Boshin-Krieg
Der Boshin-Krieg (japanisch 戊辰戦争, Boshin sensō) wurde 1868–1869[Anm 1] zwischen dem Tokugawa-Bakufu und den kaiserlichen Truppen Japans ausgefochten. Die Niederlage des Bakufu machte den Weg frei für eine im Rahmen der Meiji-Restauration durchgeführte grundlegende Umgestaltung der japanischen Gesellschaft.
Hintergrund
Es hatte schon mehrere Jahre Uneinigkeit zwischen dem Bakufu und der reformistischen Sonnō-jōi-Bewegung geherrscht. Am 8. November 1867[Anm 2] hatten sich die rebellischen Han Tosa, Satsuma und Chōshū auf ein gemeinsames Vorgehen zum Sturz des Bakufu geeinigt. Der regierende Shōgun Tokugawa Yoshinobu erklärte am nächsten Tag die Rückgabe seines Amtes (大政奉還, taisei hōkan), verzichtete damit aber nicht ausdrücklich auf die Mitwirkung in einer neuen Regierung.
Im internationalen Wettstreit der Großmächte war der Boshin-Krieg auch ein Kräftemessen zwischen dem französischen Kaiserreich, das offen das Tokugawa-Bakufu bzw. die noch shogunatstreuen nordjapanischen Rebellen unterstützte, und dem Vereinigten Königreich, das „neutral“ blieb, indem es die südjapanische Rebellion bzw. die neue Meiji-Regierung bewaffnete.
- Thomas Glover, ein schottischer Händler in Nagasaki, lieferte Waffen an Satsuma und Chōshū und half mehreren Satsuma-Chōshū-Samurai (darunter 1863 Itō Hirobumi, Inoue Kaoru)[1], in England zu studieren.
- Die französische Militärgesandtschaft 1867 vor der Abreise nach Japan
- Waffen aus dem Boshin-Krieg (britische Snider, amerikanische Starr und eine Muskete unbekannter Herkunft)
- Japanisches Minié-Gewehr
- Armstrong-Kanone der Armee von Saga aus der Schlacht von Ueno
Kriegsverlauf
Die Ereignisse spitzten sich am 3. Januar 1868 zu, als die Reformer-Allianz im Namen des Kaisers das Shogunat für vollständig abgeschafft erklärte. Drei Wochen später setzte Tokugawa Yoshinobu nach Ankündigung der Niederschlagung der Satsuma (討薩の表, tōsatsu no hyō) seine Truppen in Richtung Kyōto, den Sitz des Tennō, in Bewegung. Trotz einer Überlegenheit von drei zu eins und Ausbildung durch französische Militärberater führte die erste größere Schlacht von Toba-Fushimi zu einer vollständigen Niederlage der 15.000 Mann starken, aber schlecht geführten Truppe des Shōguns. Dies zwang Yoshinobu zur Flucht mit dem Schiff nach Edo.
Saigō Takamori führte nun die siegreichen kaiserlichen Truppen, ohne auf nennenswerten Widerstand zu treffen, zunächst nach Edo, das Anfang April erreicht wurde. Nach Verhandlungen am 5. und 6. April, die auf der Tokugawa-Seite von Katsu Kaishū[2] mit Saigō geführt wurden, wurde am 3. Mai Edo kampflos übergeben. Katsu erreichte dabei, dass die Tokugawa-Familie in ihrer Existenz, auch für die Zukunft, bestätigt wurde. Eine Truppe aus Shōgun-Anhängern, die sich „Shōgitai“ (彰義隊) nannte, versuchte den Kan’ei-Tempel auf dem Ueno-Hügel (das Ausweichquartier des Shōguns) zu sichern, wurde aber am 4. Juli von der neuen Armee unter Leitung von Ōmura Masujirō vollständig besiegt. Durch den Artilleriebeschuss ging dabei die große alte Tempelanlage verloren.
Der Krieg war damit noch nicht beendet, denn in Nordjapan leisteten eine Reihe von verbündeten Tokugawa-treuen Daimyō monatelang Widerstand, vor allem der von Matsudaira Katamori geführte Aizu-Wakamatsu-Han. Schließlich kapitulierte auch er am 6. November. Dabei kam es in und um Wakamatsu verbreitet zum Seppuku, am bekanntesten ist der gemeinsame von 19 jungen Kriegern des „Weißer-Tiger-Korps“ (白虎隊, Byakkotai), die sich auf einem Vorposten verloren glaubten.
Bereits vorher war der in den Niederlanden ausgebildete Marineoffizier Enomoto Takeaki[3] mit der Kaiyōmaru und sieben weiteren Schiffen des Bakufu und einigen französischen Beratern (besonders Jules Brunet) nach Hokkaidō geflohen und errichtete dort die Republik Ezo. Die Flotte der neuen Regierung erreichte 1869 Hokkaidō und konnte die Enomoto-Flotte, die bereits Ende 1868 ihr stärkstes Schiff, die Kaiyōmaru, infolge eines Sturmes verloren hatte, in der Seeschlacht von Hakodate (4.–10. Juni) vernichten. Daraufhin konnte auch die 1864 nach europäischem Vorbild angelegte sternförmige Festung Goryōkaku ungehindert beschossen werden. Enomoto kapitulierte am 27. Juni 1869. Damit war der Boshin-Krieg beendet.
Nachbemerkung
Enomoto nahm später Aufgaben für die neue Regierung wahr. U. a. wurde er Botschafter in Russland und bekleidete auch Posten in der Regierung. Auch Katsu arbeitete in hohen Positionen für die neue Regierung.
Eine Rolle bei der Beschaffung europäischer Feuerwaffen für das Shogunat spielten auch die beiden deutschen Brüder Henry und Eduard Schnell, von denen letzterer auch einen japanischen Namen annahm.[4]
Anmerkungen
- Boshin ist die Jahresbezeichnung nach dem aus China übernommenen Sechzig-Jahre-Zyklus und bezeichnet das (Mond-)Jahr 1868. Das Erde-Drachen-Jahr (Erde = bo, Drache = shin) kommt alle 60 Jahre wieder, das nächste Mal 2048.
- Bei Datumsangaben ist zu beachten, dass auch moderne japanische Geschichtsbücher nach dem damals gültigen japanischen Kalender datieren. Dort lautet dieses Datum „13. Tag des 10. Monats im Jahr Keiō 3“.
Einzelnachweise
- Marius B. Jansen: The Making of Modern Japan, Harvard 2000, S. 320.
- Konversationslexikon Kōjien: Eintrag Katsu Kaishū
- Konversationslexikon Kōjien: Eintrag Enomoto Takeaki
- Hirohisa Kawaguchi: Henry Schnell and Japanese Immigration to the United States. (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive) In: i-repository.net. Abgerufen am 18. Dezember 2013 (PDF).
Literatur
- S. Noma (Hrsg.): Boishin Civil War. In: Japan. An Illustrated Encyclopedia. Kodansha, 1993. ISBN 4-06-205938-X, S. 117.
- S. Nakamura: Meiji ishin. (Band 16 der Geschichte Japans). Verlag Shūeisha, 1992, ISBN 4-08-195016-4. (japanisch)
- A. Tanaka: Kaikoku to tōbaku. (Band 15 der Geschichte Japans). Verlag Shūeisha, 1992, ISBN 4-08-195015-6. (japanisch)
- A. R. Weber: Kontorrock und Konsulatsmütze. Nachdruck (gekürzt) der Originalausgabe von 1886. Deutsche Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens, 1973.
Weblinks
- Der Boshin-Krieg auf sekai no rekishi mappu (etwa: Karten zur Weltgeschichte) 21. Februar 2021 (japanisch)
- 戊辰戦争、津藩と桑名藩, 21. Februar 2021 (japanisch), hrsg. von der Präfektur Mie
- The Battle of Ezo auf homepage3.nifty.com (japanisch)
- Boshinshoyo Kinki oyobi Gunki Shinzu, precise reproduction of Imperial Standard and the colors used by Government Army during Boshin War (1868) auf digital.archives.go.jp (englisch)