Berner Marsch
Der Berner Marsch oder Bernermarsch, mit vollem Namen Alter Berner Marsch oder Alter Bernermarsch (eigentlich «Marsch der alten Berner»[1]), frz. La Marche de Berne, ist die Hymne des Kantons Bern. Sie hat dabei keinen offiziellen Status, wird aber dennoch an offiziellen Anlässen gespielt.
Die älteste Dokumentation der Melodie des Berner Marsches stammt aus dem Musik-Buch des Samuel Joneli von Boltigen aus dem Jahre 1791. In dieser Handschrift ist die Melodie noch als Marche de Soleure («Solothurner Marsch») aufgezeichnet.[2] Der Berner Marsch wurde als militärischer Marsch beim bernischen Widerstand gegen den Franzoseneinfall von 1798 gespielt, namentlich bei der Schlacht von Neuenegg,[3] und wurde danach zum Symbol für den Widerstand gegen die napoleonische Helvetische Republik und die Wiederherstellung des Ancien Régime.[4]
In den 1880er Jahren war die Melodie als Kandidat für eine neue Schweizer Nationalhymne im Gespräch.[5]
Der Berner Marsch findet Erwähnung im Roman O żołnierzu tułaczu («Vom herumirrenden Soldaten») von Stefan Żeromski (1896).[6] Marcel Geros Stück Berner Marsch wurde 1948 am Zürcher Schauspielhaus uraufgeführt.
In Friedrich Dürrenmatts Der Verdacht (1951/2) gibt es eine Szene, in welcher der betrunkene Kommissär Bärlach den Berner Marsch singt.
Der Berner Marsch wird an den Spielen des Schlittschuhclubs Bern (SCB) vor dem Match gespielt.
Text
Die Melodie gilt als «alter nationaler Militärmarsch der Berner Söldner, dann der Berner Soldaten». Der nun traditionelle unterlegte Text stammt aus dem 19. Jahrhundert.[7] Die erste Zeile wird unterlegt mit nicht-verbalem träm, träm, trämdiridi (Varianten: trärididi, träridiri, trädiridi, träderidi)[8]
Der traditionelle Text lautet wie folgt:[9]
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2.
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2.
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Es sind zahlreiche spielerische, scherzhafte oder politische Textvarianten belegt, etwa
- Träm, träm, trädiridi, Mueter morn mues g’chüechlet si[8]
- Träm, träm, trämdiridi, Rösti und Späck im Häfeli.[11]
- Träm, Träm, trädiridi, Drü mal drü isch siebe g’si
- Träm, Träm, trädiridi, üsi Chatz mues gmetzget si, mit em Pänggu hinger d'Ohre, dass si päägget wie ne Moore.
- Träm, träm, ttädiridi, D’Bahne müesse-n-üser-si! (Gründung der SBB 1902)[12]
Ulrich Dürrenmatt zitierte 1880 den Text der ersten Strophe in seiner Berner Volkszeitung. Nach den Wahlen von 1878, worin die regierende radikale Partei eine empfindliche Niederlage einsteckt hatte, dichtete Dürrenmatt ausserdem einen Neuen Bernermarsch; als Antwort kursierte daraufhin in radikalen Kreisen des Oberaargaus ein Buchsimarsch.[13]
Das Berner Kantonsparlament verwarf am 3. Februar 2000 mit 118 zu 10 Stimmen einen Vorstoss der damaligen Grossrätin Elisabeth Gilgen (SP), die eine «Änderung des Texts» forderte. Gilgen stiess sich am martialischen Text. Die Regierung erklärte sich als nicht zuständig, da es sich beim Berner Marsch nicht um eine offizielle Hymne handle.[14]
Literatur
- Benno Ammann: Der alte Berner Marsch Träm, träm, träridi, alli Manne standet i! 1967.
- Armin Schibler: Berner Marsch. Fünf alte Schweizer Volkslieder gesetzt für gemischten Chor oder Vokalensemble a cappella (1957).
- Bonifaz Kühne: Lieder aus der Heimat. Für eine mittlere Singstimme mit Begleitung des Pianoforte. Zweiter Band, enthaltend 35 der bekanntesten älteren Schweizer Volks- und Nationallieder. Gebrüder Hug, 1908.
Weblinks
Einzelnachweise
- Walter Henzen: Deutsche Wortbildung (= Sammlung kurzer Grammatiken germanischer Dialekte. B. Ergänzungesreihe, Nr. 5). Dritte, durchgesehene und ergänzte Auflage. Niemeyer, Tübingen 1965, S. 164.
- Spielstücke aus einer alten Berner Handschrift 1791 für zwei Blockflöten oder andere Melodieinstrumente. Alfred Stern, Verlag Hug & Co. Zürich, 1957.
- Bernhard Zeerleder von Steinegg: Erinnerung an Johannes Weber (1835), ediert in: Berner Taschenbuch auf das Jahr 1867 S. 118.
- Johann Georg Heinzmann, Kleine Chronick für Schweizer: Dritter Band, Enthält die Ereignisse von 1801 bis 1804 (1804), S. 225. Jakob Baumgartner (i. e. Gallus Jakob), Alexander Baumgartner, Geschichte des schweizerischen Freistaates und Kantons St. Gallen (1868), S. 484.
- «Das Centralkomite des schweizerischen Offiziersvereins will an die Stelle von ‹Rufst du mein Vaterland› eine neue Nationalhymne mit womöglich originellem Text und Melodie vorschlagen und hat ein dem entsprechendes Anfrage-Cirkular an die Sektionen gerichtet. Wir würden es sehr bedauern, wenn dieses in Text und Melodie gleich schöne, sehr bekannte, kräftig tönende und herzerfrischende Lied bloss desshalb, weil es die Melodie der englischen Nationalhymne hat, etwa dem Keller-Baumgartner’schen ‹mein Heimatland› weichen sollte, das sich am Grabe einzelner Leute in Friedenszeiten recht gut ausnimmt. Eine Truppe aber, die dieses Lied vor dem Gefechte singt, wird dasselbe muthmasslich verlieren, da es einer durchaus weichen Stimmung Ausdruck gibt. Da wäre es weit besser, für die frische und äusserst populäre Melodie des alten Berner-Marsches eine dichterische Unterlage zu beschaffen.» Politisches Jahrbuch der Schweizerischen Eidgenossenschaft (1886), S. 490/1.
- Adam Kleczkowski: Stary marsz bernenski. Spraw. Czyn. Poiedz. AU 50 (1949) Nr. 5, S. 231–235. Żeromski zitiert den Text im Original und gibt keine polnische Übersetzung. My jesteśmy wolni Szwajcarzy! Kraj wzywa nas do obrony granic! Hej, jak błyszczą oczy wszystkich! My jesteśmy wolni Szwajcarzy! Nasz jest do tego chętny staje na czele i wiedzie nas. Do kroćset, on spogląda twardo... Nasz Jaśleń jest do tego chętny. «Wir sind freie Schweizer! Das Land ruft uns zur Verteidigung der Grenzen! Hey, wie alle Augen glänzen! Wir sind freie Schweizer! Unser Jaśleń [«Faulhans»=«Mutz»?] ist bereit, an der Spitze zu stehen und uns zu führen. Beim Kruzifix, er sieht zäh drein. Unser Jaśleń ist bereit.»
- Rolf Röthlisberger (Hrsg.): Cäsar von Arx, Werke: Dramen 1915–1932. Bd. 1, 1986, S. 674.
- Schweizerisches Idiotikon, Band XIV, Spalte 980 f., Artikel träm (Digitalisat).
- Drei Strophen belegt im Text des polnischen Autors Stefan Żeromski (1896).
- Stefan Żeromski: Wczoraj i dziś. Serya druga. Zmierzch – Cokolwiek się zdarzy... na pokładzie – O żołnierzu tułaczu. Warszawa/Kraków 1925, S. 56f.
- Bibljoteczka nowel i opowiadań – Stefan Żeromski: O żołnierzu tułaczu. Wydanie drugie. Warszawa/Kraków 1936, S. 32f.
- Mutz für «Bär», woher übertragen auf die kriegerische Berner Jugend und schliesslich auf den Stand Bern selbst, seit spätestens dem 16. Jahrhundert (mötzli, motzlin). Ursprünglich bedeutete mutz ‚stumpf, gestutzt‘ (von Tieren mit gestutztem Schweif; übertragen auf den Stummelschwanz des Bären); siehe Schweizerisches Idiotikon, Band IV, Spalte 616 ff., Artikel mutz II und Mutz I (Digitalisat). Vgl. auch: «Der Mutz wurde sozusagen gegen den von der Helvetik in Anspruch genommenen Wilhelm Tell gross gemacht», in Hans von Greyerz, Nation und Geschichte im bernischen Denken, 1953, S. 116.
- Gertrud Züricher: Kinderlieder der Deutschen Schweiz. Schweiz. Gesellschaft für Volkskunde, 1926, S. 356.
- Schriften der Vereinigung für Staatsbürgerliche Bildung u. Erziehung, 1911, S. 16
- «Träm, träm, träderidi, / am 5. Mai ist’s lustig gsi: / Bäremani ist erwachet / u d’s System ist z’sämekrachet.» Emil Anliker Hans im Obergaden, Buchsi in der grossen Politik (PDF; 411 kB), Jahrbuch des Oberaargaus, Oberaargaus, Bd. Bd. 8 8 (1965)
- Tagblatt des Bernischen Grossen Rates vom 3. Februar 2000, S. 169 ff.