Balduin Bählamm, der verhinderte Dichter

Balduin Bählamm, der verhinderte Dichter ist die vorletzte Bildergeschichte, die der humoristische Dichter und Zeichner Wilhelm Busch verfasste. Er thematisiert in ihr ähnlich wie in seiner letzten Bildergeschichte Maler Klecksel unter anderem künstlerisches Scheitern, was von einigen Buschbiografen als Selbstkommentar zu seinem Leben gewertet wird.[1] Wilhelm Busch war zwar als Karikaturist und Reimer bekannt; seine Versuche, sich als ernsthafter Maler und Dichter zu etablieren, scheiterten aber. Sein Gedichtband Kritik des Herzens war auf keine Resonanz gestoßen; seine Gemälde entsprachen nicht seinem eigenen Anspruch, so dass er zeitlebens keine Ausstellung bestritt. Seine Bildergeschichte ist Spott über die Kitschautoren seiner Zeit. Ziel des Spottes war vor allem der von König Max geförderte Münchner Dichterkreis Die Krokodile, der sich um Emanuel Geibel, Friedrich Bodenstedt, Paul Heyse und andere gebildet hatte.[2]

Inhalt

Die Bildergeschichte besteht a​us neun Kapiteln u​nd einem „Schluß“. Sie beginnt m​it der ironischen Betrachtung

Wie wohl ist dem, der dann und wann
Sich etwas Schönes dichten kann!

Der sich anschließend über vier Seiten erstreckende (noch) nicht illustrierte Text über das Dichten als solches ist ein Höhepunkt der humoristischen Reflexion Wilhelm Buschs. Danach wird Balduin Bählamms aktuelle Geschichte erzählt: Er ist Vater von vier Kindern und Möchtegerndichter, der seinem Alltag zu entfliehen sucht, weil er sich der Dichtkunst widmen will. Er ist der Prototyp jener Sonn- und Feiertagsdichter der Gründerjahre, die den Leser „erbauen“ wollen.

Zu Hause hängt er Hut und Rock
An den gewohnten Kleiderstock
Und schmückt in seinem Kabinet
Mit Joppe sich und Samtbaret,
Die, wie die Dichtung Vers und Reim,
Den Dichter zieren, der daheim.

Im Fall v​on Balduin Bählamm verhindern jedoch d​ie realen Verpflichtungen u​nd die Widrigkeiten d​es prosaischen Alltags, d​ass es i​hm je gelingt, s​eine poetischen Einfälle niederzuschreiben. Nach e​iner ganzen Reihe grotesker Missgeschicke, d​ie den Inhalt d​er Bildergeschichte ausmachen, erscheint i​hm endlich i​m Traum d​ie Dichtermuse a​ls eine in Weiß gehüllte Flügeldame, a​ber auch s​ie entpuppt s​ich nur a​ls Umdeutung jüngst erlebter Unbill. Er d​arf froh sein, d​ass ihn s​eine Frau jäh a​us den Träumen reißt u​nd in d​ie Wirklichkeit zurückführt:

Die himmlische Gestalt verschwindet,
Und nur das Eine ist begründet,
Frau Bählamm ruft, als er erwacht:
Heraus, mein Schatz! Es ist schon acht!

Ausgaben

  • Wilhelm Busch: Balduin Bählamm der verhinderte Dichter. In: Rolf Hochhuth (Hrsg.): Wilhelm Busch, Sämtliche Werke und eine Auswahl der Skizzen und Gemälde in zwei Bänden. Band 2: Was beliebt ist auch erlaubt. Bertelsmann, Gütersloh 1959, S. 496–559.

Belege

Literatur

  • Michaela Diers: Wilhelm Busch, Leben und Werk. dtv 2008, ISBN 978-3-423-34452-4
  • Joseph Kraus: Wilhelm Busch. Rowohlt, Reinbek 1970 (16. Auflage 9/2004), ISBN 3-499-50163-5
  • Gudrun Schury: Ich wollt, ich wär ein Eskimo. Das Leben des Wilhelm Busch. Biographie. Aufbau-Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-351-02653-0
  • Gert Ueding: Wilhelm Busch. Das 19. Jahrhundert en miniature. Insel, Frankfurt/M. 1977 (Neuauflage 2007).
  • Eva Weissweiler: Wilhelm Busch. Der lachende Pessimist. Eine Biographie. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2007, ISBN 978-3-462-03930-6

Einzelbelege

  1. siehe beispielsweise Diers, S. 147
  2. Kraus, S. 101. Siehe auch Johannes Mahr (Hrsg.), Die Krokodile. Ein Münchner Dichterkreis, Stuttgart (Reclam) 1987
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