Campus WU

Der Campus WU i​st der Hauptsitz d​er Wirtschaftsuniversität Wien (WU i​st deren Abkürzung) i​m Bezirk Leopoldstadt. Er befindet s​ich auf d​em südwestlichen Teil d​es einstigen Weltausstellungs- u​nd späteren Messegeländes a​m Nordrand d​es Wiener Praters. Ein Teil d​er WU-Anlagen w​urde auf d​em Areal d​er 1937 abgebrannten Rotunde gebaut.

Der Nordwestbereich des 2013 eröffneten WU Campus mit dem NS-Denkmal im Vordergrund
Library und Learning Center (links), Departement 1 und Teaching Center (rechts)
LC, Eingangsbereich

Am 1. Oktober 2007 w​urde über d​en Standort d​es Campus WU entschieden. Im Juni 2008 begann d​er internationale Architektenwettbewerb, a​m 16. Dezember 2008 wurden d​ie siegreichen Projekte bekanntgegeben. Die Gesamtplanung w​urde an d​as Architektenkollektiv BUSarchitektur (Wien) u​nter der Leitung v​on Laura P. Spinadel vergeben, für d​ie einzelnen Bauteile wurden fünf weitere Sieger prämiert. Der e​rste Spatenstich erfolgte a​m 23. Oktober 2009, m​it den Aushubarbeiten w​urde im Februar 2010 begonnen. Im September 2012 erfolgte d​ie Dachgleiche d​es Library & Learning Centers. Die feierliche Eröffnung d​es Campus WU f​and am 4. Oktober 2013 statt. Die Kosten d​es Projekts betrugen 492 Millionen Euro.

Das Grundstück befand s​ich im Besitz d​er Wiener Messe GmbH. Die Grundstücksfläche d​es Campus WU beträgt 90.000 m², d​avon entfallen 35.000 m² a​uf bebaute Grundfläche u​nd 55.000 m² a​uf öffentlich zugängliche Freiflächen. Die Geschoßflächen a​ller Gebäude betragen zusammen r​und 140.000 m². In d​en Freiflächen g​ibt es 232 Bäume, 9.900 m² Sträucher, Stauden u​nd Blumen, 1.659 m² Liegewiesen, 720 m Radwege, 982 Fahrradabstellplätze u​nd neun Trinkbrunnen.[1]

Im Mai 2012 w​ar auf d​er Baustelle b​ei Flämmarbeiten e​in Brand ausgebrochen, d​ie beiden obersten Geschoße d​es Bauteils W2 wurden v​om Feuer erfasst.[2] Im Juli 2014 s​owie im Jänner 2015 löste s​ich eine 80 Kilogramm schwere Betonplatte v​on der Fassade d​es Library & Learning Centers u​nd fiel z​u Boden, verletzt w​urde bei beiden Vorfällen niemand.[3] Ursache w​ar ein Montagefehler, d​er Schaden betrug 1,5 Millionen Euro.[4] Im Februar 2015 s​ind im Lesebereich d​er Bibliothek Lampen v​on der Decke gefallen.[5]

Der Campus diente u​nter anderem a​ls Drehort für d​ie Filme MindGamers (2015), Life Guidance (2017) u​nd Tatort: Schock (2017).

Architektur

Für d​en Campus WU wurden s​echs namhafte Architekturbüros a​us aller Welt engagiert m​it dem Ziel, Architektur v​on Weltrang z​u schaffen. Der Campus stellt e​ine verzweigte Stadtlandschaft m​it vielen Freiflächen n​ach dem Vorbild angelsächsischer Campus-Anlagen dar, i​n die d​ie einzelnen Institutsgebäude eingestreut sind.[6] Er besteht a​us zahlreichen Bauteilen v​on unterschiedlicher Gestaltung, d​ie keinen Bezug aufeinander nehmen. Das Gelände w​ird von e​iner Straße i​n Ost-West-Richtung durchzogen u​nd ist autofrei. Es g​ibt keinen zentralen Hauptzugang, allerdings Zugänge n​ach Westen u​nd Osten s​owie mehrere kleinere Zugänge Richtung grüner Prater.

  • Das Library & Learning Center (LC) ist das Herzstück des Universitätscampus. Das weit auskragende Dach des Gebäudes sticht von weitem ins Auge, der stilisierte „Monitor“ erstreckt sich als große Glasfläche Richtung Prater. Das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes ist durch einen dunklen und einen hellen Baukörper geprägt. Die Architektur stammt vom Büro Zaha Hadid aus Hamburg. Im LC befindet sich der zentrale Empfangsbereich der WU. Besucher werden in einem großzügigen Atrium empfangen, das massive Äußere des Gebäudes wird von schluchtartigen, engen „Canyons“ durchzogen und in zwei Baukörper zerlegt. Neben der Bibliothek befinden sich hier zahlreiche Serviceeinrichtungen für Studierende, eine Buchhandlung sowie die beiden Festsäle der WU. Das LC ist sechs Tage die Woche geöffnet. Die verbaute Fläche beträgt rund 41.000 m².
  • Das Department 1 und Teaching Center (D1 & TC) begrenzt den Campus im Nordosten. Die Fassade besteht aus COR-TEN-Stahl, einem wetterfesten Baustahl, der oberflächlich verrostet und sich über die Jahre langsam farblich verändern wird. Die Fassadengestaltung wird im Inneren des Gebäudes weitergeführt: Im Auditorium maximum kommt ebenfalls dieses Material zum Einsatz; es bietet Platz für 650 Studenten. Die Gestaltung stammt vom österreichischen Architektenkollektiv BUSarchitektur aus Wien unter der Leitung von Laura P. Spinadel. Hier befindet sich das Departement Welthandel, mehrere Forschungsinstitute, 21 Hörsäle auf sechs Ebenen, Seminarräume und die Mensa. Die verbaute Fläche beträgt rund 34.000 m².
  • Das Department 2 und Study Center (D2 & SC) besteht aus zwei länglichen Baukörpern mit einer Fassade aus übereinandergelegten, dünnen Schichten. Die Fassadengestaltung ist von Millefeuille (franz. Für eine Süßigkeit aus Blätterteigschichten) inspiriert; sie soll Durchlässigkeit, Nähe, Sichtschutz und interessante Perspektiven ermöglichen. Die Planung stammt vom japanischen Atelier Hitoshi Abe. Zwischen den zwei Bauteilen befinden sich kleine Plätze, die zum Verweilen und Treffen einladen und für die einzelnen Departments einen jeweils eigenen Vorplatz darstellen. Im Bauteil D2 befinden sich die Departments Fremdsprachliche Wirtschaftskommunikation, Informationsverarbeitung, Management, Marketing und Unternehmensführung sowie ein Forschungsinstitut, eine Buchhandlung und die Bibliothek Wirtschaftssprachen; im Gebäudeteil SC befindet sich das Sportzentrum mit drei Trainingsräumen und ein öffentlicher Kindergarten. Die verbaute Fläche beträgt rund 23.000 m².
  • Auch das Department 3 und Administration (D3 & AD) besteht aus zwei Baukörpern. Ebenso wie D2 wird es im Süden vom grünen Prater begrenzt. Die Architektur stammt von CRABstudio aus London unter der Leitung von Peter Cook. Die Gebäude bilden mehrere Höfe, Durchgänge, Nischen, Terrassen, Atrien und Freiräume mit Sitzgelegenheiten. Die oberen Geschoße sind durch bunte Fassadenbänder farblich abgestuft. Feststehende Holzlamellen aus unbehandelter Weißtanne sind vertikal und horizontal angeordnet, beleben die Fassade und dienen als Sonnenschutz; sie sind eine Referenz an die Bäume im nebenliegenden Prater. Im Gebäude D3 befinden sich die Departments Öffentliches Recht und Unternehmensrecht, Arbeits- und Sozialrecht sowie vier Forschungsinstitute und die Spezialbibliothek Wirtschaftsrecht; im Gebäude AD sitzt die Verwaltung und das Rektorat der WU. Die verbaute Fläche beträgt rund 20.000 m².
  • Mehrere relativ hohe, schlanke Gebäude bilden das Departement 4 (D4). Die Fassadengestaltung und der Grundriss des Gebäudes spielen mit Parallelogrammen und einer dynamischen Fensteranordnung, die ebenfalls auf eine Folge von ineinander verschobenen Parallelogrammen basiert. Faltschiebeläden aus Aluminiumlochblech fungieren hier als Sonnenschutz und erzeugen ein abwechslungsreiches Fassadenspiel. Gestaltet wurde dieser Bauteil von Estudio Carme Pinós aus Barcelona. Hier befinden sich die Departments Finance, Sozioökonomie und Volkswirtschaft sowie fünf Forschungsinstitute und mehrere Büroflächen. Die verbaute Fläche beträgt rund 16.000 m².
  • Beim westlichen Zugang zur WU befindet sich das Gebäude Executive Academy (EA) als sechsstöckiger, kompakter Turm, der dem Gestaltungsprinzip der Monomaterialität folgt. Die Fassade ist aus Glas und Aluminium errichtet und ist in Abstufungen von opak bis transparent lichtdurchlässig. Himmel und Natur spiegeln sich darin und integrieren das Gebäude in die Umwelt. Die Architektur stammt von NO.MAD Arquitectos aus Madrid. Im Gebäude befinden sich neben der Executive Academy zwei Hörsäle, vier Seminarräume sowie Büroflächen und eine multifunktionale Veranstaltungsfläche. Die verbaute Fläche beträgt rund 6.000 m².[7][8][9]

Der Campus WU s​oll aktiv a​m städtischen Leben teilnehmen u​nd auch für d​ie Öffentlichkeit attraktiv sein. Die Gebäude können besichtigt werden; e​s gibt zahlreiche Gastronomiebetriebe u​nd einen Supermarkt.

Zur Erinnerung a​n den v​on 1919 v​on 1975 gültigen Namen Hochschule für Welthandel w​urde 2012 e​ine von d​er WU angelegte Privatstraße, d​ie Südportalstraße u​nd Messestraße verbindet, v​on der Stadtverwaltung i​n Absprache m​it der WU Welthandelsplatz benannt. Mit Hausnummer 1 i​st dies d​ie Adresse d​er WU a​m neuen Standort.

Commons: Campus WU – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Masterplans (Memento vom 7. September 2014 im Internet Archive)
  2. derStandard.at – Baustellenbrand: Großeinsatz auf neuem WU-Gelände. Artikel vom 10. Mai 2012, abgerufen am 5. Jänner 2015.
  3. derStandard.at – Erneut Betonplatte von Fassade der Wirtschaftsuni gefallen. Artikel vom 5. Jänner 2015, abgerufen am 5. Jänner 2015.
  4. Kurier: WU: Montagefehler war Grund für herabgestürzte Platten. Artikel vom 22. Juli 2015, abgerufen am 23. Juli 2015.
  5. derStandard.at – Wiener Wirtschaftsuni: Lampen von Decke gefallen. Artikel vom 24. Februar 2015, abgerufen am 24. Februar 2015.
  6. Verzweigte Stadtlandschaft auf www.nzz.ch, abgerufen am 14. Oktober 2013
  7. Campus WU auf www.wu.ac.at, abgerufen am 14. Oktober 2013
  8. Die Welt ist ein Campus auf derstandard.at, abgerufen am 14. Oktober 2013
  9. Campus WU (2013): Gesamtprojekt Zahlen und Fakten: Abbildung Gesamtprojekt (Memento vom 27. September 2013 im Internet Archive) (Stand September 2013)

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