Basler Zeit
Die Basler Zeit oder Basler Uhr war eine Besonderheit bei der Zählung der 24 Stunden des Tages und der mit ihnen angegebenen Tageszeit. Angegeben wurde nicht die abgelaufene, sondern die zuletzt begonnene, noch laufende Stunde. Die Basler Uhr war eine Anlehnung an die mittelalterlichen Horen (Stundengebete), deren Bezeichnungen mit Ziffern auch die jeweils beginnende Stunde betraf.[1] Die Basler zählten z. B. Mittag und Mitternacht nicht als die zwölfte (abgelaufene Stunde), sondern als die erste (oder 13te, anbrechende Stunde).[2] In Basel schlug z. B. die Kirchenuhr am Mittag nicht zwölf (abgelaufene Stunde/n), sondern Eins (oder Dreizehn, beginnende Stunde).
Die Basler Uhr wurde über 400 Jahre lang gebraucht und gab im Vergleich zum umliegenden Land eine um Eins höhere Stundenzahl an.
Legenden über die Entstehung der Basler Zeit
Es gibt zwei verbreitete Legenden:[3]
Die Stadt Basel wurde von Feinden eingeschlossen und belagert, und einige Unzufriedene der Stadt wollten eine Eroberung unterstützen. Daher wurde ein Plan geschmiedet, die Stadt mit einer Überrumpelung in finsterer Nacht einzunehmen, welche durch den Mitternachtsschlag der Uhr ausgelöst werden sollte. Als der Turmwärter kurz vor Mitternacht davon erfuhr, und die Zeit zu knapp war, die Wache still zu alarmieren, stellte er die Uhr um eine Stunde vor und verhinderte so das Angriffszeichen. Die Verschwörer wurden verunsichert, und jeder glaubte, die verabredete Stunde versäumt zu haben. In der Zwischenzeit gelang es dem Turmwärter, den Stadtkommandanten zu warnen und Verstärkung herbeizurufen. Nun blieb den Verrätern nichts mehr übrig als in ihre Häuser zurückzuschleichen, und die Belagerer liessen von ihrem Vorhaben ab.
In der Zeit des Konzils von Basel (1431 bis 1449) stellten die Konzilsteilnehmer die Uhr am Münster um eine Stunde vor, um die langen Sitzungen abzukürzen und schneller zum Mittagessen zu kommen.
Abschaffung
Für über 400 Jahre galt in der Stadt diese spezielle Stundenzählung. 1779 beschloss der Stadtrat, Basel an die übliche Stundenzählung anzugleichen, und erliess einen Erlass. Der überwiegende Teil der Bevölkerung aber hielt sich nicht an diesen, und es herrschte eine grosse Konfusion. Nach nur drei Wochen wurde der Versuch aufgegeben.
Erst 1798 mit dem Ende der Alten Eidgenossenschaft und mit der Errichtung der Helvetischen Republik schlug die letzte Stunde der Basler Zeit. Diese wurde am 1. Februar 1798 abgeschafft. Der Übergang erfolgte sanft, indem man in den letzten Januartagen die Zeiger über nicht veränderten Zifferblättern täglich um zehn Minuten zurückstellte.
Die Sonnenuhr am Münster
Die Sonnenuhr am Basler Münster zeigt die alte Basler Zeit. Da gleich darunter eine mechanische Uhr die Mitteleuropäische Zeit (MEZ) oder die Mitteleuropäische Sommerzeit (MESZ) angibt, können die beiden Zeiten direkt verglichen werden. Dabei muss man aber zusätzlich beachten, dass die Sonnenuhr die astronomische Ortszeit anzeigt, die im Jahresverlauf um rund plusminus eine Viertelstunde um die mittlere Ortszeit pendelt, welche wiederum der mitteleuropäischen Zonenzeit um etwa eine halbe Stunde nachhinkt.
In Basler Museen sind noch weitere Sonnenuhren und Uhren und mit der 1 an der heutigen Stelle der 12 vorhanden.
Siehe auch
Literatur
- Eugen A. Meier: Das sagenhafte Basel. Litra, Basel 1987, ISBN 3-906701-02-6.
- Jakob Messerli: Gleichmässig, pünktlich, schnell: Zeiteinteilung und Zeitgebrauch in der Schweiz im 19. Jahrhundert. Chronos, Zürich 1995, ISBN 3-905311-68-2.
- Hans Stohler: Die Wandlungen der Sonnenuhren am Basler Münster und die Basler Zeitmessung seit 1798. In: Basler Jahrbuch 1948, S. 171-191.
- Marius Fallet-Scheurer: Die Zeitmessung im alten Basel. In: Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde, Nr. 15 (1916), S. 237–266.
- Silvio Magnani: L' "Ora di Basilea". In: Orologi Solari, Nr. 4 (April 2014), S. 47–54.
Einzelnachweise
- Vgl. Jakob Messerli: Gleichmässig, pünktlich schnell, s. Lit., S. 34.
- Die Basler Uhr wurde in der Basler Umgebung als abartig empfunden, das ihr zu Grunde liegende Prinzip bei der Zählung der Tage zur Datumsangabe aber als Selbstverständlichkeit hingenommen. Letzteres sind wir auch heute gewöhnt. Würden wir unsere Datumsangabe unserem System der Stundenangabe anpassen, so würde z. B. aus dem 13. Oktober der 12. Oktober werden, denn unser 13. Oktober ist erst bei Beginn unseres 14. Oktobers abgelaufen. Zwischendrinn hiesse es 12. Oktober und z. B. ein halber Tag, was uns aber nur bei der Uhrzeit mit z. B. 12 Uhr und ½ Stunde geläufig ist.
- Vgl. Jakob Messerli: Gleichmässig, pünktlich, schnell, s. Lit., S. 33