Brüderstraße (Hamburg)
Geschichte
Die Brüderstraße wurde ebenso wie die benachbarte Wexstraße von den Brüdern Friedrich Hermann und Ernst Wex[1] als Privatweg angelegt. Sie vermittelt einen Eindruck von Hamburgs Aussehen um die Wende zum 20. Jahrhundert.[2] Die Brüder Wex hatten 1866 zahlreiche Grundstücke östlich des Großneumarkts aufgekauft und, nachdem die Brüder- und die Wexstraße angelegt worden waren, mit repräsentativen Etagenwohnhäusern bebaut. Diese Maßnahme kann als erste Sanierungsmaßnahme in den Gängevierteln überhaupt gesehen werden. Etwa hundert Jahre später wurde das Gebiet nach dem Städtebauförderungsgesetz als Sanierungsgebiet ausgewiesen. Die Veränderungen, die in den 1970er und 1980er Jahren vorgenommen wurden, wurden schon bald darauf kritisch gesehen.[3] Laut einem Reiseführer aus dem Jahr gab es allerdings hinter den gründerzeitlichen Fassaden nur kleine, lichtarme Wohnungen.[4]
Mittlerweile stehen die Häuser Brüderstraße 1, 2, 3, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 13, 14, 15, 17, 19, 20, 21, 23, 25, 27 und 29 unter Denkmalschutz.[5]
Nachdem der Hamburger Senat 1921 mit der Schließung von Bordellen begonnen hatte, beklagten Geschäftsleute in der Brüder- und in benachbarten Straßen die geschäftsschädigende Wirkung der Niederlassung der bislang bordellierten Frauen in dieser Gegend: Die Kunden der ansässigen normalen Geschäfte mieden jetzt die Gegend und die Ehefrauen der Geschäftsleute fühlten sich belästigt. Die Probleme, die durch die Schließung der Freudenhäuser entstanden, konnten jahrelang nicht gelöst werden und Hamburg wurde schließlich gar als „Cloaca maxima Norddeutschlands“ bezeichnet.[6]
Gegen Ende der 1960er Jahre existierte in der Brüderstraße 17 die sogenannte Filmmacherei,[7] hervorgegangen aus Werner Grassmanns „Studio Galerie“. Ein Film-In, das hier 1967 veranstaltet wurde, gilt als „Beginn des Anderen Kinos“ und damit des Programmkinos.[8]
Das Haus Nr. 8 geriet 1970 in den Fokus der Presse, nachdem Axel Springer das Gebäude gekauft und die Miet- und Wasserkosten für die Bewohner extrem angehoben hatte. Bei einer Versammlung der Betroffenen in dem Lokal Elfriede Matthiesen an der Ecke Wex-/Brüderstraße traten zwei Personen spontan der DKP bei. Selbst ein Reporter der Bildzeitung, der für Springer einen Spezialreport über die Veranstaltung verfasste, schlug eine Überprüfung vor. Die Miet- und Nebenkostenerhöhungen wurden nach diversen Protesten zum Teil wieder zurückgenommen und mit dem Versehen einer Angestellten erklärt.[9]
Trivia / Medien
- Brüderstraße und Umgebung werden häufig für Dreharbeiten genutzt. So wurde zum Beispiel der Werbespot "Knut" 2010 des Möbelkonzerns Ikea in der Brüderstraße aufgenommen.[10]
- Der Autor Uwe Timm siedelt einen Großteil seiner Novelle Die Entdeckung der Currywurst in der Brüderstraße an. Die Protagonistin Lena Brücker lebt hier in einer Dachgeschosswohnung, wo sie durch einen Zufall im Treppenhaus Ketchup und Gewürze vermischt und in der Folge die Currywurst entwickelt.[11]
Einzelnachweise
- Friedrich Hermann Wex lebte von 1833 bis 1887. Sein Bruder Ernst Wex war Architekt. Er lebte von 1836 bis 1893. Vgl. Volker Plagemann, Die Kunst in Hamburg von der Aufklärung in die Moderne, Dölling & Galitz 2002, ISBN 978-3-935549-38-7, S. 142.
- Gudrun Altrogge, ADAC Reiseführer plus Hamburg. Mit extra Karte zum Herausnehmen, ADAC-Verlag 2008, ISBN 978-3-89905-244-2, S. 61.
- Ralf Lange, Architekturführer Hamburg, Edition Axel Menges 1996, ISBN 978-3-930698-58-5, S. 59 f.
- Eva Gerberding und Annette Maria Rupprecht, DuMont Reise-Taschenbuch Reiseführer Hamburg: Mit Extra-Reisekarte und 10 Entdeckungstouren, Ostfildern 2009, ISBN 978-3-7701-7226-9, S. 118. Hier wird statt Friedrich Hermann Wex ein Adolph Wex genannt.
- Denkmalverzeichnis (PDF; 1,1 MB).
- Michaela Freund-Widder, Frauen unter Kontrolle. Prostitution und ihre staatliche Bekämpfung in Hamburg vom Ende des Kaiserreichs bis zu den Anfängen der Bundesrepublik, Lit Verlag 2003, ISBN 978-3-8258-5173-6, S. 34 ff., Zitat von S. 41.
- Filmwissenschaft in Hamburg (Memento vom 28. Juli 2003 im Internet Archive)
- Filmportal.de.
- Spiegel-Bericht über Springers Mieterhöhung.
- Ikeas Werbespot in der Brüderstraße (YouTube-Video).
- Uwe Timm: Die Entdeckung der Currywurst. Kiepenheuer und Witsch, Köln 1993, ISBN 3-462-02461-2.