Blue Hole (Ägypten)
Das Blue Hole (englisch für ‚Blaues Loch‘) ist ein Loch im Dach des Küstensaumriffs an der ägyptischen Küste des Roten Meeres und ein beliebter Tauchplatz. Es liegt 10 km nördlich von Dahab an der Ostküste der Sinai-Halbinsel am Golf von Aqaba. Wegen zahlreicher Unfälle wird das Blue Hole oft als gefährlichster Tauchplatz der Welt bezeichnet.
Allgemein
Das Blue Hole ist ein großes Loch im Riffdach des Küstensaumriffes, welches senkrecht in Tiefen von 70 m bis 110 m abfällt. Es hat einen Durchmesser von 50 bis 65 m. Der Sattel genannte Übergang des Blue Hole zum offenen Roten Meer liegt auf ungefähr 6 m Tiefe.
Innerhalb des Blue Holes gibt es überwiegend nur noch abgestorbene Korallen und auch relativ wenig anderes maritimes Leben. Auch ist das Wasser durch den gezeitenbedingten Abfluss vom Riffdach meist eingetrübt; die durchschnittliche Sichtweite beträgt etwa 20 bis 25 m. Geführte Tauch- und Schnorcheltripps werden deshalb überwiegend (mit der Strömung) entlang des Steilabfalls des Außenriffs (bis maximal 40 m Tiefe), über den Sattel hinweg und schließlich flach innen am Rand des Blue Hole entlang durchgeführt. Als Einstieg dient zumeist der Tauchplatz Bells, der sich etwa 150 m nordöstlich vom Blue Hole befindet; der Ausstieg erfolgt üblicherweise im Blue Hole.
Die kleine Bucht und das sensible Korallenriff werden zu fast jeder Jahreszeit von zahlreichen Touristen besucht; in Hochzeiten wurde von mehr als 1000 Touristen am Tag berichtet. Der Platz wird bei organisierten Jeep-Trips und mit Reisebussen aus Scharm asch-Schaich, Dahab, Nuwaiba und Taba angefahren. Dadurch zählt das Blue Hole zu den meistbesuchten Tauch- und Schnorchelplätzen der Welt. Im Wasser tummeln sich manchmal mehr Menschen als in einem überfüllten Schwimmbad. Das schmale Ufer wird dicht an dicht von Restaurants gesäumt, deren überlastete Sanitäreinrichtungen dem Ansturm kaum gewachsen sind.
The Arch bzw. die Kathedrale
Das Blue Hole weist eine Verbindung zum offenen Meer auf, die wegen ihrer Form als The Arch (englisch für ‚der Bogen‘) oder auch als Kathedrale bezeichnet wird. Der Durchlass reicht vom Grund des Blue Hole von etwa 102 m Tiefe hinauf auf circa 52 m Tiefe; am Außenriff erstreckt er sich zwischen ungefähr 120 m Maximal- und 57 m Minimaltiefe. Am oberen Ende (bei rund 55 m Tiefe) ist der Durchlass nur wenige Meter breit. Der Tunnel ist rund 26 m lang. Auch an der Außenkante bildet das Korallenriff einen nahezu senkrechten Steilabfall, der sich unterhalb des Ausgangs des Blue Hole als steiler Hang bis in über 250 m Tiefe fortsetzt.
Das Durchtauchen des Durchbruchs vom Blue Hole zum Außenriff gilt als gefährlich. Es ist nicht möglich, ohne die im Sporttauchen üblichen Tiefengrenzen der Tauchsportverbände (30 bzw. 40 Meter) zu überschreiten, und sollte im Tieftauchen erfahrenen bzw. technischen Tauchern mit speziellem Atemgasgemisch (Trimix) sowie adäquater Tauchausrüstung vorbehalten sein. Selbst für erfahrene Taucher stellt das Durchtauchen nicht zuletzt aufgrund unkalkulierbarer Strömungsverhältnisse (u. a. gelegentlich auftretende Abwärtsströmungen) ein erhebliches Risiko dar.[1] Ein oder mehrere unvorhergesehene Probleme können dann im Zusammenhang mit dem in dieser Tiefe stark eingeschränkten Urteils- und Reaktionsvermögen (siehe Tiefenrausch) schnell zu einer lebensbedrohenden Ereigniskette führen.
Mehrere trainierte Apnoetaucher haben The Arch ohne mitgeführtes Atemgas mit angehaltenem Atem in zwei bis drei Minuten durchtaucht. Als erstes soll dies 2003[2] dem Österreicher Herbert Nitsch gelungen sein. Des Weiteren sind unter anderen die Russin Natalja Moltschanowa (2005) und der Deutsche Andreas Güldner (2006) durch den Durchbruch getaucht. Im Juni 2007 tauchte der Kanadier William Winram als erster ohne Flossen durch den Tunnel.[3] Der Neuseeländer William Trubridge tauchte im Juli 2007 als erster ohne Flossen, Tauchanzug und Gewichte durch The Arch.[4]
Tödliche Tauchunfälle
Zwischen 1997, dem Beginn der offiziellen Zählung, und 2011 sind nach Angaben der ägyptischen Behörden insgesamt 130 Taucher im Blue Hole tödlich verunglückt.[5] Schätzungen gehen von circa 300 Todesfällen an diesem Tauchplatz seit Beginn des Tauchtourismus Anfang der 1980er-Jahre aus. Die meisten Toten, fast ausschließlich Männer und erfahrene Taucher, blieben verschollen. Vermutlich ist das Blue Hole der Tauchplatz mit den meisten tödlich verunglückten Tauchern weltweit.[6] Verunglückte Taucher sinken meist bis auf den abfallenden, sandigen Boden; die meisten Leichen liegen zwischen 100 und 120 m Tiefe. Bergungen sind entsprechend aufwendig.
An der die Bucht in nördlicher Richtung begrenzenden Felswand sind mehrere Gedenktafeln für hier tödlich verunglückte Taucher angebracht. Darunter auch für Yuri Lipski, der im Jahr 2000 im Alter von 22 Jahren bei einer Tiefe von rund 90 Metern unter der Wasseroberfläche mit einer Videokamera seinen eigenen Tod festhielt.[7][8][9]
Literatur
- Dimitri Ladischensky: Der Knochensammler vom Blue Hole. In: Die fatale Lust an der Tiefe. Das Blue Hole im Roten Meer ist der Mount Everest der Taucher (= Mare. Nr. 90). Februar 2012, ISBN 978-3-936543-85-8, S. 12 ff. (Textauszüge online).
- Maik Großekathöfer: Im Knochengarten. In: Der Spiegel. Nr. 28, 2012, S. 104–107 (online – 9. Juli 2012).
Weblinks
Einzelnachweise
- Michael Böhm: Die gefährlichsten Tauchspots der Welt – Blue Hole: Blaues Grab im Roten Meer. In: Focus Online, 24. März 2014, abgerufen am 28. November 2020.
- Herbert Nitsch sprengt alle Grenzen! In: taucher.net, 2. April 2003, abgerufen am 27. November 2020.
- First person to freedive the Arch at Dahab's Blue Hole. In: Diving Almanac & Book of Records, 27. August 2007, abgerufen am 28. November 2020 („without scuba gear“; vgl. Foto).
- First person to freedive the Arch at Dahab's Blue Hole [No equipment]. In: Diving Almanac & Book of Records, 27. August 2007, abgerufen am 27. November 2020.
- Dimitri Ladischensky: Der Knochensammler vom Blue Hole. In: Mare, Nr. 90, Februar 2012, hier S. 17.
- Heinz Krimmer: Der Taucherfriedhof. Interview mit Tarek Omar auf der Website des Tauchjournalisten Heinz Krimmer, abgerufen am 12. August 2017.
- Fatal diving accident caught on tape: Yuri Lipski. Dailymotion.com (Video; 7:16 Min.), abgerufen am 28. November 2020.
- Edmund Bower: Top diver’s death casts long shadow over deep beauty of the Blue Hole. In: The Observer, 27. August 2017, abgerufen am 28. November 2020 (englisch).
- Maik Großekathöfer: Im Knochengarten. In: Der Spiegel. Nr. 28, 2012, S. 104–107 (online). Hier S. 106.