Barchinas
Barchinas [bɐrˈtɕiːnɐs] (rätoromanisches Vallader für «Schiffchen» [Plural], zu barcha «Schiff») ist eine im Zusammenhang mit dem Jahreswechsel stehende Tradition im Unterengadiner Hauptort Scuol, Kanton Graubünden.
Brauch
Am Silvesterabend lassen die Kinder des Dorfes Schiffchen aus Föhrenrinde und Nussschalen in den Brunnen der alten Scuoler Quartiere fahren. Auf jedem Schiffchen brennt eine Kerze oder ist in flüssigem Wachs ein brennender Docht angebracht. Der Brauch symbolisiert das arder oura l’on vegl, das «Ausbrennen (das heisst Verabschieden) des alten Jahres».
Der Brauch, dessen Alter nicht mehr bestimmt werden kann, wird erstmals im Zusammenhang mit den Datenerhebungen für den Atlas der schweizerischen Volkskunde beschrieben; die entsprechende Befragung datiert von 1936.[1]
Der Name des Brauches, barchinas, scheint jüngeren Datums zu sein. Im Dicziunari Rumantsch Grischun fehlt unter barcha (Band II, S. 167; Artikel um 1950 verfasst) jeglicher Hinweis auf ein Brauchtum; das gesamte Material der Brauchtumsbeschreibung ist unter Silvester eingereiht.[2]
In jüngster Zeit ist der Brauch auch in anderen Unterengadiner Orten übernommen worden, beispielsweise in Sent.[3]
Literatur und andere Quellen
- Men Gaudenz: Nos cumün da Scuol in temps passats. Stamparia engiadinaisa, Samedan/Scuol 1982, S. 179 (wo als Zeitpunkt fälschlicherweise Weihnachten angegeben wird).
- Atlas der schweizerischen Volkskunde. Originalaufnahmen in Bündner Ortschaften, besorgt von Dr. Gian Caduff um 1936. Im Besitz des Dicziunari Rumantsch Grischun. – Frage 83 «Was für Bräuche finden ausser den schon genannten am Silvester und am Neujahr statt?» für Scuol/Schuls.
- Barchinas, auf der Website Mia Regiun. Engiadina bassa.
Einzelnachweise
- «Am Silvesterabend nach dem Zunachten lassen die Kinder ihre Lichtschiffchen in den Brunnen des Dorfes herumfahren. Die Schiffchen sind aus Föhrenrinde geschnitzt und jedes trägt ein brennendes Weihnachtskerzchen». Aufnahmeprotokoll des ASV für Schuls, Frage 83.
- Noch unpubliziert; Auskunft von der Redaktion vom 26. April 2016.
- La Quotidiana 2010, Nr. 254, S. 7.