Captains Courageous
Captains Courageous ist ein Roman des englischen Schriftstellers Rudyard Kipling, der 1897 in London und New York veröffentlicht wurde. Als Serie erschien der Roman jedoch bereits ab November 1896 in McClure’s Magazine. Die erste deutsche Übersetzung durch F. Lavand erfolgte 1902 unter dem Titel Brave Seeleute, die zweite Übersetzung ins Deutsche durch N. Jacques von 1930 trug jedoch den Titel Fischerjungs. Die Abenteuergeschichte zählt zu den Bildungsromanen und erlebte mehrfache Adaptionen im Film, auf der Bühne und in der Literatur.
Der Titel selbst basiert auf der Einleitungszeile der Ballade Mary Ambree: „When captains courageous, whom death could not daunt.“ Kipling hatte das Zitat bereits am 23. November 1892 für einen Artikel in The Times über Industrielle verwendet, die für ihn die neuen Abenteurer seiner Zeit darstellten.[1]
Inhalt
Der 15-jährige Sohn eines Selfmademan-Millionärs, Harvey Cheyne Jr., gilt zu Recht als schlecht erzogen und verweichlicht. Bei der Überquerung des Atlantiks fällt er bei einem heftigen Sturm über Bord. Gerade noch rechtzeitig wird er von dem portugiesischen Fischer Manuel gerettet, der zur Mannschaft des Schoners We’re Here aus Gloucester gehört. Der Junge erzählt dem Kapitän des Schoners, Disko Troop, von seiner Herkunft und seinem Reichtum und verlangt eine Rückkehr zum nordamerikanischen Festland. Allerdings glauben der Kapitän und die Seeleute nicht an den Reichtum seines Vaters und selbst wenn, so würden sie die Rückkehr scheuen, da ihnen sonst wertvolle Zeit beim Fischfang in der Sommersaison verstreicht.
Gezwungenermaßen muss Harvey sich nun mit der Situation zurechtfinden und als zusätzlicher Schiffsjunge Kost und Logis durch körperlich schwere Arbeit verdienen. Langsam erlernt er die Grundzüge des Fischerhandwerks im Umkreis der Neufundlandbank und erringt die Achtung sowie schließlich auch die Freundschaft der Besatzung. Insbesondere mit Dan, dem Sohn des Kapitäns, freundet sich Harvey Cheyne an. Somit wird im Laufe der Zeit allmählich aus dem verwöhnten Millionärszögling ein harter und Selbstdisziplin gewohnter junger Erwachsener.
Als der längst totgeglaubte Harvey nach abenteuerreichen Monaten auf See nach Gloucester zurückkehrt, ist sein Vater, der Eisenbahntycoon, doppelt glücklich: Hat sein Sohn doch endlich jene von ihm erhoffte Wandlung durchgemacht und wird in Zukunft seine Mitmenschen nicht mehr nach ihrer Herkunft und ihrem Vermögen einschätzen, sondern vorrangig nach ihren Fähigkeiten. Seine Dankbarkeit äußert sein Vater, Harvey Cheyne senior, indem er Dan auf einem seiner Tea Clipper anheuern lässt und seine Ausbildung zum Kapitän mitfinanziert.
Hintergrund
Kipling selbst hatte mit den Arbeiten zu dem Roman Anfang Februar 1896 angefangen, als er und seine Frau in Naulakha, Vermont lebten. Der dort ansässige Arzt James Conland hatte ihm von seiner Jugendzeit auf einem Schoner auf den Neufundlandbänken ausführlich berichtet, was eventuell die Thematik des Werks vorgegeben haben mag.[2] Auf jeden Fall notierte Caroline Kipling am 11. Februar, dass Captains Courageous „Gestalt annehmen“ würde.[3]
In der Folge recherchierte Kipling intensiv über die Fischereiflotten New Englands. Am 18. Februar ersuchte er den Washingtoner Anwalt William Hallett Phillips um Zusendung von Statistiken und anderem Material zu den Great Banks. Das Ehepaar besuchte die Fischereihäfen in Boston und Gloucester, um dort die Schiffe, die Hafenanlagen und Werkzeuge zu studieren. Der Arzt Conland musste auf Kiplings Bitten hin einen Kabeljau auf althergebrachte Weise der Fischer zerlegen, um ihn zum einen mit der Anatomie und zum anderen mit dem Arbeitsprozess vertraut zu machen.[4]
Noch im August 1896 besuchte Kipling erneut Gloucester, um sich die dortige Gedächtnisstätte anzuschauen, die für die auf See verstorbenen Männer der Kabeljau-Fischereiflotte errichtet worden war. Aufgrund dieser Vorarbeiten musste sich Kipling später oft des Urteils erwehren, er habe eine Reportage verfasst. Somit entgegnete er: “I wanted to see if I could catch and hold something of a rather beautiful localised American atmosphere that was already beginning to fade. Thanks to Conland I came near this.” – „Ich wollte sehen, ob ich die ziemlich schöne amerikanische Atmosphäre einfangen und halten konnte, die bereits im Verschwinden war. Ein Dankeschön an Conland, dass ich dem nahekam.“[5]
Interpretation und Einordnung
Captains Courageous. A Story of the Grand Banks kann man durchaus als Bildungsroman des Viktorianischen Zeitalters bezeichnen: „Körperliche Abhärtung, Selbstbeherrschung und Bereitschaft, gehorchen zu lernen und gelegentlich eine Tracht Prügel einzustecken – das waren nach Meinung Kiplings und der Verfechter der viktorianischen Tradition die Voraussetzungen, unten denen Knaben zu Männern werden.“[6]
Der zu seiner Entstehungszeit gerade bei den jüngeren Lesern extrem populäre Roman ist frei von der üblichen Sentimentalität seiner Zeit und erzählt in realistischen Beschreibungen eine spannende Geschichte. Dabei werden die damaligen Fischereitechniken detailliert aufgeführt. Anfangs bemängelten die amerikanischen Kritiker einhellig das angebliche Nachlassen von Kiplings Stil bei diesem Roman,[7] dieser revanchierte sich jedoch mit einer bezeichnenden Reprise über den pleonastischen Stil seiner Kritiker, weil er genau wusste, dass er aufgrund seiner Vorarbeiten seinen Stil verändert hatte.[8]
Rudyard Kiplings dynamischer Stil zeigt sich hierbei deutlich von ähnlichen Geschichten Robert Louis Stevensons beeinflusst. Allerdings strafft Kipling im Gegensatz zu ihm die Erzählung auf den wesentlichen Kern. Anders als Herman Melville, dessen Moby Dick Kipling jedoch erst um 1903 als Schullektüre zur Kenntnis nehmen sollte, und Joseph Conrad, dessen Erzählung The Nigger of the Narcissus ein knappes Jahr später erschien, war Kipling kein ehemaliger Seemann, sondern ein Berufsautor, der sich in die maritime Welt dank seiner Recherche einfühlen musste. Er selbst sah dieses Werk auch als Würdigung des von ihm verehrten Mark Twain an.[9]
Ausgaben
- Captains Courageous. A Story of the Grand Banks. London 1897.
- Captains Courageous. A Story of the Grand Banks. New York 1897.
- In: Edition de Luxe. The Writings in Prose and Verse. 38 Bände. 1897–1938, Band 12, London 1898.
- In: Bomby Edition. 31 Bde., 1913–1938, Band 10, London 1913.
- In: Complete Works. Sussex Edition. 35 Bände. Band 20, London 1937–1939.
- Captains Courageous. A Story of the Grand Banks. London 1950.
- Captains Courageous. A Story of the Grand Banks. New York 1959.
- Captains Courageous. A Story of the Grand Banks. New York 1970.
- Captains Courageous. A Story of the Grand Banks. London 1982.
- Captains Courageous. A Story of the Grand Banks. Bantam, New York 1985.
Übersetzungen:
- Brave Seeleute. Übersetzung ins Deutsche von F. Lavand, Berlin 1902.
- Fischerjungs. Übersetzung ins Deutsche durch N. Jacques, Leipzig 1930.
- nach dieser letztgenannten Neuübersetzung unter dem Titel Fischerjungs auch in der Gesamtwerkausgabe, herausgegeben von J. Gottwald. Band 3. München 1965, 1976 und Nachdruck 1978.
- Über Bord, neuübersetzt und herausgegeben von Gisbert Haefs. Mare, Hamburg 2007, ISBN 978-3-86648-072-8.
Adaptionen
Captains Courageous wurde dreimal verfilmt:
- 1937 als Captains Courageous, produziert von Louis D. Lighton, unter der Regie von Victor Fleming. Zu den Darstellern gehörten Spencer Tracy, Freddie Bartholomew, Lionel Barrymore, Melvyn Douglas, Mickey Rooney und John Carradine. Tracy gewann den Academy Award for Best Actor für seine darstellerische Leistung. Der Film war ein Kassenschlager und darüber hinaus für drei weitere Oscars nominiert. Allerdings hatten Fleming und die Drehbuchautoren Marc Connelly, John Lee Mahin und Dale Van Every die Grundgeschichte entscheidend verändert: Hier war es der Fischer Manuel und nicht der Kapitän Disco Troop, der die Erziehung des Jungen maßgeblich bestimmte. Außerdem ließ man die Figur des Manuel anders als im Buch sterben.
- 1977 als Fernsehverfilmung unter der Regie von Harvey Hart und mit den Darstellern Karl Malden (Troop), Ricardo Montalbán (Manuel), Fritz Weaver, Fred Gwynne sowie Neville Brand. Diese Verfilmung war zwar weniger mitreißend als jene vierzig Jahre zuvor, hatte aber den Vorteil der Werktreue.
- 1996 ebenfalls als Fernsehfilm, Regie: Michael Anderson, Darsteller: Robert Urich, Kenny Vadas, Kaj-Erik Eriksen, Sandra Nelson und Colin Cunningham.
Musical:
- Captains Courageous, The Musical, 1999. Off-Broadway-Produktion im Manhattan Theatre Club.
Literatur:
- The Billion Dollar Boy von Charles Sheffield erzählt die Geschichte von Captains Courageous in einer futurischen Welt des Science Fiction nach
Literatur
- Jêrome von Gebsattel: Captains Courageous. A Story of the Grand Banks. In: Hauptwerke der englischen Literatur. Einzeldarstellungen und Interpretationen. Band 1: Von den Anfängen bis zum Ende des Viktorianischen Zeitalters. Zusammengestellt von Henning Thies. Kindler Verlag, München 1995, ISBN 3-463-40271-8, S. 214.
Weblinks
- Leonee Ormond: “Captains Courageous” – Introduction. kipling.org.uk; abgerufen am 23. Oktober 2012.
- Note on the text at Kipling Org
- Captains Courageous, The Musical. In: The Internet Off Broadway Database.
Einzelnachweise
- Titelerklärungen. kipling.org.uk; abgerufen am 8. Oktober 2012.
- kipling.org.uk
- Norman Page: A Kipling Chronology. Macmillan & Co., London 1984.
- Thomas Pinney (Hrsg.): Letters of Rudyard Kipling: (Vol. II) 1890–99. Macmillan, London 1990, S. 240.
- Rudyard Kipling: Something of Myself. Herausgegeben von Thomas Pinney, Cambridge University Press 1995, S. 131.
- Jêrome von Gebsattel: Captains Courageous. A Story of the Grand Banks. In: Hauptwerke der englischen Literatur. Einzeldarstellungen und Interpretationen. Band 1: Von den Anfängen bis zum Ende des Viktorianischen Zeitalters. Zusammengestellt von Henning Thies. Kindler Verlag, München 1995, ISBN 3-463-40271-8, S. 214.
- Atlantic Monthly, LXXX Dezember 1897, S. 856 f.
- Thomas Pinney (Hrsg.): Letters of Rudyard Kipling: (Vol. II) 1890–99, Macmillan, London 1990, S. 323.
- Leonee Ormond: “Captains Courageous” – Introduction. kipling.org.uk; abgerufen am 23. Oktober 2012.