Bandy (Sport)
Bandy ist eine Ball- und Mannschaftssportart, die auf Eis ausgetragen wird. Bandy ist der Vorläufer des heutigen Eishockey und wird heute vor allem in Nord- und Osteuropa sowie in Nordamerika betrieben. Erfolgreichstes Nationalteam ist die Männermannschaft von Russland.
Die Regeln des Bandy ähneln mehr denen des Fußballs und des Hockeys als denen des Eishockeys. Das Spielfeld hat die Größe eines Fußballplatzes, die Variante Rinkbandy wird auf kleineren Spielflächen in Eishallen gespielt.
Geschichte
Vorläufer des Bandy gab es schon im Mittelalter. Bereits im 13. Jahrhundert ist ein als bandja bezeichnetes Ballspiel mit Schlägern auf Eis belegt, in Island wurde im 9. Jahrhundert ein ähnliches Spiel namens Knattleikr gespielt. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts ist die Existenz des Bandyspiels in annähernd der heutigen Form nachweisbar.[1] Eine verwandte Variante ist das schottische Shinty. Bandy war nie eine reine Männersportart, seit seiner Entstehung gab es Frauenmannschaften.
Das moderne Bandy ist Anfang des 19. Jahrhunderts in den Fens im Osten Englands entstanden. Die ersten Vereine waren der walisische Bury Fen Bandy Club, wo bereits 1790 Bandyspiele erwähnt wurden, Sheffield United (1855) und Nottingham Forest (1865). Zu Bandy-Hochburgen entwickelten sich vor allem Cambridgeshire und Lincolnshire. 1875 wurde das erste reguläre Match im Crystal Palace in London ausgetragen. Die Gründung des englischen Landesverbandes, der National Bandy Association, erfolgte 1891. Danach verbreitete sich das Spiel rasch in Europa, nicht zuletzt durch die Pioniertätigkeit von C. G. Tebbutt aus Bury Fen. Das erste Länderspiel war eine Begegnung zwischen Großbritannien und den Niederlanden im Jahre 1891.
In Deutschland wurde 1901 der erste Bandy-Verein gegründet, der Charlottenburger Eislaufverein, der seine Spiele im Winter auf dem Spree-Damm austrug. Weitere Vereine waren der Leipziger-HK, BFC Preussen, Academic-SC und Viktoria Berlin. Seit 1880 wird Bandy in der Schweiz gespielt. Ab 1894 gehörte das Duell zwischen St. Moritz und Davos zu den jährlichen Wintersport-Attraktionen. Die ersten Ligen gab es in Holland, in der Schweiz, in Deutschland, Russland (1898), Norwegen (1903), Schweden (1907) und Finnland (1908). Viele der frühen Vereine spielten im Sommer Feldhockey und im Winter auf den gleichen Plätzen Bandy.
Bereits 1913 fand in der Schweiz (Davos) die erste Europameisterschaft statt, die England gewann.
Die Entwicklung des Bandysports wurde mit dem Ersten Weltkrieg zunächst gestoppt. Da das Spielfeld die Größe eines Fußballplatzes hat und deshalb im Freien gespielt werden muss, konnte sich Bandy in Ländern mit gemäßigten Wintern langfristig nicht durchsetzen und wurde mit dem Aufkommen von Eishallen vom Eishockey verdrängt. 1920 wurde Eishockey ein olympischer Sport, und die meisten Bandymannschaften wechselten in den 1920er Jahren zum Eishockey. Später entstand jedoch mit Rinkbandy eine Variante, die auf kleineren Flächen gespielt wird.
1952 war Bandy Demonstrationssportart bei den Olympischen Winterspielen in Oslo. 1955 wurde die International Bandy Federation von vier Ländern gegründet, seit 1957 werden Weltmeisterschaften veranstaltet. Zunächst lagen 4 Jahre zwischen der ersten und zweiten Austragung, dann wurde alle zwei Jahre und seit 2003 jedes Jahr eine WM gespielt.
Heutige Situation
In Schweden und Russland ist der Sport sehr populär. In Finnland und Norwegen ist er ein Randsport. Außerdem wird Bandy auch in den Niederlanden, Ungarn, Kasachstan, den USA, Kanada, Estland, Lettland, der Mongolei und Weißrussland gespielt. 33 Nationen sind Mitglied im Bandy-Weltverband, der Federation of International Bandy.
Vereinssport
Die Elitserien in Schweden ist eine Profiliga. Das bedeutendste internationale Turnier für Profimannschaften ist der 1974–2008 jährlich in der schwedischen Stadt Ljusdal und seit 2009 in Sandviken ausgetragene Bandy World Cup. Ebenfalls seit 1974 gibt es einen europäischen Wettbewerb für Landesmeister, der bisher fast ausschließlich von schwedischen und russischen Mannschaften gewonnen wurde. Diese Dominanz konnte nur 1976 von einer finnischen Mannschaft durchbrochen werden (Oulun Luistinseura). Die meisten Weltmeisterschaften konnte Russland bzw. früher die Sowjetunion gewinnen.
In Russland gibt es seit 1992 die Superliga. Diese Profiliga besteht aus 14 Mannschaften (Stand 2020). Der jährliche nationale Champion wird durch eine reguläre Spielsaison mit anschließenden Playoffs ermittelt.
Nationalmannschaften
1957 fand die erste Bandy-Weltmeisterschaft statt. Seit 1961 wurde diese alle zwei Jahre, seit 2003 jährlich ausgetragen. Dabei konnten die Sowjetunion und Russland als Nachfolger 22 Titel gewinnen, Schweden war elfmal erfolgreich, nur Finnland gelang es 2004 einmal, die Dominanz dieser beiden Länder zu durchbrechen. Neben diesen drei Teams konnten lediglich Norwegen und Kasachstan weitere Medaillen gewinnen. Seit 1991 wird eine B-Gruppe ausgespielt.
2004 wurde erstmals eine Damen-Weltmeisterschaft ausgetragen. Schweden ist mit sechs Titeln Rekordtitelträger. Russland gewann 2014 den ersten Titel. Finnland gewann bislang vier und Norwegen drei Bronzemedaillen.
Die Europameisterschaft 2016 der Männer ist die 2. Austragung dieses Turniers und wird in der Schweiz stattfinden.[2]
Spielweise
Spielfeld und Ausrüstung
Eine Mannschaft besteht aus elf Spielern, es gibt zwei Halbzeiten zu je 45 Minuten, große Tore, kein Spiel hinter dem Tor, Abseits und Eckbälle.
Die Spielzeit läuft kontinuierlich und wird bei einer Spielunterbrechung nicht gestoppt.
Das Spielfeld ist 90 bis 110 Meter lang und 45 bis 65 Meter breit, hat also etwa die Größe eines Fußballfeldes. Es ist mit einer Eisschicht überzogen und liegt meist unter freiem Himmel. Die Tore sind 3,50 Meter breit und 2,10 Meter hoch. Der halbkreisförmige Strafraum hat einen Radius von 17 Metern. Der Strafstoßpunkt liegt zwölf Meter vor dem Tor.
Die Spieler benutzen einen Schläger, der am Schlagende gebogen und abgeflacht ist; also etwa eine Mischung aus Feldhockey- und Eishockeyschläger. Der Schaft des Schlägers ist 1,20 Meter lang. Der Torhüter hat keinen Schläger, sondern versucht, den Ball mit seinen Händen oder dem Körper abzuwehren oder zu fangen. Der Ball mit einem Kern aus Kork ist aus leuchtend rotem oder gelbem Kunststoff und hat ungefähr sieben Zentimeter Durchmesser.
Zur Ausrüstung gehören Helm, Knie- und Armschützer, ein Schutz für die Genitalien sowie gewöhnliche Eishockeyschlittschuhe. Bis zur Einführung der Helmpflicht im Jahr 1966 trugen die Spieler eine Kappe, die oft gepolstert war.
Rinkbandy
Rinkbandy ist die an Eishockeyfelder angepasste Variante des Bandys. Die Regeln ähneln stark denen des Eishockeys, während die Ausrüstung die des Bandys ist. Neben dem Spielball ist das 182 cm × 122 cm große Tor der größte Unterschied beider Sportarten. Rinkbandy hat ebenfalls im Bandy-Weltverband FIB seine Dachorganisation. Die FIB hat das Ziel, Rinkbandy zu verbreiten, um auch Nationen, denen das ursprüngliche Bandy auf großen Feldern einen zu großen Aufwand darstellt, Teilnahmen an internationalen Turnieren zu ermöglichen. Die deutsche Mannschaft hat Rinkbandyturniere in Nijmegen und Nymburk gespielt.
Literatur
- M. Rosenstein: Das Ballsportlexikon, S. 52–58. Berlin, Weinmann 1997.
Weblinks
- DBB (Deutscher Bandy-Bund)
- Schweizerischer Bandy-Verband
- FIB (Internationaler Bandy-Verband)
- www.bandysidan.nu (umfassende Informationen zu Bandy in Englisch und Schwedisch, mit Bildern)
Einzelbelege
- Rosenstein, S. 53.
- О Хабаровске, Олимпиаде и США – rusbandy.ru, übersetzt mit google translate, Information über EM 2016 in Davos.