Camp de Rieucros
Das Lager von Rieucros war ein französisches Konzentrations- und Internierungslager in der Stadt Mende im Département Lozère. Es bestand aus 14 Holzbaracken und zwei Steingebäuden.
Geschichte
Das Lager wurde per Dekret vom 21. Januar 1939 eröffnet. Es sollte der Internierung unerwünschter Ausländer dienen, dazu gehörten deutsche Antifaschisten, spanische Republikaner und Mitglieder der Internationalen Brigaden. Anfang November 1939 wurden alle männlichen Gefangenen in das Internierungslager Le Vernet d'Ariège transferiert, da das Lager von Rieucros von nun an als Fraueninternierungslager dienen sollte.
Im Herbst 1939 waren hier auch spanische Frauen untergebracht, zu denen bald hunderte deutsche Frauen aus dem Pariser Gefängnis Petite Roquette kamen. Im Januar 1941 befanden sich 453 Gefangene im Lager, davon waren 39 Kinder im Alter von 14 Jahren und jünger. Am 13. Februar 1942 wurde das Lager geschlossen und die verbliebenen 320 Frauen und 26 Kinder in das Lager von Brens in der Nähe von Gaillac im Département Tarn transportiert.
Überreste des Lagers
Heute existieren nur wenige Spuren des Lagers im Tal des Rieucros. Ein Schild zeigt die Position, aber die Baracken sind vollständig verschwunden. Es existieren nur noch zwei Steinhäuser, die zu der Anlage gehörten und heute in Privatbesitz sind. Die wichtigste übrig gebliebene Spur ist eine Felsskulptur, die einen Soldaten zeigt, der sein Gewehr im rechten Arm hält. Darunter stehen zwei Jahreszahlen: 1789 und 1939, als Symbol des 150. Jahrestags der Französischen Revolution. In der Nähe ist ein Name eingraviert: Walter Gierke. Dieser Name ist auch auf der Liste der Gefangenen enthalten, und man vermutet, dass es sich um den Urheber der Felsskulptur handelt.[1]
Insassen
Unter den Gefangenen befand sich der Schriftsteller Michel del Castillo (* 1933), der zusammen mit seiner Mutter interniert war. Der deutsche Mathematiker Alexander Grothendieck und seine Mutter waren hier untergebracht, ebenso wie die russische Schriftstellerin und Anarchistin Ida Mett und ihr Sohn. Der italienische Antifaschist Ernesto Bonomini war ebenfalls hier interniert, aber konnte im April 1939 fliehen. Auch der deutschen Schauspielerin Steffie Spira-Ruschin, die während ihrer Zeit in Rieucros einige Gedichte über das Leben im Lager schrieb,[2] und der tschechischen Schriftstellerin Lenka Reinerová gelang es aus dem Lager zu fliehen. Die Schweizer Fotografin und Umweltschützerin Gertrude Duby-Blom war kurze Zeit im Lager Rieucros interniert, bevor sie Frankreich mit Hilfe der Schweizer Botschaft verlassen konnte. Weitere bekannte Insassen waren die Antifaschistin Dora Schaul, die Kostümbildnerin Sylta Busse und die Kommunistin und Widerstandskämpferin Maria Wachter, die heute Ehrenvorsitzende der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) in Nordrhein-Westfalen ist, sowie die Widerstandskämpferin Cläre Quast. Die später in Ostberlin wirkende Ergotherapeutin Ursula Pacyna schrieb im Lager ein Tagebuch.[3] Hier lente sie auch ihren Ehemann Alfred Katzenstein kennen.
Gedenkverein
Im Jahre 1992 wurde ein Verein gegründet mit dem Ziel, die Erinnerung an das Lager und das Geschehen aufrechtzuerhalten und Besuchern zu erklären.[4]
Literatur
- Mechtild Gilzmer: Fraueninternierungslager in Südfrankreich. Rieucros und Brens 1939–1944. Orlanda-Frauenverlag, Berlin 1994, ISBN 3-929823-10-1 (Der andere Blick).
- Mechtild Gilzmer: Camps de Femmes. Chroniques d'internées, Rieucros et Brens, 1939–1944. Éditions Autrement, Paris 2000, ISBN 2-7467-0028-X (Éditions Autrement – Collection Mémoires 65).
Einzelnachweise
- Auf der Suche nach Walter GIERKE
- Gedichte aus Riecros von Marina Strasde, Steffie Spira, Lenka Reinerová u. a.
- https://www.cairn.info/camps-de-femmes--9782746700284.htm
- Artikel der französischen Tageszeitung Le Midi Libre vom 18. Juli 2007 (frz.)