Brauerei zum St. Georg (Floridsdorf)
Die Brauerei zum Sankt Georg war eine Bierbrauerei der Familie Mautner von Markhof im 21. Wiener Gemeindebezirk Floridsdorf im Bereich der Prager Straße 20 und 31–33.[1]
Geschichte
Georg Heinrich Mautner von Markhof (1840–1904) aus der Brauerfamilie übersiedelte 1864 in ein neues Betriebsgelände in Floridsdorf, wo nun an der Prager Straße 20 ebenfalls Kunst- bzw. Presshefe und Spiritus produziert wurden und errichtete dort eine eigene Villa (Mautner Villa). Sein älterer Bruder Carl Ferdinand (1834–1896) führte weiterhin das Unternehmen des Vaters Adolf Ignaz Mautner & Sohn in Sankt Marx. 1872 kaufte er gemeinsam mit seinem Schwager Otto Freiherr von Waechter eine Mühle auf dem Grundstück zur Gerichtsgasse hin und erweiterte den Betrieb um eine Malzfabrik, die als "Waechter & Mautner" bald die größte in Österreich-Ungarn und 1890 von Carl Ferdinand gekauft wurde. Da die Presshefe-Produktion in St. Marx an ihre Kapazitätsgrenzen gestoßen war, wurde die gesamte Floridsdorfer Hefeproduktion an die Brauerei St. Marx abgeliefert. In der Prager Straße 33 ließ Georg Heinrich 1902 ein neues Wohnhaus (Mautner Schlössl) errichten. Der Betrieb selbst wurde 1893 zur Brauerei zum Sankt Georg ausgebaut und verzeichnete im Jahr 1900 31 Beamte und 300 Arbeiter.[2]
Innerhalb kürzester Zeit stieg so die Brauerei zum Sankt Georg – nach Schwechat, Sankt Marx und Liesing – zur viertgrößten Wiener Brauerei auf. Es wurden drei Gattungen Bier erzeugt: Das 10- bis 11-gradige Abzugsbier, ein 13- bis 14-gradiges Wiener Lagerbier und ein wie Pilsner Bier gebrautes lichtes hopfenbitteres Bier, das Märzenbier genannt wurde. Dieses untergärige St. Georgs Märzenbier sollte bald eines der berühmtesten Biere Europas werden. Neben der Verleihung des Ehrendiploms bei der „Internationalen II. Wiener Kochkunst-Ausstellung“ 1898, der höchsten Auszeichnung von Konsumenten und Wirten in Bezug auf die Ebenbürtigkeit mit dem Pilsner, zeugte auch das Überschreiten der 200.000 Hektoliter Marke im Jahr 1900 von Qualität und Beliebtheit. Die architektonische Besonderheit der Brauerei war der oberirdische Lager- und Gärkeller im ersten Stockwerk „mit den allerbesten Eis- und anderen Maschinen“ und fünf Dampfmaschinen mit 240 PS. Ein Kuriosum der Brauerei waren zwei indische Wasserbüffel, die einen Wagen zogen, der zwischen den beiden Standorten Prager Straße 20 (Brauerei) und 31 (Fassbinderei) verkehrte.[3]
Für die Aufnahme der Brautätigkeit in Floridsdorf sprach auch der günstige Standort in der aufstrebenden und bevölkerungsstarken Gemeinde nahe dem hinter der Brauerei liegenden Verbindungsgleis zur Nordwestbahn. Floridsdorf wäre beinahe Hauptstadt von Niederösterreich geworden, wenn sich Karl Lueger als Wiener Bürgermeister nicht durchgesetzt und es Wien nicht eingemeindet hätte.
Beim Tod Georg Heinrichs 1904, übernahmen seine Söhne Theodor (1869–1947) und Georg Anton (1875–1934), die Geschäfte. In der Folge sahen sie sich einem Preiskampf mit der Brauerei Göss ausgesetzt und auch der Erste Weltkrieg hinterließ seine Spuren: die für Kriegszwecke abgelieferten Materialien konnten nicht ersetzt werden. Die Produktion sank von 200.000 Hektolitern (1913) auf 130.000 und 1933 konnten nur noch knapp über 50.000 erzeugt werden.
1930 wurde die Brauerei in eine Aktiengesellschaft mit dem Namen Mautner Markhof Brauerei St. Georg AG umgewandelt, Präsident des Verwaltungsrates war Theodor, sein Bruder Georg fungierte als Vizepräsident und deren jeweils älteste Söhne Gerhard (1901–1971) und Georg Heinrich (1869–1947) werden Mitglieder des Verwaltungsrates. Die finanzielle Lage war angespannt und die Auszahlung einer Dividende konnte nicht erwogen werden. Allerdings wurde es durch die Einbringung der gesamten Aktiengesellschaft durch die Familie Mautner Markhof 1936 möglich, die Aktienmehrheit an der Brauerei Schwechat AG zu übernehmen. Die Brauerei zum Sankt Georg wurde im selben Zug stillgelegt und nur mehr ein Schwechater-Bierdepot eingerichtet. Die Eiserzeugung, ebenso die Sodawasser- und Limonadenproduktion wurden am Standort fortgesetzt. Die Hefe- und Spiritusfabrik hatte die Produktion schon lange zuvor eingestellt, da sich entsprechende Fabrikationsanlagen ohnehin im Besitze der Familie in Simmering befanden. Das Areal wurde zum Ende des Zweiten Weltkrieges größtenteils zerstört. 1948 konnte die Limonadenproduktion wieder aufgenommen werden. In den Folgejahren wurde das Firmenareal etappenweise der Gemeinde Wien verkauft und 1955 die Baureste der Brauerei schließlich gänzlich abgetragen sowie die Produktion nach Simmering verlagert. Erhalten geblieben sind die beiden Fabrikanten-Villen, die nach Auszug der Familie Mautner Markhof 1942 bzw. 1971 nun öffentlich genutzt werden: Im Bereich der Prager Straße 33 (Mautner Schlössl) befindet sich das Bezirksmuseum Floridsdorf; auf Nummer 20 (Mautner Villa) betreibt die Stadt die zentrale Geschäftsstelle der Jugendzentren Wiens.[4]
Produkte
In der Brauerei zum St. Georg wurden Biere mit dem Namen Starkbier, Schwarzquell, Neuquell, Lagerbier, Spezialmärzen, Doppel-Schankbier und Abzugbier gebraut.
Literatur
- Christian M. Springer, Alfred Paleczny, Wolfgang Ladenbauer: Wiener Bier-Geschichte, Wien 2016, ISBN 978-3-205-20437-4, S. 170–175
Weblinks
Einzelnachweise
- Lage der Brauerei am Wiener Generalstadtplan 1912
- Alfred Paleczny: Mautner Markhof – Der Beginn einer Wiener Familien- und Unternehmensgeschichte, in: Susanne Claudine Pils (Hrsg.): Studien zur Wiener Geschichte. Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien, Band 74, Verein für Geschichte der Stadt Wien, Wien 2018, S. 111 ff., hier: Die Unternehmensgründungen in Floridsdorf, S. 138–144
- Brauerei zum St. Georg. In: Mautner-Markof. Abgerufen am 19. Dezember 2020.
- Christian M. Springer, Alfred Paleczny, Wolfgang Ladenbauer: Wiener Bier-Geschichte, Wien 2016, ISBN 978-3-205-20437-4, S. 170–175