Bügeleisenhaus (Hattingen)

Das Bügeleisenhaus ist ein Fachwerkhaus in der Altstadt Hattingens im südlichen Ruhrgebiet. Das 1611 gebaute Haus beherbergt heute das Museum des Heimatvereins Hattingen/Ruhr e. V. Der Name stammt von seiner auffallenden Form (Bügeleisengebäude), die wiederum der Lage am Zusammentreffen zweier Gassen geschuldet ist.

Bügeleisenhaus

Südseite des Hauses

Daten
Ort Hattingen/Ruhr
Bauherr Wilhelm Elling
Baustil Fachwerkhaus
Baujahr 1611
Koordinaten 51° 23′ 51,8″ N,  11′ 1,2″ O
Bügeleisenhaus (Nordrhein-Westfalen)
Türbalken mit Hausspruch aus dem Jahre 1611

Geschichte

Das Gebäude hat einen trapezförmigen Grundriss und läuft dem Verlauf zweier Gassen folgend auf der südlichen Seite schmal zu. An der breiten Hausseite (Nordseite) stößt es das Haus „Haldenplatz 3“. Die Breite des Hauses beträgt an dieser Stelle 8,00 m, während es zur Südseite hin auf 2,57 m ausläuft. Das breitere Obergeschoss wird von Knaggen gestützt, die an den beiden Traufseiten bis zu 0,80 m auskragen. Die Balken sind teilweise mit Maskenschnitzereien und Voluten verziert. Der eingeschossige, 1865 errichtete Stall an der Südseite fehlt heute.[1]

Das Gebäude ließ der Hattinger Bürger Wilhelm Elling im Jahre 1611 errichten. Er war vermutlich Kaufmann. Im Jahre 1620 erfolgte an der Giebelseite ein Anbau. Der aus dieser Zeit stammende Brunnen ist sechs Meter tief. Das Gebäude ist unterkellert. Der Türbalken trägt bis heute den Hausspruch (oben Original, unten Übersetzung):

“BEHEVTE MICH HER FVR FEWR VND BRANDT
WILHEL ELLINGS HAVSZ BIN ICH GENANDT -
ALLE DIE MICH KENNEN DEN GEBE GOTT
WAS SIE MIR GVNNEN ANNO 1611”

„Behüte mich Herr vor Feuer und Brand
Wilhelm Ellings Haus bin ich genannt
alle die mich kennen denen gebe Gott
was sie mir gönnen. Im Jahr des Herrn 1611“

Von 1771 bis 1856 lebten hier Tuchmacher, die auf ihren Handwebstühlen Tuche für Damen- und Herrenbekleidung sowie für Uniformen herstellten. Der letzte Tuchmacher in diesem Haus war Franz Sindern.

Im Jahre 1853 erwarb der jüdische Metzger Salomon Schmidt das Haus und ließ es umbauen. Er richtete einen Schlachtraum, eine Wurstküche und einen kleinen Laden im Haus ein. Neben der Haustür wurde ein Ladenfenster im klassizistischen Stil eingebaut, die anderen Fenster wurden vergrößert, die Giebelseite verschiefert, ein Treppenhaus eingebaut und an der Giebelseite ein kleiner Pferdestall angebaut (nicht mehr vorhanden).

1874 übertrugen die Eheleute Schmidt ihrer Tochter Amalie und deren Ehemann, dem Metzger Nathan Cahn, das gesamte Vermögen inklusive Gebäude. Deren Nachkommen, Selma und Alfred Abraham, wurden 1941 von den Nationalsozialisten enteignet, deportiert und ermordet.[2][3] Sie waren die letzten jüdischen Besitzer des Hauses. Das Haus wurde 1945 der Jewish Trust Corporation (JTC) als Rechtsnachfolgerin rückübertragen. Diese verkaufte es später an die Stadt Hattingen.[1]

Heutige Nutzung

Der Heimatverein Hattingen/Ruhr e. V. erwarb das Haus im Jahre 1955 auf Initiative von Heinrich Eversberg, Fritz Seier und Wolfgang Rauh und renovierte es in Zusammenarbeit mit dem damaligen Landeskonservator von Westfalen-Lippe bis 1962, wobei auch das vermutete, ursprüngliche Aussehen zum Teil wiederhergestellt wurde. Sämtliche Zimmerei- und Schnitzarbeiten wurden vom ortsansässigen Zimmermeister Walter Gröpler durchgeführt. 1962 wurde das renovierte Gebäude als „Heimathaus“ mit einer Ostdeutschen Heimatstube eröffnet.[4] Das bis 2011 meist nur sonntags geöffnete Museum zeigte bisher unter anderem Funde von der Isenburg, wie zum Beispiel Münzen, Keramik, aber auch alte Werkzeuge und Knochen. Die Räume im Obergeschoss befassten sich bis ins Jahr 2011 mit den Hattinger Dichtern und Künstlern Hildegard Schieb, Otto Wohlgemuth und Ferdinand Krüger. Seit 2012 hat das Museum zwischen April und Dezember samstags und sonntags sowie an Feiertagen von 15 bis 18 Uhr sowie nach Vereinbarung geöffnet.

Das einst im Alten Rathaus gelegene, benachbarte Stadtmuseum Hattingen befindet sich heute in Blankenstein.

Ausstellungen

  • 21. April bis 9. Dezember 2018
  1. „Zerbrochen ist sein Wappenschild, mit Trümmern seine Burg gefüllt – Die Grabungsfunde von der Hattinger Burg Isenberg“[5]
  2. „Kaufmann, Weber, Metzger, Künstler – Geschichten vom Haldenplatz Nr. 1“[6]
  3. „MADE in HATTINGEN - Waren aus der Heimat“[7]
  4. „Die Ostdeutschen Heimatstuben Hattingen 1962 bis 2002“[8]

Bewohner-Historie

Historie[1]
JahrBewohnerBerufBemerkung
1611–
ca. 1639
Wilhelm Elling, Ehefrau Gertrud geb. Netman
und vier Kinder (Gertrudis, Anna,
Margaretha, Johann-Arnold)
unbekanntErbauer des Hauses. Heirat (⚭) 26. Januar 1622
1766–
1808
Johann-Dietrich Schulte
mit Ehefrau und vier Töchtern
Gärtner* 2. November 1744 in Herdecke, übernahm das Haus
von seinem Vater; † 8. Januar 1808
1808Christoph Niermann mit Ehefrau
Maria-Elisabeth (geb. Schulte) mit fünf Kindern
TuchmacherMaria erbte das Haus von ihrem Vater,
⚭ 27. März 1810
1826unbekanntunbekanntNiermann war noch Eigentümer des Hauses,
wohnte aber bei Haus „Bruch“, Welper
1833Friedrich-Wilhelm HöfkenTuchfabrikantersteigerte das Haus am 4. Oktober 1833
1836Jonas Höfken sen.unbekannterbte das Haus von seinem Vater
1838Wilhelmine Hochstrateunbekanntkaufte das Haus für 650 Reichstaler (Rthlr.)
1838Franz Sintern (* 1787) mit Ehefrau und SohnTuchweberW. Hochstrate übertrug das Haus am 22. April 1838.
1843• Franz Sintern
• Familie Michel (* 1796) mit Frau und Sohn,
• Heinrich Schmidt (* 1815) mit
00Ehefrau und zwei Kindern
• Tuchmacher
• Tuchbereiter
• Schmied
 
1852• Franz Sintern und Familie
• Schilling
• Somme
• Gieselmann
• Tuchmacher
 
 
 
Berufe und Anzahl der
Familienmitglieder unbekannt
1856Salomon Schmidt und FamilieMetzgerkaufte das Haus am 1. November 1856;
Umbauten:
Schlachtraum, Wurstküche, Ladenlokal,
Pferdestall (Anbau an der südlichen
Giebelseite, nicht mehr vorhanden)
1861• Andreas Schmalz
• August Feilke
• Abraham Heinrichs
unbekanntBerufe und Anzahl der
Familienmitglieder unbekannt
1867Salomon SchmidtunbekanntBeruf und Anzahl der
Familienmitglieder unbekannt
1874–
1907
• Nathan Sive
• Norbert Cahn mit Ehefrau
00Amalie, geb. Schmidt
Metzger* 25. Dezember 1874 im Haus
1885Familie Cahn (3 männl., 6 weibl. Personen)MetzgerAngaben Volkszählung Haus Nr. 340
1891• Nathan Cahn
• Karl Kurtze
• Sybille Schmidt
• Metzger
• Metzgergeselle
• Witwe
1907unbekanntunbekanntDie Metzgerei wird in die „Bruchstraße“
verlegt und das Haus ist von da an nur
noch Wohnhaus mit verschiedenen Mietern.
1908• Heinrich Claes
• Adele Rund
• Anna Rund
• Karl Rund jun.
• Karl Rund sen.
• Florentine Schneider
• Magdalena Schneider
• Schneidermeister
• Fabrikarbeiterin
• Fabrikarbeiterin
• Bohrer
• Reichsinvalide
• Putzerin
• Witwe (Cahn?)
1929• Wilhelmine Hesper
• Wilhelm Kranz
• Heinrich Schiff
• Johann Stump
• Alma Marklein
• Witwe
• Arbeiter
• Arbeiter
• Kranführer
• Putzfrau
• (Bahn)
• Furhmann bei Schack
 
 
 
1933Familie Glittenberg mit Tochter MargotunbekanntMargot (* 8. Juli 1933 im Hause)
1934• Otto Behlau
• Wilhelm Geile
• Wilhelm Kranz mit Kindern (Johanna, August)
• Emma Kurzawa
• Dietrich Leimann
• Anton Simon
• Wilhelm Waldmann
• Hermann Weber
• Arbeiter
• unbekannt
• Hilfsarbeiter
• Arbeiterin
• Ofenmann
• unbekannt
• Vorarbeiter
• Schlosser
1937Elisabeth RölkerEinzelhandelskaufmannTochter von Johanna Kranz
(23. Juni 1937 im Hause)
1938–
1941
• Anton und Änne Simon
• Anni, Hilde und Kitty Koch mit
Eltern und Schwester (Tante?)
• unbekannt
• unbekannt
1961–
1964
Otto WohlgemuthBergmann, Dichter, Stadt-
bibliothekar und Maler
* 30. März 1884;
† 18. August 1965 im Hause
1962–
1964
Marie Wittenbecherunbekannt* 12. September 1913;
⚭ mit O. Wohlgemuth 28. September 1962.
1964Marie MeschedeZeitungsbotin* 1900

Lage

  • Das Museum im Bügeleisenhaus, Haldenplatz Nr. 1, 45525 Hattingen/Ruhr

Galerie

Siehe auch

Commons: Bügeleisenhaus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Heimatverein Hattingen/Ruhr e. V.: 400 Jahre Bügeleisenhaus – Ein Lesebuch. 1. Auflage. Paashaas, Hattingen 2011, ISBN 978-3-942614-03-0, S. 87–89.
  2. Richard P.: Stolperstein Selma Abraham. Foto und Begleittext. 4. Februar 2008, archiviert vom Original am 29. April 2013; abgerufen am 29. April 2013.
  3. Thomas Weiß, Stadtarchivar: Stolperstein für Selma Abraham, geb. Cahn. (PDF; 721 kB) 2006, S. 5, archiviert vom Original am 29. April 2013; abgerufen am 29. April 2013.
  4. Ostdeutsche Heimatstuben. Museum im Bügeleisenhaus. Abgerufen am 4. Februar 2019.
  5. Zerbrochen ist sein Wappenschild. In: Das Museum im Bügeleisenhaus | Haldenplatz Nr. 1. 19. November 2016 (wordpress.com [abgerufen am 2. Februar 2018]).
  6. Geschichten vom Haldenplatz Nr. 1. In: Das Museum im Bügeleisenhaus | Haldenplatz Nr. 1. 13. Dezember 2016 (wordpress.com [abgerufen am 2. Februar 2018]).
  7. Made in Hattingen – Waren aus der Heimat. In: Das Museum im Bügeleisenhaus | Haldenplatz Nr. 1. 22. Mai 2017 (wordpress.com [abgerufen am 2. Februar 2018]).
  8. Ostdeutsche Heimatstuben. In: Das Museum im Bügeleisenhaus | Haldenplatz Nr. 1. 28. Dezember 2017 (wordpress.com [abgerufen am 2. Februar 2018]).
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