Bruder-Klaus-Kirche Winkeln
Die Bruder-Klaus-Kirche Winkeln ist die katholische Kirche des St. Galler Quartiers Winkeln. Sie wurde zwischen 1958 und 1959 gebaut und ist dem heiligen Bruder Klaus geweiht. Der Baustil ist äusserst modern. Architekten waren Ernest Brantschen und Alfons Weisser aus St. Gallen. Die äusserst komplizierte Berechnung des Wahrzeichens der Kirche, dem stützenlosen Betondach, übernahm Heinz Hossdorf aus Basel. Wegen der seltsamen Dachform wird die Kirche im Volksmund auch Seelenabschussrampe genannt.
Geschichte
Mitte der 1950er Jahre nahm die wirtschaftliche Bedeutung des früher nur sehr kleinen Weilers in Winkeln markant zu. Viele Industriebetriebe siedelten sich in der Umgebung an, da in der Ebene westlich der Sitter ausreichend Bauland dafür zur Verfügung stand. Mit den Betrieben zogen auch die Arbeiter und Angestellten vermehrt in dieses Quartier. Noch hatte das Quartier keine eigene Kirche, so dass die Kirchgänger teilweise recht lange Wege nach Bruggen oder Abtwil zurückzulegen hatten.
So wurde ein Architekturwettbewerb veranstaltet, um dem Ortsteil eine eigene Kirche bauen zu können. Die Kirche sollte sich markant von den Bauarbeitersiedlungen und Industriegebäuden unterscheiden. Das Projekt von Brantschen und Weisser erhielt den Zuschlag, zunächst jedoch noch mit einiger Skepsis, da die Realisierbarkeit nicht gesichert war.
Die Grundsteinlegung der Kirche fand im Jahr 1958 statt, die Inschrift MCMLVIII ist deutlich neben dem Eingang sichtbar. Am 27. September 1959 wurde die Kirche durch Bischof Joseph Hasler von St. Gallen dem heiligen Bruder Klaus geweiht.
Als Vorbereitung auf das heilige Jahr 2000 wurde das Dach umfassend saniert. Aus politischen Gründen (die Mehrkosten hätten nach geltendem Gesetz eine Volksabstimmung erforderlich gemacht), wurden weitere Renovationsarbeiten auf später vertagt. Dies löste bei vielen Mitgliedern der Pfarrei Missfallen aus, besonders weil zur Sanierung des Dachs ein teures Gerüst erstellt werden musste, mit dem auch die Aussenwand hätte neu gestrichen werden können.
Im Jahr 2005 wurde die Kirche aussen und innen komplett saniert und neu gestrichen. Als Architekten für die Renovation zeichneten Pius und Walter Gemperli verantwortlich. Die ursprünglich weissen Wände, die im Laufe der Zeit grau bis fast schwarz geworden waren, erscheinen jetzt wieder hell und klar. Die Wände hellen so den Innenraum deutlich auf. Da die Fenster sehr klein sind, ist dieser Effekt besonders stark sichtbar, selbst beim (praktisch immer benötigten) Einsatz von künstlichem Licht. Alfons Weisser, der ursprüngliche Architekt der Kirche, zeigte sich bei einer Besichtigung der Baustelle von den Arbeiten beeindruckt.
Architektur
Wohl durch den von Le Corbusier beim Bau der Wallfahrtskirche Notre-Dame-du-Haut bei Ronchamp zwei Jahre zuvor vorgezeigten markanten Bruch mit der Kirchenarchitektur vorangegangener Jahrzehnte entschieden sich Weisser und Brantschen auf eine zu jener Zeit revolutionär moderne Bauform. Sämtliche Wände bestehen aus Sichtbeton, teilweise weiss getüncht. Die von verschiedenen Künstlern erstellten farbigen Fenster sind sehr klein und lassen den Raum in permanentem farbigem Dämmerungslicht erscheinen, wenn die Scheinwerfer ausgeschaltet sind.
Der annähernd quadratische Grundriss der Kirche wird von einem ursprünglich nur 7 cm dicken Betondach überspannt, das mit den meterdicken Aussenwänden in den Ecken abgespannt wird. Während der Sanierungsarbeiten vor 2000 wurde die Decke zur besseren Wärmeisolation mit einer zusätzlichen Schaumstoffschicht versehen.
Da dem zuständigen Ingenieur Heinz Hossdorf 1958 keine Computer zur Verfügung standen, die eine ausreichende Rechenleistung gehabt hätten, um die komplexe Statik der Dachkonstruktion zu berechnen, musste er sich mit mehreren Modellversuchen helfen. Er baute die Dachkonstruktion massstäblich zunächst aus Kunststoff, später aus armiertem Mörtel, über einem vollen Wasserbad nach. Danach behängte er das Dach mit einer Matrix von Stäben mit Gewichten und Schwimmern am Ende. Wenn nun das Wasser abgelassen wurde, sollte das Dach nicht reissen und sich zudem elastisch verhalten, also die ursprüngliche Form beim Entfernen der Gewichte wieder einnehmen.
Der Chorraum der Kirche erscheint ohne Schmuck sehr kahl. Neben dem Altar steht einzig der Tabernakel; an der grossen Rückwand befindet sich das klein wirkende Kreuz und darunter in einer Nische, die ursprünglich für die Aussetzung der Monstranz gedacht war, eine Abstraktion des Rades von Bruder Klaus.
Der Campanile enthält ein Glockengeläut von fünf Glocken. Diese wurden am 28. April 1959 in Heidelberg gegossen.
Nr. | Name | Gewicht | Durchmesser | Schlagton |
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1 | Dreifaltigkeitsglocke | 2'400 kg | 151 cm | c1 |
2 | Marien- oder Ave-Glocke | 1'350 kg | 126 cm | es1 |
3 | Bruderklausenglocke | 950 kg | 112 cm | f1 |
4 | Barbara-Glocke | 700 kg | 100 cm | g1 |
5 | Schutzengelglocke | 400 kg | 85 cm | b1 |
Das benachbarte Kirchgemeindehaus, das ursprünglich auch als Pfarrhaus diente, wurde im gleichen Stil wie die Kirche von E. Grünenfelder erbaut.
Die Kirche hat für die Renovation im Jahr 2005 Bundesbeiträge erhalten und steht damit unter Bundesschutz. Dies ist für ein Gebäude aus den 1950er Jahren eine äusserste Seltenheit.
Literatur
- Kunstführer Nr. 806, Verlag Schnell & Steiner, Regensburg 2009 (2. Auflage), ISBN 978-3-7954-4530-0
Weblinks
- Bilder der Renovation im September 2005 (Memento vom 12. Dezember 2005 im Internet Archive)
- Bruder-Klaus-Kirche Winkeln auf der Plattform ETHorama