Bankbilanz-Bewertung
Die Bewertung der Aktiv- und Passivpositionen der Bankbilanz bringt im Rahmen der Bankbilanzierung eine Reihe von Besonderheiten mit.
Einschlägige Vorschriften und Prinzipien
Für Banken gelten folgende Bewertungsvorschriften:
- Vorsichtsprinzip
Generell gilt das Vorsichtsprinzip, da Bankgeschäfte mit besonderen Risiken verbunden sind und eine große volkswirtschaftliche Bedeutung haben.
- Imparitätsprinzip
Nach dem Imparitätsprinzip werden nicht realisierte Gewinne (Realisationsprinzip) und Verluste (Niederstwertprinzip) unterschiedlich behandelt.
Bewertung von Vermögensgegenständen und Verbindlichkeiten
Bei Wertpapieren ist die Frage der Behandlung als Anlagevermögen oder als Umlaufvermögen. Die Bankbilanzierung sieht diese Unterscheidung nicht vor, sodass es bei der Zuordnung der Wertpapiere einen Ermessenspielraum gibt.
- Anlagevermögen
Wie Anlagevermögen behandelt werden
- Beteiligungen
- Anteile an verbundenen Unternehmen
- Immaterielle Anlagewerte
- Sachanlagen
- Finanzanlagen
- Umlaufvermögen
Wie Umlaufvermögen behandelt werden
- Forderungs- und Wertpapierpositionen: Forderungen gegenüber Kreditinstituten, Forderungen an Kunden, Schuldverschreibungen, Aktien und nicht festverzinsliche Wertpapiere.
- Handelsbestand: Hier gilt das Zeitwertprinzip, auch Fair-Value genannt. Der Bewertungskurs zum Bilanzstichtag ist der Kurs vom 31. Dezember abzüglich eines Risikoabschlages.
- Wertpapiere der Liquiditätsreserve werden wie Umlaufvermögen behandelt. Es gilt das strenge Niederstwertprinzip gemäß § 253 Abs. 3 HGB: Bei vorübergehender Wertminderung besteht eine Abwertungspflicht.
- Abwertungswahlrecht bei erwarteten Wertschwankungen
- Vorsorgereserven gemäß § 340f HGB: Die Vorsorgereserve stellt eine sog. stille Reserve dar, d. h. für den Bilanzleser ist nicht erkennbar, in welchem Ausmaß die in der Bilanz aufgeführten Vermögensgegenstände unterbewertet sind.
Daneben gibt es für Kreditinstitute die Möglichkeit einer offenen Reservebildung gem. § 340g HGB in Form des Fonds für allgemeine Bankrisiken. Der Ausweis erfolgt auf der Passivseite der Bilanz. Er dient der Sicherung gegen besondere Risiken des Kreditgewerbes. Es gibt jedoch keinen Bezug zu den Vermögensgegenständen. Es besteht keine Obergrenze, sollte aber vernünftig gewählt sein.
Vorsorgereserve gemäß § 340f HGB
Aufwendungen und Erträge, die im Zusammenhang mit den Wertpapieren der Liquiditätsreserve und dem Kreditgeschäft anfallen und keinen Zinsaufwand bzw. Zinsertrag darstellen, können saldiert ausgewiesen werden § 340f Abs. 3 HGB. Bei der Liquiditätsreserve und dem Kreditgeschäft gibt es ein Wahlrecht zur Vorsorge gegen allgemeine Risiken durch einen Wertansatz der bis zu 4 % unter dem handelsrechtlich zugelassenen Wert liegt.
Aufwendungen und Erträge aus unterschiedlichen Geschäftssparten werden miteinander verrechnet, daher wird der Vorgang als Überkreuzkompensation bezeichnet.
Die Bildung und Auflösung von stillen Vorsorgereserven nach § 340f HGB ist für den Jahresabschlussadressaten nicht mehr nachvollziehbar.
Vorteile
Durch die Möglichkeit der Glättung des Unternehmensgewinns wird bei den Kapitalgebern Vertrauen in die Sicherheit der Anlagen geweckt. Voraussetzung hierfür ist aber ein naiver wie unwissender Kapitalgeber als auch eine Bankleitung, die im Sinne der Kapitalgeber handelt.
Nachteile
Durch das Auflösen stiller Reserven kann unfähiges Bankmanagement über einen längeren Zeitraum hinweg verschleiert werden. Da stille Reserven naturgemäß nicht in der Bilanz ausgewiesen werden, kann der naive Kapitalgeber falsche Schlussfolgerungen über die Profitabilität der Bank ziehen. Insgesamt lässt sich sagen, dass die bilanzielle Informationsfunktion durch die Überkreuzkompensation verwässert wird.
Bezug zu Einzelwertberichtigung und Pauschalwertberichtigung
Die Vorsorgereserve kann zusätzlich zu einer EWB oder PWB angesetzt werden, da die Vorsorgereserve zur Sicherung gegen die besonderen Risiken des Kreditgewerbes gebildet wird.
EWB (pausch. EWB) | PWB | Vorsorgereserven |
erkennbare Ausfallrisiken | latente Ausfallrisiken | Risikovorsorge |
Länderrisiken (p. EWB) (polit., wirtsch.) |
Risikovorsorge in der IFRS-Bankbilanzierung
Die Risikovorsorge in den IFRS bezieht sich ausschließlich auf das Bewertungsergebnis im Kreditgeschäft. Als Nettogröße enthält sie den Saldo aus:
- Abschreibungen
- Wertberichtigungen
- Rückstellungen
für latente und erkennbar gewordene Risiken und den Erträgen aus der Auflösung dieser Posten.
Eine Möglichkeit zur Bildung von Vorsorgereserven besteht nach IFRS nicht, weder für Wertpapiere noch für Forderungen. Auch sehen die IFRS keine Überkreuzkompensation vor. Die Risikovorsorge ist nur ähnlich § 340g HGB möglich, indem offene Gewinnrücklagen ausgewiesen werden.
Vorteile
Auch hier kann Gläubigerschutz durch eine niedrige Bemessung des ausschüttbaren Gewinn betrieben werden, aber gleichzeitig ist die pre decision Informationsfunktion gesichert, da die Bildung und Auflösung von Vorsorgereserven nachvollziehbar ist.
Schieflagen können nicht durch die Auflösung von stillen Reserven vertuscht werden. Die Abschlussadressaten bekommen genauere und somit für den Kapitalgeber auch bessere Informationen.
Bewertung im IFRS-Jahresabschluss
- Zeitwert (fair value)
- fortgeführte Anschaffungskosten (amortized cost): gilt immer für finanzielle Verpflichtungen, eine Wertänderung kann nur bei Veräußerung und bei einem erhöhten Bonitätsrisiko erfolgen.
Bewertung von Forderungen
Die Forderungen werden netto ausgewiesen (nach Abzug von Wertberichtigungen) oder brutto: Ausweis der Wertberichtigungen und Rückstellungen für Bonitäts- und Länderrisiken sowie PWB für Ausfallrisiken unter Risikovorsorge (als Negativposten ausgewiesen).
In den Erläuterungen (notes) wird die Risikovorsorge weiter aufgeschlüsselt nach Bonitäts-, Länder- und latente Risiken. Vorsorgereserven dürfen nicht mehr still gebildet werden. Stattdessen fungiert der Sonderfonds für allgemeine Bankrisiken.
Bewertung von Forderungen
Hier besteht ein umfangreicher Bewertungspielraum. Bei Forderungen spielt die Einzelwertberichtigung, Pauschalwertberichtigung (abgeleitet aus durchschnittlichen Kreditausfällen) und die Bildung von Vorsorgereserven eine Rolle.
Einzelwertberichtigung
Eine Einzelwertberichtigung (EWB) ist eine Abwertung, die vorgenommen wird, wenn ein Kredit mit Ausfallrisiken behaftet ist, dies aber noch nicht durch Korrektur des Wertansatzes berücksichtigt ist. Es findet eine Minderung des bilanziellen Wertansatzes statt.
- nomineller Forderungsbetrag (Buchwert)
- - erwartete Tilgungszahlungen des KN
- - erwartete Einzahlungen aus der Verwendung von Sicherheiten
- = Betrag der EWB
Pauschalwertberichtigung
Forderungen, die zurzeit als ungefährdet erscheinen, aber latente Risiken beinhalten.
- PWB = Ausfallquote * risikobehaftetes Kreditvolumen
Bilanzierung von Derivaten
Derivate lassen sich in Optionsrechten, Stillhalterpositionen und Termingeschäften kategorisieren. Kritischer Punkt ist die Frage ist nach der Bewertung zum Kontraktabschluss, zum Bilanzstichtag oder zum Erfüllungs- bzw. Ausübungszeitpunkt.