Brustwarzenpiercing
Das Brustwarzenpiercing ist ein durch die Brustwarze bzw. den Warzenhof gestochenes Piercing, das sowohl von Frauen als auch von Männern getragen werden kann. Es wird meist horizontal oder vertikal gestochen, kann jedoch beliebig angeordnet werden. Prinzipiell ist es auch möglich, mehrere Piercings übereinander zu stechen; diese sind dann meist orthogonal angeordnet.
Brustwarzenpiercing | |
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Andere Bezeichnungen | Nipple piercing |
Lage | Brustwarze |
Schmuck | Ball Closure Ring, Barbell, Circular Barbell Hinweis zum Schmuck |
Heilungsdauer | 1 bis 6 Monate Hinweis zur Heilungsdauer |
‣ Themenübersicht |
Als Hauptmotiv für ein Brustwarzenpiercing wird häufig der ästhetische Reiz genannt, darüber hinaus führt das Piercing oft zu einer Empfindlichkeitssteigerung und kann der Stimulation dienen.[1] Das Brustwarzenpiercing findet sich in verschiedenen Kulturkreisen. Die Nachfrage nach dem Piercing ist in den 2000er[2] und 2010er Jahren angestiegen.[3]
Geschichte
Historische Entwicklung
Brustwarzenpiercings sollen sich schon bei den Männern des Karankawa-Stammes (am Golf von Mexiko) sowie bei den Frauen der Kabylen, eines Berberstamms im Norden Algeriens, finden.
Die frühesten europäischen Berichte über das Durchstechen der Brustwarzen zum Anbringen von Schmuck gehen auf die Mitte des 14. Jahrhunderts zurück. Zu dieser Zeit fanden Kleider mit sehr tiefem Dekolleté bei adligen Frauen Verbreitung, die zunehmend die Brust bis hin zu den Brustwarzen entblößten. Bald darauf soll eine Mode, begründet von Prinzessin Elisabeth von Bayern (Isabeau), bei der die freiliegenden Brustwarzen mit Diamantringen oder goldenen Ketten geschmückt wurden, entstanden sein.
Einige Jahrhunderte später, in der viktorianischen Epoche um 1890, kamen in Paris und London sogenannte Anneaux de Seins in Mode – an einem Piercing befestigter Brustschmuck. Dieser war in der Regel recht kostbar und erlangte seine Verbreitung wiederum primär in der Oberschicht. Allerdings gibt es für all diese Berichte keine belastbaren historischen Beweise.
In den 1970er Jahren wurde das Piercing durch das Gauntlet in Los Angeles, ein Studio und Szenetreffpunkt, sowie das Magazin PFIQ wieder bekannt, allerdings vorerst nur in der Piercingszene. Zur weiteren Verbreitung trug in den 1980er und 1990er Jahren die sogenannte Modern-Primitive-Bewegung bei, die im Rahmen der Jugend- und Alternativkultur kulturelle Elemente indigener Völker übernahm, die lange Zeit in der westlichen Welt als „primitiv“ galten.[4]
Gegenwart
Der jetzige Trend ist relativ jung und besteht erst seit einigen Jahren. Die heutige Popularität und die Präsenz in den Medien wurden unter anderem durch zahlreiche Stars und Prominente wie beispielsweise Lenny Kravitz oder Tommy Lee befördert, die in den späten 1990er Jahren erstmals eine breite Öffentlichkeit mit dem Piercing in Kontakt brachten. Janet Jackson trug ein Nipple Shield, als ihre Brust beim Superbowl 2004 von Justin Timberlake entblößt wurde. Der Vorfall wurde später kontrovers unter dem Namen Nipplegate-Skandal diskutiert. Jackson trug damit maßgeblich zur Popularisierung des Piercings in den Vereinigten Staaten bei.[5] Nicole Richie, Schauspielerin und Adoptivtochter von Lionel Richie, löste mit ihrem Brustwarzenpiercing am Flughafen von Reno (Nevada) bei einem Sicherheitscheck einen Alarm aus, worauf sie den Sicherheitsbeamtinnen in einem separaten Raum ihre Piercings zeigen musste.[6] Britney Spears, selbst Trägerin eines Brustwarzenpiercings, überredete einen Großteil ihrer Crew im Rahmen einer Valentinstagsparty, sich ein Piercing durch die Brustwarze stechen zu lassen.[7] Rihanna und Cassie, Sängerinnen des Genres Contemporary R&B, ließen sich 2008 kurz hintereinander Brustwarzenpiercings stechen.[8] Jennifer Bongardt, deutsche Kanutin, trug bei einem Playboy-Fotoshooting im Jahr 2007 auf beiden Seiten Brustwarzenpiercings.[9] Weitere weibliche Prominente mit Brustwarzenpiercings sind Agyness Deyn,[10] Freja Beha Erichsen,[11] Kylie Jenner,[12] Rooney Mara,[13] Candice Swanepoel[11] und Kristen Stewart.[14] Unter den Männern tragen beispielsweise Neil Patrick Harris,[15] Lenny Kravitz[16] und Tim Roth[17] ein Brustwarzenpiercing. (siehe auch: Portal:Body Modification/Prominente mit Piercings)
Einer Befragung von Piercern aus der Schweiz zufolge hat das Brustwarzenpiercing inzwischen das Bauchnabelpiercing als beliebtestes Körperpiercing abgelöst. Einer Studie aus dem Jahr 2002 zufolge hatten fünf Prozent der undergraduate-Studentinnen in den USA ein Brustwarzenpiercing, mit steigender Tendenz.[18]
„In den USA gehört das Piercing an der Brustwarze zu den meistgefragtesten Kundenwünschen.“
Eine Umfrage im Jahr 2005 unter einer repräsentativen Stichprobe der Gesamtbevölkerung in Großbritannien kam zu dem Ergebnis, dass Brustwarzenpiercings weiter verbreitet sind als Labret- oder Augenbrauenpiercings, bei Männern stellt es sogar das am häufigsten gestochene Piercing dar.[20] Auch waren zunehmend Brustwarzenpiercings bei Models im Rahmen von Modenschauen zu sehen.[21][22]
Durchführung und Heilung
Wie auch bei anderen Piercings wird zunächst die zu durchstechende Hautpartie desinfiziert. Anschließend werden Ein- und Ausstichstelle markiert, mit einer Piercing-Klemme fixiert und einer speziellen Nadel durchstochen.
Die Heilung dauert etwa ein bis sechs Monate (im Regelfall vier bis sechs Wochen). Bei einem neu gestochenen Piercing sollte keine enge Kleidung getragen und der Ring bis zur vollständigen Abheilung nicht ausgewechselt werden, um Reibung zu vermeiden und das Gewebe nicht zusätzlich zu belasten. Ausreichend Schlaf, gesunde Ernährung und das Vermeiden von Stress können die Heilung beschleunigen.
Es ist auch empfohlen, auf Ringe als Erstschmuck zu verzichten, da sich diese naturgemäß immer im Stichkanal drehen bzw. bewegen. Der sich bildende feste Schorf an den Eintritts- bzw. Austrittstellen erschwert ebenso den Heilungsprozess. Salben wie Vaseline oder Bepanthen mit einem genügend großen Pflaster darüber beugen der Verkrustung vor. Um einer Reizung vorzubeugen, hat sich das Setzen eines PTFE-Barbell mit Kugeln an beiden Enden bewährt. So bleibt die mechanische Belastung auf ein Minimum begrenzt.
Schmuck
Zum Einsatz wird meist ein Barbell oder Ball Closure Ring verwendet. Der Schmuck sollte eine Materialstärke von mindestens 1,6 Millimetern aufweisen, um ein Auswachsen zu vermeiden. Ringe mit einem Durchmesser unter einem Zentimeter üben durch ihre große Krümmung einen starken mechanischen Reiz aus und verursachen dadurch ein erhöhtes Entzündungsrisiko.[23]
Zur zusätzlichen Dekoration werden häufig runde, mit dem Piercing fixierte Ornamente, sogenannte Nippleshields, getragen. Von dem französischen Modedesigner Thierry Mugler wurde ein Haute-Couture-Kleid entworfen, dessen Träger nicht über die Schultern verliefen, sondern an Ball-Closure-Ringen befestigt waren.[24]
Wie viele andere Piercings kann auch das Brustwarzenpiercing gedehnt und Schmuck mit größerem Durchmesser eingesetzt werden.
Brustwarzenpiercings beim Stillen
Trotz der Befürchtung vieler Frauen, mit einem Brustwarzenpiercing keinen Säugling mehr stillen zu können, treten dabei in der Regel keine Komplikationen auf. Es wird jedoch empfohlen, das Piercing gut zu pflegen und zu reinigen, um Infektionen zu vermeiden.[25][26]
Während des Stillens sollte der Schmuck unbedingt herausgenommen werden, um das Verschlucken und eine mögliche Erstickungsgefahr zu vermeiden und dem Säugling das Nuckeln zu erleichtern.
Zu häufig nachgestochene Piercings können die Brustwarze schädigen und Komplikationen hervorrufen.
Viele Piercer raten generell vom Stechen während der Schwangerschaft ab, weil ein Piercing unnötigen Stress für den Körper bedeutet, der wiederum Komplikationen während der Schwangerschaft hervorrufen kann.[27]
Brustwarzenpiercings bei Schlupfwarzen
Mit dem Begriff Schlupfwarzen werden Brustwarzen bezeichnet, die nach innen gerichtet sind. Dies kann sowohl beim Stillen Probleme verursachen oder auch als ästhetisches Problem angesehen werden. Brustwarzenpiercings können zur Korrektur von Schlupfwarzen angebracht werden.[28]
Brustwarzenpiercings und Silikonimplantate
Bei einem Brustwarzenpiercing kommt es in der Regel nicht zu einer Beeinträchtigung eines Silikonimplantates. Es wird jedoch bei einer Entfernung der Implantate – wie bei anderen Operationen auch – vorgeschrieben, die Piercings zuvor herauszunehmen.
Risiken
Beim Piercen der Brustwarze sind dieselben Vorkehrungen zu treffen wie bei den meisten anderen Piercings auch. Werden diese eingehalten, was in professionellen Studios meist der Fall ist, sind die Risiken verhältnismäßig gering. Unter unzureichenden hygienischen Voraussetzungen kann es in seltenen Fällen zu einer Mastitis kommen. Bei der Behandlung dieser bakteriellen Brustentzündung wird das Piercing in der Regel entfernt und Antibiotika verabreicht.[29]
Ebenso kann mangelnde Hygiene während der Heilperiode zu Brustabszessen führen.[23]
Bei zu dünnem Schmuckmaterial oder nicht ausreichend tief gestochenem Stichkanal kann das Piercing aus der Brustwarze herauswachsen und dabei bleibende Narben hinterlassen.
Größerer Schmuck kann sich unter Umständen durch die Kleidung abzeichnen, weswegen aus modischen und erotischen Gründen gerne enge Kleidung getragen wird, um diesen Effekt zu betonen. Zur Vermeidung wird dagegen Schmuck mit kleineren Kugelstärken gewählt. Bei unter sechzehnjährigen sollte die Einwilligung der Erziehungsberechtigten vorliegen.
Weblinks
- Brustwarzenpiercing bei gesund.co.at
Brustwarzenpiercing und Stillen:
- Nipple Piercing: Is It Compatible with Breastfeeding? (englisch) Beitrag der La Leche Liga
- Stillen nach Brustwarzen-Piercing bei stillkinder.de
Einzelnachweise
- An added benefit to nipple piercing – Imperfect Parent
- E. Kasten: Genitale Body-Modifications bei Frauen. In: Der Gynäkologe. Volume 40, Number 6, 2007, S. 489–500. doi:10.1007/s00129-007-1985-8
- Nippel-Piercings erobern Hollywood und Zürich. In: 20 Minuten. 7. Oktober 2015, abgerufen am 5. April 2021.
- Brenda G. Larkin: The ins and outs of body piercing. In: AORN journal. 79.2, 2004, S. 330–342. doi:10.1016/S0001-2092(06)60609-1
- Alle wollen Janets Brust-Piercing. Stern. 9. Februar 2004.
- Nicole Richie musste am Flughafen ihre Busen blank ziehen wegen Piercings. In: Shortnews. 17. Juli 2004.
- Britney Spears: Das kranke Spektakel. In: Die Weltwoche.
- She may be barely out of her teens – but that hasn't stopped rebellious RnB beauty CASSIE piercing both her nipples. In: The Sun.
- Playboy. Deutsche Ausgabe. September 2007.
- Agyness Deyn Gets Naked And Jumps Off Building. (Memento vom 23. Februar 2014 im Internet Archive) In: Fashion Indie. abgerufen am 21. Februar 2014.
- 10 Models Who Have Nipple Piercings. In: The front row view. abgerufen am 21. Februar 2014.
- Kylie Jenner: Nippel-Piercing in beiden Brüsten.
- Staff (October 18, 2010). Mara Rooney Piercing Nipples for New Role. In: New York Post. (via Fox News). Abgerufen am 2. Oktober 2011.
- Staff (February 26, 2010). Twilight: Does Robert Pattinson's Girlfriend Kristen Stewart Have Her Nipple Pierced? – Twilight Star Kristen Stewart Shows Off Phantom Nipple Piercing Before Date with Robert Pattinson. OK! abgerufen am 2. Oktober 2011.
- Shirtless Neil Patrick Harris Reveals Nipple Piercing at Playboy Mansion - Yahoo News (abgerufen am 21. Februar 2014)
- Lenny Kravitz Style → Body Piercings Lookbook - Style Bistro (abgerufen am 21. Februar 2014)
- On the Edge - Tim-Roth.com (abgerufen am 21. Februar 2014)
- L. B. Mayers, D. A. Judelson u. a.: Prevalence of body art (body piercing and tattooing) in university undergraduates and incidence of medical complications. In: Mayo Clinic proceedings. Mayo Clinic. Band 77, Nummer 1, Januar 2002, S. 29–34, ISSN 0025-6196. PMID 11794454.
- Zeigen, dass man anders ist. In: Die Oberbadische. abgerufen am 21. Februar 2014.
- A. Bone, F. Ncube u. a.: Body piercing in England: a survey of piercing at sites other than earlobe. In: BMJ (Clinical research ed.). Band 336, Nummer 7658, Juni 2008, S. 1426–1428, ISSN 1468-5833. doi:10.1136/bmj.39580.497176.25. PMID 18556275. PMC 2432173 (freier Volltext).
- New Trend In Fashion? Models Piercing their...! (Memento vom 13. September 2011 im Internet Archive) – Fashion Copious
- Fashion-Week Paris: Der Reiz steckt in gewissen Details. In: Blick.
- Brustabszess nach Brustwarzenpiercing: Übersicht publizierter Fallberichte und Forderung nach gesundheitspolitischen Konsequenzen. In: Deutsches Ärzteblatt. 100(8), 2003, S. A-484 / B-417 / C-394.
- Brustwarzenpiercing. (Memento vom 28. März 2007 im Internet Archive)
- Denise Both, Kerri Frischknecht: Stillen kompakt – Atlas zur Diagnostik und Therapie in der Stillberatung. Elsevier, Urban & Fischer Verlag, 2007, ISBN 978-3-437-27460-2.
- Brustwarzenpiercings – was muss man beachten? (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
- M. L. Armstrong, C. Caliendo, A. E. Roberts: Pregnancy, lactation and nipple piercings. In: AWHONN Lifelines. 10(3), 2006, S. 212–217.
- H. Hyakusoku, T. Chin: Usefulness of the nipple-suspension piercing device after correction of inverted nipples. In: Aesthetic plastic surgery. vol. 30, 2006, S. 396–398. PMID 16786205
- Brustwarzenpiercing – Verbraucherportal und Ratgeber