W. Bushs – den Neokonservatismus als eine „Regierungsideologie, deren Zeit nun gekommen ist“.[4] „Was Neokonservative lange Zeit befürworteten“, würde nun „in den höchsten Regierungsebenen artikuliert und praktiziert“.[4]
Krauthammers Kolumnen erschienen in zahlreichen Tageszeitungen und Online-Publikationen, unter anderem der Washington Post, in The National Interest und der Jewish World Review. Er hat auch Beiträge im US-Magazin TIME veröffentlicht und war regelmäßiger Gast bei Fox News. Er war Mitglied im Advisory Council des Nixon Center, im Council on Foreign Relations[5] und beim Project for the New American Century. 1987 erhielt er den Pulitzer-Preis für seine Kolumnen in der Washington Post. 2004 erhielt er vom neokonservativen American Enterprise Institute den Irving Kristol Award. Krauthammer lebte bei Washington, D.C. und hatte mit seiner Frau Robyn, einer Künstlerin, einen Sohn.
Krauthammer verteidigte die Regierung von George W. Bush vehement und warf Kritikern Irrationalität vor. So prägte er das in den Vereinigten Staaten – vor allem unter Republikanern – zeitweilig geläufige, außerhalb dieser Kreise jedoch weitgehend unbekannte politische Schlagwort Bush Derangement Syndrome (zu Deutsch etwa: "Bush-Gestörtheits-Syndrom"), das er wie folgt definierte: “The acute onset of paranoia in otherwise normal people in reaction to the policies, the presidency—nay—the very existence of George W. Bush” (Übersetzung: „Ein akuter Paranoiaanfall bei ansonsten normalen Leuten hinsichtlich der Politik, der Präsidentschaft – ja sogar der bloßen Existenz von George W. Bush“) und mit dem eine seiner Meinung nach weit verbreitete, völlig irrationale und unreflektierte Form der Ablehnung von George W. Bush, seiner Regierung, seiner Unterstützer und seiner Wähler charakterisiert werde.[6]
2012 erregte Krauthammer Aufsehen, als er kurz vor der Präsidentschaftswahl (und gegen die meisten Umfragen) einen Erdrutschsieg des republikanischen Kandidaten Mitt Romney vorhersagte. Er meinte, die Umfragen würden nicht die wahre Stimmung der Bevölkerung widerspiegeln. Krauthammer zählte 2016 zu den Konservativen, die sich früh von Donald Trump distanzierten, der am 8. November die US-Preäsidentschaftswahl 2016 gewann.
Krauthammer verabschiedete sich am 8. Juni 2018 von seinen Lesern und teilte mit, dass er wegen Krebs im Endstadium bald sterben werde.[7] Er starb am 21. Juni 2018.[8]
Weblinks
- Profil von Charles Krauthammer auf Right Web (“Tracking militarists’ efforts to influence U.S. foreign policy”)
- Charles Krauthammer: Travestie At The Hague (Memento vom 15. Februar 2006 im Internet Archive) (über den israelischen „Sicherheitszaun“) – erschienen in der Washington Post vom 16. Juli 2004 – dazu Leserbrief von Botschafter Ischinger und Kommentar von Henryk M. Broder
- Charles Krauthammer: Strike before Iran’s nukes get hot (Memento vom 19. August 2004 im Internet Archive) (New York Daily News 23. Juli 2004 – Plädoyer für einen Präventivkrieg gegen den Iran)
- Obama ist Durchschnitt – Interview im Spiegel vom 26. Okt. 2009
- Obama in Bush Clothing – Washington Post vom 22. Mai 2009 („Innerhalb von 125 Tagen hat Obama mit nur kleinen Anpassungen weite Teile des gesamten, angeblich ungesetzlichen Bush-Programms übernommen.“)
- Bruno Hamm-Pütt / faz.net 13. Februar 2022: Eine Großmacht wie andere
Einzelnachweise
- Weltwoche 26/18, Seite 15
- Ingo Way: Charles Krauthammer ist tot, Jüdische Allgemeine, 22. Juni 2018
- https://onlinelibrary.wiley.com/doi/pdf/10.1111/j.1741-5705.2006.00288.x.
- Krauthammer, Charles: The Neoconservative Convergence, Commentary Magazine. 1. Juli 2005. Abgerufen am 3. August 2014.
- Membership Roster – Council on Foreign Relations. Cfr.org. Abgerufen am 9. März 2013.
- The Delusional Dean (Memento vom 18. Dezember 2005 im Internet Archive), ursprünglich erschienen in der Washington Post, 5. Dezember 2003, Sec. F, S. A31
- https://www.washingtonpost.com/opinions/a-note-to-readers/2018/06/08/3512010c-6b24-11e8-bea7-c8eb28bc52b1_story.html?noredirect=on
- Fox News contributor Charles Krauthammer dies at 68, Rawstory.com, 21. Juni 2018