Bernstorff & Eichwede
Die Firma Bernstorff & Eichwede war eine Bildgießerei in Hannover, deren Geschichte in das 18. Jahrhundert zurückreicht und deren Produkte noch heute zum Beispiel als Denkmale in Hannover und Berlin zu finden sind.[1] Standort der „Hof-Bronzefabrik und Kunstgießerei C. Bernstorf und Eichwede“[2] war das Gelände zwischen der seinerzeitigen Eichstraße 22[3] und der Bernstraße im heutigen hannoverschen Stadtteil Oststadt.[2]
Geschichte
Von der Gürtlerei zur Bronzewarenfabrik
1792 eröffnete Johann Friedrich Bernstorff (* 22. Juli 1766 in Hannover; † 16. Dezember 1809 ebenda) in der Osterstraße eine Gürtlerei. Sein Sohn Christian (* 24. Dezember 1794 in Hannover; † 7. April 1869 ebenda) sowie sein Enkel Christian Eduard Eichwede (* 20. April 1818 in Hannover; † 26. März 1890 ebenda) wandelten den Handwerksbetrieb Zug um Zug um in die Metallwarenfabrik und Bronzegießerei Bernstorff & Eichwede.
1844 und 1855 wurden die Produkte der Firma mit einer Goldmedaille ausgezeichnet, insbesondere, da sie den Import von Argantanwaren überflüssig machten.[4]
Nach einer Ausweitung der Fabrikation entwickelte sich das Unternehmen zu einer bedeutenden Bronzegießerei, die ab 1852 das Qualitäts-Prädikat Hofbronzefabrik tragen durfte.[4]
Nach der Anfertigung des Ernst-August-Denkmals nahmen die Arbeiter der Bronzegießerei und andere Baubeteiligte 1861 am Festzug zur Einweihung des Denkmals teil.[5] Das Ernst-August-Album enthält Darstellungen aus dem Firmen-Inneren und der zum Festzug gekleideten Arbeiterschaft.[6]
Auf der Weltausstellung London 1862 präsentierte die Firma einen der Löwen von Adolf Rosenthal und gewann damit eine Medaille. Dazu vermerkte der „Amtliche Bericht über die Industrie- und Kunstausstellung zu London im Jahre 1862“: „Dieser Guß war in jeder Hinsicht vortrefflich zu nennen“.[7][8][9]
1862 wurden zwei Straßen angelegt, die an das Firmengelände grenzten: Die Bernstraße und die Eichstraße erinnern an die Bronzegießerei.[2][10]
Nach der Annexion des Königreichs Hannover durch Preussen 1866 firmierte das Unternehmen im Adressbuch der Stadt Hannover 1867 als „Hoflieferant Sr. Majestät, Metallwaren- und Militäreffektenfabrik, Bildgießerei“.[4]
Hannoversche Gieß- und Walzwerke
Nach der Ausrufung des Deutschen Kaiserreichs wurde der Betrieb 1873 von den Hannoverschen Gieß- und Walzwerken übernommen und nannte sich fortan „Hannoversche Gieß- und Walzwerke,[11] Vormals Bernstorff & Eichwede“. Nun wurde zusätzlich auch für den Eisenbahn- und den Kriegsbedarf produziert.[4]
Hannoversche Messing- und Eisenwerke
Am 29. September 1882 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt unter dem neuen Firmennamen Hannoversche Messing- und Eisenwerke AG. Die Produktpalette gliederte sich in eine große Zahl sehr verschiedener, teils veralteter „Specialitäten“, darunter Messinglöffel, eiserner Kohlenkästen und Rahmen für Dachfenster, aber auch Dampfmaschinen. Mehrere erworbene Patente wie etwa das daraus hervorgegangene „Patent-Lorenz-Lager“ oder die „Frictions-Kupplung, Patent Lorenz“ brachten einen zumindest vorübergehenden wirtschaftlichen Aufschwung. Vor allem die „Abteilung Maschinenfabrik“ drängte auf eine räumliche Erweiterung. Um aus der bereits bebauten Enge am bisherigen Standort herauszukommen, wurde das gesamte Werk im Jahr 1889 in das damalige Dorf „Wülfel vor Hannover“ verlegt,[12] wo es nach einer Spezialisierung und Konzentration auf Transmissionen unter den neuen Unternehmensführern Carl Wundsch und Wilhelm Ellmenreich ab 1893 schließlich mit neuer Zielsetzung umbenannt wurde in „Eisenwerk Wülfel, Wülfel vor Hannover“,[13] oder kurz Eisenwerk Wülfel.[14]
Werke
Zu den Werken der Firma zählen
- das Ernst-August-Denkmal von Albert Wolff vor dem Hauptbahnhof Hannover.[1]
- die Statue des Sachsenrosses von Friedrich Wilhelm Wolff vor dem Welfenschloss (heute Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Universität Hannover);[1]
- 1862: die Bronzelöwen von Adolf Rosenthal vor der Freitreppe der Universität Hannover;[15]
- das Schillerdenkmal in der Georgstraße in Hannover;[16]
- das Standbild des Generals Karl von Alten am Waterlooplatz in Hannover;[16]
- Reliefs an der Siegessäule in Berlin;[1]
- die Waterloo-Medaille;[17]
- das Portal am Welfenmausoleum im Berggarten;[18]
- Militärsäbel.[19]
Literatur
- Hermann Lüer, Max Creutz: Geschichte der Metallkunst. Band 1: Kunstgeschichte der unedlen Metalle: Schmiedeeisen, Gußeisen, Bronze, Zinn, Blei und Zink. Verlag von Ferdinand Enke, Stuttgart 1904, OCLC 163396403. (teildigitalisiert online)
- Albert Lefèvre: Der Beitrag der hannoverschen Industrie zum technischen Fortschrift. In: Hannoversche Geschichtsblätter. Neue Folge 24 (1970), S. 216f.
- Ludwig Hoerner: Agenten, Bader und Copisten. Hannoversches Gewerbe-ABC 1800–1900. hrsg. von der Volksbank Hannover. Reichold, Hannover 1995, ISBN 3-930459-09-4, S. 66f.
Quellen
- Waldemar R. Röhrbein: Bernstorff, Johann Friedrich. In: Dirk Böttcher, Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein, Hugo Thielen: Hannoversches Biographisches Lexikon. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2002, ISBN 3-87706-706-9, S. 55. (online)
- Waldemar R. Röhrbein: Bernstorf & Eichwede. In: Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.) u. a.: Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2009, ISBN 978-3-89993-662-9, S. 64.
Weblinks
Einzelnachweise
- Waldemar R. Röhrbein: Bernstorff, Johann Friedrich. In: Hannoversches Biographisches Lexikon.
- Helmut Zimmermann: Bernstraße sowie Eichstraße. In: Die Strassennamen der Landeshauptstadt Hannover, Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1992, ISBN 3-7752-6120-6, S. 39 und 69
- Paul Rademacher BDG, Dieter Baatz et al. (Fotos, Ill.): Dampfmaschine und Gesamtantrieb, in dies.: Durch Qualitätsarbeit zur Weltfirma. 75 Jahre Eisenwerk Wülfel, Darmstadt: Hoppenstedt, 1957 (mit Abschnitts-Überschriften, aber ohne Seitennummerierung)
- Waldemar R. Röhrbein: Bernstorff & Eichwede. In: Stadtlexikon Hannover.
- Ernst-August-Album. Digitalisat des The Getty Research Institut über Internet Archive, S. 24.
- Ernst-August-Album. Digitalisat des The Getty Research Institut über Internet Archive, S. 94.
- Amtlicher Bericht üb. d. Industrie- und Kunstausstellung zu London i. J. 1862. Berlin 1864
- Maike Buß: Uni-Löwen als EXPOnat. In: Universität Hannover intern. Heft 1, 2000, S. 8
- Rita Seidel: Bilder, Figuren, Denkmäler / Das Welfenschloss. In: Sid Auffarth, Wolfgang Pietsch (Hrsg.): Die Universität Hannover / Ihre Bauten / Ihre Gärten / Ihre Planungsgeschichte. Michael Imhof Verlag, Petersberg 2003, ISBN 3-935590-90-3.
- Anm.: Nach Rita Seidel wurde 1862 das Gipsmodel für das bronzene sogenannte „Sachsenross“ jedoch zu der „Gießerei von Bernstorff und Eichwede in der Sedanstraße“ gebracht. Quelle: Rita Seidel: Bilder, Figuren, Denkmäler / Das Welfenschloss. In: Sid Auffarth, Wolfgang Pietsch (Hrsg.): Die Universität Hannover / Ihre Bauten / Ihre Gärten / Ihre Planungsgeschichte. Michael Imhof Verlag, Petersberg 2003, ISBN 3-935590-90-3, S. 105ff.; hier: S. 111.
- Dieter Brosius: 1873. In: Hannover Chronik. S. 133. (online)
- Paul Rademacher BDG, Dieter Baatz u. a. (Fotos, Ill.): Dampfmaschine und Gesamtantrieb. In: Durch Qualitätsarbeit zur Weltfirma. 75 Jahre Eisenwerk Wülfel, Darmstadt: Hoppenstedt, 1957 (ohne Seitennummerierung)
- Paul Rademacher BDG et al.: Zwei Männer mit neuem Ziel, sowie Wülfel-Transmissionen gewinnen Weltruf
- Waldemar R. Röhrbein: Eisenwerk Wülfel. In: Stadtlexikon Hannover. S. 157f.
- siehe dieses Foto
- Hermann Lüer, Max Creutz: Geschichte der Metallkunst. Band 1, 1904.
- Alheidis von Rohr: Verdient und Erdient, Orden gestern und heute. Begleitheft zur Ausstellung im Historischen Museum am Hohen Ufer. Hannover 1981, S. 14.
- Vergleiche die Dokumentation bei Commons (siehe unter dem Abschnitt Weblinks)
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