Bundesverband Kleinwüchsige Menschen und ihre Familien
Der Bundesverband Kleinwüchsige Menschen und ihre Familien e.V. (BKMF e.V.) ist eine deutsche Organisation auf dem Gebiet der gesundheitlichen, familienorientierten Selbsthilfe. Er setzt sich für die Interessen und Belange von kleinwüchsigen Menschen und ihren Familien ein.
Der Verein hat derzeit (2013) über 3.500 Mitglieder. Da es für Kleinwuchs eine Vielzahl von Ursachen gibt, ist auch das Spektrum der Diagnosen unter den Mitgliedern weit gestreut.
Geschichte
Ursprünge des Vereins liegen in den frühen 1980er Jahren. Zu dieser Zeit begannen sich Eltern kleinwüchsiger Kinder, mit dem Ziel sich untereinander zu vernetzen, sowie Erfahrungen und Informationen auszutauschen, zu treffen. Die Initiative ging dabei sowohl von Ruzena und Karl-Heinz Klingebiel, als auch von der Diplom-Psychologin Ortrun Schott aus.[1]
Die Vereinsgründung erfolgte am 16. Februar 1988, zunächst als „Elterngruppe kleinwüchsiger Kinder e.V.“[2] Im gleichen Jahr wurde auch das erste Kleinwuchsforum in Mauloff durchgeführt. Die erste Beratungs- und Geschäftsstelle konnte 1991 in Bremen, personell besetzt mit hauptamtlicher Verwaltungsfachkraft und einer Geschäftsführung eingerichtet werden.
In einer gemeinsamen Initiative mit der Vereinigung Kleinwüchsiger Menschen (VKM) konnte 1992 ein bundesweites Verbot des Zwergenwerfens erreicht werden. Im Mai kam es zu einem internationalen Kleinwuchsforum in Bremen. Ein Jahr später erfolgte die Umbenennung des Vereins in „Bundesverband Kleinwüchsiger Menschen und ihre Familien e.V.“ aufgrund eines Mitgliederbeschlusses.[3]
Erfolge in der Kooperation mit anderen Organisationen und Initiativen waren u. a. die Beteiligung des BKMF bei der Gründung des Deutschen Behindertenrates, wie auch der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE e.V.) Die Bedeutung des Vereins und der damit verbundenen Leistungen drückten sich im Jahre 2006 auch in der Anerkennung in Form der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes für den Gründungsvorsitzenden Karl-Heinz Klingebiel aus.[4][5]
2007 wurde das Deutsche Zentrum für Kleinwuchsfragen eröffnet. Teil davon ist u. a. eine kleinwuchsgerechte Probewohnung. Betroffene können dort verschiedene technische Hilfsmittel im Gebrauch testen, um zu entscheiden ob diese für sie hilfreich sind.[6]
Mit dem Projekt „Generationswechsel“ im Jahr 2013 wird das Ziel einer zukunftsorientierten Ausrichtung verfolgt. Verstärkt kam es so zur Einbindung der seit ihrer Kindheit dem Verein zugehörigen jungen, kleinwüchsigen Erwachsenen in verantwortungsvolle Positionen. So ist seit dem 17. März 2013 Patricia Carl die neue Vorsitzende des BKMF e.V.[7] Sie löste damit Doris Michel ab, welche dieses Amt zuvor 12 Jahre lang innehatte.[8]
Ziele und Aufgabe
Der Verein ist seiner Satzung gemäß ausschließlich den Interessen kleinwüchsiger Menschen verpflichtet, dabei stets mit dem Gedanken der Selbsthilfe. Es ergeben sich hieraus u. a. folgende Aufgaben:
- Förderung der Mitglieder durch Information, Beratung, Betreuung und Stärkung in allen mit dem Kleinwuchs verbundenen Belangen
- Psychosoziale Stärkung von Betroffenen
- Förderung der Integration in die Gesellschaft
- Abbau vorhandener Vorurteile
- Bündelung, Systematisierung und Verbreitung kleinwuchsspezifischen Wissens[9][10][11]
Um dies zu bewerkstelligen existiert ein bundesweites Beratungsnetzwerk, bestehend aus hauptamtlichen Mitarbeitern in der Beratungs- und Geschäftsstelle in Bremen und den ehrenamtlichen Berater/Innen aus den acht Landesverbänden.
Struktur des Vereins
Neben der vereinsrechtlich-notwendigen Struktur, regelt der Verein in seiner Satzung die weitere, interne Organisation zum Erreichen des dort festgelegten Zweckes und der Aufgaben. Hier ist auch klar geregelt, dass die Vereinsarbeit und die Betreuung der Mitglieder vorrangig in den Landesverbänden, Arbeitsgruppen und Arbeitskreisen zu erfolgen hat.[12]
Landesverbände
Innerhalb des Bundesverbandes existieren 8 Landesverbände, denen es frei steht sich regional zu untergliedern. Teilweise haben diese auch den Status eines Vereins. Durch die Landesverbände werden Veranstaltungen auch lokal durchgeführt.
Arbeitsgruppen
Es existieren derzeit zum Austausch Betroffener untereinander insgesamt acht Arbeitsgruppen. So jeweils eine eigenständige für die Kleinwuchsformen Achondroplasie, Diastrophische Dysplasie, Hypochondroplasie, Phosphatdiabetes, Spondyloepiphisäre Dysplasia congentina. Weiterhin gibt es eine Arbeitsgruppe, welche das Silver-Russell-Syndrom, Small for Gestational Age und Wachstumshormonmangel umfasst, sowie eine Tricho-Rhino-Phalangie-Syndrome und Multiple hereditäre Exostosen betreuende Arbeitsgruppe. Die verschiedenen Arbeitsgruppen spiegeln das bereits erwähnte weite Spektrum der unterschiedlichen Diagnosen der Mitglieder wider.
Es gibt jedoch nicht für jede Diagnoseform eine Arbeitsgruppe, da einige Erkrankungen so selten sind, dass es im gesamten Bundesgebiet weniger als 10 Betroffene Personen gibt. Hier liegt das Augenmerk dennoch auf den Kontakten untereinander, für den bereits erwähnten Erfahrungsaustausch und Erkenntnisgewinn.
Arbeitskreise
Es gibt drei Arbeitskreise. „Junge Menschen“, „Eltern“ und „Erwachsene Kleinwüchsige“, welche eine Betreuung bezogen auf die jeweilige Lebensabschnittsphase sicherstellen sollen.
Beiräte
Vom Vorstand können zur fachlichen und wissenschaftlichen Beratung Beiräte berufen werden. Aktuell sind dies der Wissenschaftliche Beirat, welcher sich aktiv bei der Arbeit an den Publikationen beteiligt bzw. Hinweise gibt, wenn Informationsmaterial aufgrund neuerer, wissenschaftlicher Erkenntnisse aktualisiert werden sollte und der Ältestenrat.
Mitgliedschaften
Der Bundesverband Kleinwüchsige Menschen und ihre Familien ist u. a. Mitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe, der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen, der European Organisation for Rare Diseases (EURORDIS), beim Deutschen Roten Kreuz (Landesverband Bremen, als kooperierendes Mitglied) und beim Deutschen Behindertenrat.
Publikationen
Vier Mal im Jahr erscheint die Mitgliederzeitschrift „betrifft kleinwuchs“, mit aktuellen Vereinsinterna, Erfahrungsberichten, Artikeln über neue Erkenntnisse aus der Forschung oder die Arbeit der Selbsthilfe allgemein. Es besteht großes Engagement in der Herausgabe von zahlreichen Informationsmaterialien wie der „Erstinformation zum Thema Kleinwuchs“, zu einzelnen Krankheitsbildern (u. a. der Achondroplasie, Hypochondroplasie etc.) wie auch den „Gelben Blättern“, die kompakte, medizinisch und wissenschaftlich fundierte, allgemeinverständliche Erklärungen einzelner Diagnosefelder liefern. Weiterhin gibt es auch rein wissenschaftliche Veröffentlichungen.
Ziel ist nicht nur die Information von Betroffenen und deren Angehörigen, sondern auch von Fachpersonal wie Ärzten oder Physiotherapeuten, weshalb stets mit Fachärzten kooperiert wird und Publikationen in Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftlichen Beirat des Vereins entstehen.
Projekte und Seminare
Der Verein führt beständig verschiedene Projekte im Zusammenhang mit Kleinwuchs durch. So unter anderem ab 1998 das Forschungsprojekt zur beruflichen Situation kleinwüchsiger Menschen mit Förderung durch das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung oder aber die Wanderausstellung „Betrachtungsweisen“ von 2008 bis 2012.
Neben der Projektarbeit werden Seminare für Jugendliche, ehrenamtliche Berater oder auch Symposien und Workshops für Fachkräfte durchgeführt. Die größte Veranstaltung dieser Art ist das jährlich zu Christi Himmelfahrt stattfindende Kleinwuchsforum mit bis zu 600 Teilnehmern in Hohenroda.
Weblinks
Einzelnachweise
- Carl, Patricia: Meine Erfahrung in der Selbsthilfe. In: Mein Leben mit Kleinwuchs. 6. Überarbeitete Auflage, Bremen 2012, Bundesverband Kleinwüchsige Menschen und ihre Familien (BKMF) e.V., ISBN 978-3-00-041924-9, S. 10 ff.
- Chronik – 25 Jahre familienorientierte gesundheitliche Selbsthilfe. Bremen 2012, Bundesverband Kleinwüchsige Menschen und ihre Familien (BKMF) e.V., ISBN 978-3-00-041067-3, S. 9 ff.
- Chronik – 25 Jahre familienorientierte gesundheitliche Selbsthilfe. Bremen 2012, Bundesverband Kleinwüchsige Menschen und ihre Familien (BKMF) e.V., ISBN 978-3-00-041067-3, S. 56 ff.
- Chronik – 25 Jahre familienorientierte gesundheitliche Selbsthilfe. Bremen 2012, Bundesverband Kleinwüchsige Menschen und ihre Familien (BKMF) e.V., ISBN 978-3-00-041067-3, S. 58 ff.
- Senatskanzlei – Pressemitteilung mit Foto Bundesverdienstkreuz für Karl-Heinz Klingebiel. Freie Hansestadt Bremen, Pressestelle des Senats, 4. September 2006, abgerufen am 25. Juli 2013
- Aufgaben und Ziele. (Memento vom 15. Januar 2017 im Internet Archive) Bundesverband Kleinwüchsige Menschen und ihre Familien, abgerufen am 11. Juli 2013
- betrifft kleinwuchs. Ausgabe 2/2013, S. 10.
- Chronik – 25 Jahre familienorientierte gesundheitliche Selbsthilfe. Bremen 2012, Bundesverband Kleinwüchsige Menschen und ihre Familien (BKMF) e.V., ISBN 978-3-00-041067-3, S. 151.
- Satzung Bundesverband Kleinwüchsige Menschen und ihre Familien e.V. (BKMF), §2 (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive) (PDF-Datei; 80 kB) 19. März 2011, abgerufen am 25. Juli 2013.
- Kleinwuchs Gelbes Blatt Nr. 1a „Achondroplasie“, Bremen März 2007, Bundesverband Kleinwüchsige Menschen und ihre Familien (BKMF) e.V., S. 8.
- Jahresspiegel 2012. Düsseldorf 2012, BAG Selbsthilfe e.V., ISBN 978-389381-123-6, S. 55.
- Satzung Bundesverband Kleinwüchsige Menschen und ihre Familien e.V. (BKMF), §§ 7 ff. (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive) (PDF-Datei; 80 kB) 19. März 2011.