Australide
Australide ist eine nicht mehr gebräuchliche anthropologische Sammelbezeichnung für die Ureinwohner Australiens sowie manchmal melanesische und Negrito-Bevölkerungen.[1]
Australide waren nach veralteter Rassenkunde schwer zuzuordnen. Sie wurden anfangs zu den Negriden gezählt, zum Teil als eigenständige Großrasse geführt und später den Mongoliden zugeordnet. Diese Klassifizierungen erfolgten mehr oder weniger willkürlich anhand (augenfälliger) gemeinsamer Merkmale, von denen man annahm, sie belegten einen gemeinsamen Ursprung oder eine genetische Verwandtschaft.[2]
Rassensystematische Untergliederung
Die Australiden wurden nach der Rassensystematik – die bis über die Mitte des 20. Jahrhunderts hinaus gebräuchlich war – in weitere verschiedene „Kleinrassen“ untergliedert, deren Abgrenzung natürlich noch weitaus problematischer ist als die der drei „Großrassen“. Trotz der enormen Datenmengen über diverse körperliche Merkmale, die zur Rassenbestimmung zusammengetragen wurden, blieb die Beurteilung immer subjektiv, eurozentrisch und so dermaßen künstlich konstruiert, dass die Ergebnisse den vorher formulierten Erwartungen entsprachen.[3][4]
Die folgende Einteilung – hier als Untergliederung der Mongoliden – und die „rassentypologischen Beschreibungen“ fanden sich noch 1978 im Führer durch die anthropologische Schauausstellung des Naturhistorischen Museums Wien. Dort werden allerdings auch die Unsicherheiten und anderen möglichen Zuordnungen (Sondergruppe, Negride) beschrieben.[5]
Andamaner
Verbreitung: Andamanen.
Merkmale: kleinwüchsig (Männer ca. 150 cm, Frauen ca. 142 cm), kräftig, untersetzt bis grazil, schlank, normale Proportionen; bei den Frauen fast immer Fettsteiß (Steatopygie); kurzer, runder Kopf; mittellanges, mittel breites, rautenförmiges Gesicht; steile, gewölbte Stirn; große, weite Lidspalte; mittelhohe, mäßig breite, gerade Nase mit abgesetzter, aufwärts gerichteter Nasenspitze; breite Lippen, Hautoberlippe konkav; markant profiliertes, leicht fliehendes Kinn; dunkelbraune Haut; dunkelbraune Augen; schwarzes, engspiraliges Haar (Filfil).
Semang
Verbreitung: Malakka an der Südspitze Hinterindiens.
Merkmale: kleinwüchsig (Männer ca. 153 cm, Frauen ca. 143 cm), schlank, normale Proportionen; kurzer, runder Kopf; mittellanges, mittelbreites, ovales bis rautenförmigen Gesicht; steile, gewölbte Stirn; große, weite Lidspalte; mittelhohe, breite Nase mit flacher Nasenwurzel; sehr breite Lippen; vorspringender Oberkiefer (Prognathie); mäßig profiliertes, leicht fliehendes Kinn; dunkelbraune Haut; dunkelbraune Augen; schwarzes, krauses bis engspiraliges Haar.
Aeta
Verbreitung: Philippinen.
Merkmale: kleinwüchsig (Männer ca. 150 cm, Frauen ca. 142 cm), schlank, normale Proportionen; mittellanger, runder Kopf; mittellanges, breites, rautenförmiges Gesicht; leicht hervortretende Jochbeine; steile, nach oben schmaler werdende Stirn; mittelgroße, mäßig enge Lidspalte; mittelhohe, breite Nase mit geblähten Nasenflügeln, niedrige Nasenwurzel; sehr breite Lippen; rundliches Kinn; tief dunkelbraune Haut; dunkelbraune Augen; schwarzes, dicht krauses Haar.
Palämelaneside
Verbreitung: melanesische Inselwelt (z. B. Salomon-Inseln, Santa Cruz-Inseln, Neue Hebriden), Neukaledonien.
Merkmale: mittelgroß, untersetzt; mittellanger, mittelbreiter, niedriger Kopf; niedriges, sehr breites, massiges Gesicht; hohe, mittelbreite, steile Stirn; tiefliegende, enge Lidspalte; mittelhohe, breite, manchmal konkave Nase; dicke Lippen; kräftiges, fliehendes Kinn; tief dunkelbraune Haut; dunkelbraune Augen; schwarzes, spiralförmig gekraustes Haar.
Neomelaneside
Verbreitung: Neuguinea.
Merkmale: übermittelgroß, schlank, kräftig; langer, mittelbreiter, hoher Kopf; ausladendes Hinterhaupt; hohes, schmales bis mittelbreites Gesicht; leicht hervortretende Jochbeine; hohe, schmale; leicht zurückweichende Stirn; mittelgroße, enge Lidspalte; hohe, mittelbreite, oft konvexe Nase mit breiten Nasenflügeln; mäßig breite Lippen; mäßig profiliertes, oft fliehendes Kinn; braune Haut; braune bis braunschwarze Augen; schwarzes, schlichtes bis gekraustes Haar.
Australide
Verbreitung: Australien (ohne Tasmanien).
Merkmale: mittelgroß, hager, langbeinig; langer, schmaler, niedriger/Kopf; sehr hohes, breites, derbes Gesicht mit starken Überaugenwülsten; fliehende Stirn; kleine, weite Lidspalte; mittelhohe, sehr breite Nase mit geblähten Nasenflügeln; Nasenrücken meist gerade; breite Lippen; vorstehender Oberkiefer (Prognathie); niedriges, fliehendes Kinn; braune Haut mit wechselndem Dunkelheitsgrad; braune bis dunkelbraune Augen; blondes bis braunes, gewelltes Haar.
Tasmanier
Verbreitung: Tasmanien.
Merkmale: mittelgroß, untersetzt; mittellanger, mittelbreiter, niedriger Kopf; niedriges, sehr breites, massiges Gesicht mit starken Überaugenwülsten; mittelhohe, breite, fliehende Stirn; kleine, weite Lidspalte; mittelhohe, sehr breite Nase mit geblähten Nasenflügeln, Nasenwurzel niedrig; breite Lippen; vorstehender Oberkiefer (Prognathie); niedriges, fliehendes Kinn; dunkelbraune Haut; braune bis dunkelbraune Augen; schwarzes Kraushaar.
Einzelnachweise
- H. Autrum, U. Wolf (Hrsg.): Humanbiologie: Ergebnisse und Aufgaben. Auflage, Springer Berlin/Heidelberg/New York 1973, ISBN 978-3-540-06150-2. S. 76–82.
- Lexikon der Biologie, Band 9, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2002, ISBN 3-8274-0334-0, S. 170–177 (Artikel Menschenrassen), S. 319 (Artikel Mongolide)
- Ulrich Kattmann: Warum und mit welcher Wirkung klassifizieren Wissenschaftler Menschen? In: Heidrun Kaupen-Haas und Christian Saller (Hrsg.): Wissenschaftlicher Rassismus: Analysen einer Kontinuität in den Human- und Naturwissenschaften. Campus, Frankfurt a. M. 1999, ISBN 3-593-36228-7, S. 65–83.
- Oliver Trey: Die Entwicklung von Rassentheorien im 19. Jhdt.: Gobineau und sein Essai „Die Ungleichheit der Menschenrassen“. disserta, Hamburg 2014, ISBN 978-3-95425-684-6. S. 13, 28–29, 43.
- Johann Szilvassy u. Georg Kentner: Anthropologie. Entwicklung des Menschen. Rassen des Menschen. Naturhistorisches Museum, Wien 1978, Online-Version.S. 101, 112, 137, 142–146.