Blaue Heckenkirsche
Die Blaue Heckenkirsche (Lonicera caerulea), auch Blaue Doppelbeere, ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Heckenkirschen (Lonicera) innerhalb der Familie der Geißblattgewächse (Caprifoliaceae). Sie ist zirkumpolar verbreitet.
Blaue Heckenkirsche | ||||||||||||
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Blaue Heckenkirsche (Lonicera caerulea var. edulis) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Lonicera caerulea | ||||||||||||
L. |
Beschreibung
Vegetative Merkmale
Die Blaue Heckenkirsche ist ein Strauch, der Wuchshöhen von 60 bis 80, selten bis zu 150 Zentimetern erreicht. Die Rinde der nicht windenden Äste und Zweige ist anfangs dunkelbraun sowie teilweise bereift und später ist sie graubraun sowie abblätternd. Die Winterknospen sind braun-rot, teilweise bläulich bereift. Die Endknospen sind bei einer Länge von 9 Millimetern kugelig mit einer ausgezogenen Spitze. Die Seitenknospen sind eilänglich, abstehend und besitzen gekielte Knospenschuppen. Häufig kommen Beiknospen vor.
Die gegenständig angeordneten Laubblätter sind in Blattstiel und Blattspreite gegliedert. Der Blattstiel ist bis zu 5 Millimeter lang. Die einfache Blattspreite ist bei einer Länge von bis zu 7 Zentimetern elliptisch-eiförmig und ganzrandig.
Generative Merkmale
Die Blütezeit reicht von Mai und Juni. Die Blüten stehen zu zweit in den Blattachseln an einem gemeinsamen Stiel (Hypopodium), der kürzer als die Blüten ist.
Die Blüten sind grünlich-gelb und schwach zygomorph. Die beiden Fruchtknoten eines Blütenpaares sind fast vollständig miteinander verwachsen.
Aus diesem Doppelfruchtknoten entstehen falls eine Befruchtung erfolgt ist wenigsamige, schwarzblaue Doppelbeeren.
Die Chromosomenzahl beträgt je nach Varietät 2n = 18 oder 36.[1]
Vorkommen von Lonicera caerulea var. caerulea
Das Verbreitungsgebiet der in Europa heimischen Varietät Lonicera caerulea var. caerulea reicht von den Pyrenäen über die Alpen bis ins südwestliche Tschechien und nach Südosten bis Bulgarien. In Deutschland kommt sie nur in Baden-Württemberg und Bayern vor. In Österreich kommt sie in allen Bundesländern außer Wien und Burgenland vor.
Lonicera caerulea var. caerulea wächst in feuchten Wäldern, Gebüschen, in der Krummholzregion und in Hochmooren. Sie besiedelt vor allem feuchte bis nasse, nährstoff- und kalkarme Rohhumusböden. Lonicera caerulea var. caerulea kommt von der montanen bis zur subalpinen Höhenstufe bis in Höhenlagen bis zu 2100 Metern vor. In den Allgäuer Alpen steigt Lonicera caerulea var. caerulea im Tiroler Teil auf der Mutte nahe der Jöchelspitze bis in eine Höhenlage von 2010 Meter auf.[2]
Lonicera caerulea var. caerulea ist in Mitteleuropa eine Charakterart der Ordnung der Fichtenwälder (Piceetalia abietis), kommt aber auch in den Gesellschaften der Ordnung der Schlehen-Hecken (Prunetalia spinosae) und der Grau-Weiden-Gebüsche (Salicion cinereae) vor.[1]
Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 3 (mäßig feucht), Lichtzahl L = 3 (halbschattig), Reaktionszahl R = 2 (sauer), Temperaturzahl T = 2 (subalpin), Nährstoffzahl N = 2 (nährstoffarm), Kontinentalitätszahl K = 3 (subozeanisch bis subkontinental).[3]
Nutzung
Die Beeren europäischer Varietäten sind von üblem Geschmack, bei östlicheren wohlschmeckend.[4] Der Geschmack guter Sorten hat Aspekte von Heidel- und Himbeeren, mit zusätzlichen charakteristischen Noten. Extrem frühe Fruchtreife (noch vor Erdbeeren), gute Winterhärte sowie der besondere Geschmack und ein hoher Gehalt an Antioxidantien tragen zum Interesse an der Kultur bei. Die Pflanzen akzeptieren ein breites Spektrum an Böden, zehren nicht stark, fruchten jung und sind anspruchsarm bezüglich Beschnitt.
Die Früchte werden auf Hokkaido seit Jahrhunderten verwendet. Seit den 1950er Jahren beschäftigen sich sibirische Züchter mit der Frucht. Bis in die 1980er Jahre war erst eine Kultursorte erhältlich.[5] Ende der 1990er begannen auch in der westlichen Welt Züchtungsbemühungen zur Fruchtgewinnung, maßgeblich angestoßen von Maxine M. Thompson und Jim Gilbert. Damit nimmt das Interesse an der Kultur seit kurz nach der Jahrtausendwende enorm zu. Entsprechende Kulturpflanzen sind mittlerweile auch in den meisten deutschen Baumärkten erhältlich.[6][7][8] Gezüchtet wird hauptsächlich mit Pflanzenmaterial von (Ost-)Sibirien, Japan und den Kurilen. In den 2000er Jahren wurden vor allem die Sorten ‚Maistar‘ und ‚Mailon‘ angebaut.[9][10] Später wurden unter anderem die 2012 bzw. 2014 herausgegebene[11] Aurora sowie die spätreifende Boreal-Sortenserie[12] (Blizzard, Beauty, Beast) der University of Saskatchewan[13] und Vostorg[14][15] („Entzückung“, 2012) vom FGUP Baktscharskoje populär, wobei in Nordamerika eher kanadische, in Europa mehr russische Züchtungen angebaut werden.
Der Ertrag wird stark gesteigert, wenn genetisch diverse Pollenquellen in der Nähe sind. Es wird daher empfohlen, mehrere Sorten zu pflanzen.
Lonicera caerulea wird wegen der dekorativen Blüten und bemerkenswerten Früchte auch als Zierstrauch verwendet.
Aufgrund schlechter Anpassung von Lonicera caerulea an hohe Sommertemperaturen und lange Vegetationsperioden stellen mancherorts einige Pflanzen kurz nach dem Fruchten ihr Wachstum ein und verfärben sich die Blätter braun. Das Problem betrifft unterschiedliche Sorten in unterschiedlichem Maße.[16]
Systematik
Die Erstveröffentlichung von Lonicera caerulea erfolgte 1753 durch Carl von Linné in seinem Werk Species Plantarum, Tomus I, Seite 174.[17]
Lonicera caerulea ist mit verschiedenen Sippen, die als Varietäten oder Unterarten eingestuft werden, zirkumpolar verbreitet.
Bei der Art Lonicera caerulea gibt es je nach Autor mehrere Subtaxa:[17]
- Lonicera caerulea var. altaica Pall.: Sie ist vom europäischen Russland bis Sibirien, zur westlichen Mongolei und Xinjiang weitverbreitet.[17]
- Lonicera caerulea L. var. caerulea
- Lonicera caerulea var. cauriana (Fernald) B.Boivin (Syn.: Lonicera cauriana Fernald): Sie ist vom westlichen Kanada bis zu den westlichen USA verbreitet.[17]
- Lonicera caerulea var. dependens (Regel ex Dippel) Rehder: Sie ist von östlichen Afghanistan und Pakistan bis westlichen Sibirien, Zentralasien und westlichen Xinjiang weitverbreitet.[17]
- Lonicera caerulea var. edulis Turcz. ex Herder: Sie ist von Sibirien über Russlands Fernen Osten bis zur japanischen Insel Hokkaidō sowie Korea und in den chinesischen Provinzen südliches Gansu, Hebei, Heilongjiang, Jilin, Liaoning, Nei Monggol, Ningxia, Shanxi, nördliches Sichuan sowie nordwestliches Yunnan weitverbreitet.[17]
- Lonicera caerulea var. emphyllocalyx (Maxim.) Nakai (Syn.: Lonicera emphyllocalyx Maxim.): Sie kommt in Südkorea nur in Cheju und auf den japanischen Inseln Hokkaidō sowie im nördlichen Honshu vor.[17]
- Kamtschatka-Heckenkirsche (Lonicera caerulea var. kamtschatica Sevast., Syn.: Lonicera kamtschatica (Sevast.) Pojark.): Sie kommt in Russlands Fernen Osten vor.[17]
- Lonicera caerulea var. pallasii (Ledeb.) Cinovskis (Syn.: Lonicera caerulea subsp. pallasii (Ledeb.) Browicz, Lonicera pallasii Ledeb.): Sie ist im südöstlichen Schweden und vom europäischen Russland bis Sibirien verbreitet.[17]
- Lonicera caerulea var. villosa (Michx.) Torr. & A.Gray (Syn.: Lonicera villosa (Michx.) Schult., Xylosteon villosum Michx.): Sie ist vom östlichen Kanada bis zu den nordwestlichen und nördlich-zentralen USA verbreitet.[17]
Literatur
- Manfred A. Fischer, Wolfgang Adler, Karl Oswald: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. 2., verbesserte und erweiterte Auflage. Land Oberösterreich, Biologiezentrum der Oberösterreichischen Landesmuseen, Linz 2005, ISBN 3-85474-140-5.
- Rudolf Schubert, Klaus Werner, Hermann Meusel (Hrsg.): Exkursionsflora für die Gebiete der DDR und der BRD. Begründet von Werner Rothmaler. 13. Auflage. Band 2: Gefäßpflanzen. Volk und Wissen, Berlin 1987, ISBN 3-06-012539-2.
- Siegmund Seybold (Hrsg.): Schmeil-Fitschen interaktiv. CD-ROM, Version 1.1. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2002, ISBN 3-494-01327-6.
Weblinks
- Blaue Heckenkirsche. FloraWeb.de
- Blaue Heckenkirsche. In: BiolFlor, der Datenbank biologisch-ökologischer Merkmale der Flora von Deutschland.
- Steckbrief und Verbreitungskarte für Bayern. In: Botanischer Informationsknoten Bayerns.
- Verbreitung auf der Nordhalbkugel aus: Eric Hultén, Magnus Fries: Atlas of North European vascular plants. 1986, ISBN 3-87429-263-0 bei Den virtuella floran (schwed.)
- Thomas Meyer: Heckenkirsche Datenblatt mit Bestimmungsschlüssel und Fotos bei Flora-de: Flora von Deutschland (alter Name der Webseite: Blumen in Schwaben).
Einzelnachweise
- Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 878.
- Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 2, IHW, Eching 2004, ISBN 3-930167-61-1, S. 524.
- Lonicera caerulea L. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 25. März 2021.
- Bob Bors: Haskap Rumours. Abgerufen im Juni 2021 (englisch).
- M. Smolik, I. Ochmian, J. Grajkowski: Genetic variability of Polish and Russian accessions of cultivated blue honeysuckle (Lonicera caerulea). In: Russian Journal of Genetics. Band 46, Nr. 8, August 2010, ISSN 1022-7954, S. 960–966, doi:10.1134/S1022795410080077 (researchgate.net [abgerufen am 31. Mai 2021]).
- Sibirische Blaubeere Dunkelblau Höhe ca. 10 - 20 cm Topf ca. 2 l Lonicera, auf obi.de
- Heidelbeere Atut, auf bauhaus.info
- Sibirische Blaubeere Lonicera kamtschatica, auf hagebau.de
- Gabriele Vollbrecht, Jeanne Dericks-Tan: Auf den Spuren der Wildfrüchte in Europa – Bedeutung und Verwertung von der Vergangenheit bis in die Gegenwart. Abadi-Verlag, Alzenau 2009, ISBN 978-3-00-021129-4, S. 106.
- Bob Bors: Growing Haskap in Canada. University of Saskatchewan, 2008, abgerufen am 8. Oktober 2018 (englisch).
- https://research-groups.usask.ca/fruit/documents/haskap/Aurora2019.pdf
- http://www.lovehoneyberry.com/maxine-thompsons-varieties-update/
- http://www.lovehoneyberry.com/european-honeyberry-variety-review/
- http://www.lovehoneyberry.com/vostorg-turns-blue-in-germany/
- http://www.lovehoneyberry.com/austrian-honeyberry-taste-off/
- John Strang, Chris Smigell, John Snyder: Haskap Selection and Variety Evaluation. In: 2018 Fruit and Vegetable Research Report. University of Kentucky – Agricultural Experiment Station, Dezember 2018, abgerufen am 25. Januar 2020 (englisch).
- Lonicera im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland.