Bi-Wiring
Unter Bi-Wiring (dt.: Doppelverdrahtung) versteht man das Betreiben eines Lautsprechers mit zwei getrennten Lautsprecherleitungen für einerseits den Tiefton- und andererseits den Mittel-Hochton-Zweig des Lautsprechers an einem Voll- oder Endverstärker. Dazu muss der Lautsprecher in der Lage sein, die Hoch-/Mittelton-Chassis und das Basschassis getrennt anzusteuern, also getrennte Eingangsbuchsen für den Tiefton- und den Mittel-Hochton-Zweig der Lautsprecherweiche aufweisen.
Als Vorteil dieses Systems wird genannt, dass die beiden Lautsprechersysteme für hohe und tiefe Frequenzen durch Bi-Wiring besser voneinander „entkoppelt“ seien und sich nicht gegenseitig beeinflussen könnten. Hierdurch soll eine Verbesserung bzw. Veränderung des Klangs der Verstärker-Lautsprecher-Kombination möglich sein[1]. Schaltungstechnisch ist Bi-Wiring praktisch identisch mit dem herkömmlichen Verkabeln. Folglich können auch messtechnische Nachweise für eine Wirksamkeit nicht angeführt werden.[2] Da keine wissenschaftlichen Studien zu akustischen Auswirkungen vorliegen, müssen die behaupteten akustischen Verbesserungen als unbelegte Einzelmeinungen gelten.
Neben Bi-Wiring wird auch Tri-Wiring vermarktet, hier werden analog zum Bi-Wiring aber drei Kabel-Paare verlegt.
Hörbarkeit
Die Wirksamkeit von Bi-Wiring ist auch in der Hifi-Szene umstritten. Während einzelne Special-Interest-Zeitschriften Bi-Wiring vorbehaltlos propagieren[1], wird es an anderer Stelle als eine der "zehn größten Lügen im Audio"[3] aufgeführt. An der University of St. Andrews in Schottland wurde ein Artikel publiziert[4], der über ein Simulationsmodell ergründet, ob es in der Theorie einen Unterschied geben kann. Während das verwendete Modell dies nicht grundsätzlich ausschließt, lautet das Fazit doch:
„[...] it is debatable if any variations in practice will normally be large enough to be audible or to be regarded as being of any real consequence. Moving your head a few centimetres when listening may have a larger effect in many rooms.“
Deutsche Übersetzung:
„[...] kann man darüber streiten, ob irgendwelche Veränderungen in der Praxis groß genug sind, um hörbar zu sein oder überhaupt irgendwelche tatsächlichen Folgen zu haben. Während des Hörens den Kopf um wenige Zentimeter zu bewegen könnte in vielen Räumen einen größeren Effekt hervorrufen.“
Der schwäbische Lautsprecherentwickler Günther Nubert beispielsweise sieht Bi-Wiring kritisch; man nutze auf jedem Strang nur den halben Querschnitt, der bei derselben Verkabelung im Mono-Wiring zur Verfügung stehe:[5]
„Unsere Hörtests haben das bestätigt: Wenn überhaupt Unterschiede erkannt wurden, hatte Bi-Wiring bei langen, nicht allzu dicken Kabeln gegenüber einer Parallelschaltung der gleichen Leitungen eher klangliche Nachteile.“
Wissenschaftlich dokumentierte Blindtests, die die Wahrnehmbarkeit von klanglichen Unterschieden durch Bi-Wiring bei ausreichendem Kabelquerschnitt belegen, sind nicht bekannt.
Siehe auch
Einzelnachweise
- Ratgeber Bi-Wiring (Memento vom 18. März 2007 im Internet Archive) stereoplay.de, 17. März 2003. Abgerufen am 30. Oktober 2014.
- "Messungen zu Biwiring" TMR Audio, abgerufen am 8. August 2017
- "The ten biggest lies in Audio", The Audio Critic, Issue No. 26, Fall 2000, abgerufen am 10. November 2014
- "Bi-Wiring from amplifier to loudspeaker", Jim Lesurf, University of St. Andrews, Scotland, 2002, abgerufen am 10. November 2014
- Günther Nubert: Technik satt. Schwäbisch Gmünd August 2016, S. 20 (nubert.de [PDF]).