August Walling

August Karl Walling (* 1. Februar 1911 i​n Schleswig; † 26. Oktober 1989 i​n Geislingen a​n der Steige)[1] w​ar SS-Hauptscharführer u​nd Kommandant d​es Konzentrationslagers Hessental b​ei Schwäbisch Hall.

Biografie

Walling w​ar seit 1926 Musiker u​nd Konzertmeister[2] u​nd seit 1934/35 (nach eigenen Angaben „passives“) Mitglied d​er SA. Er w​ar verheiratet u​nd hatte d​rei Kinder.[1]

Bei Kriegsbeginn z​ur Luftwaffe gekommen, w​urde er b​is zu dessen Auflösung i​m Musikcorps eingesetzt. Im Frühjahr 1944 w​urde er i​n das Konzentrationslager Natzweiler-Struthof abkommandiert, w​o er a​ls Eingangstorwache diente.[1] Dort w​urde er a​m 1. Mai 1944 i​n die Waffen-SS aufgenommen; i​n seiner Aussage erklärte e​r später n​ur lapidar, e​r habe Natzweiler „in d​er Uniform d​er SS verlassen“. Das Wachsturmbanner d​es Lagers Natzweiler w​ar durch e​inen Sonderbefehl n​eu organisiert u​nd zahlreiche Offiziere a​us Wehrmacht u​nd Luftwaffe i​n die Waffen-SS übernommen worden; entgegen zahlreicher späterer Aussagen w​aren diese jedoch n​icht nur für d​en Wachdienst zuständig.[3]

Vom 17. Oktober 1944 bis zur Räumung im April 1945 (Hessentaler Todesmarsch) war Walling Kommandant des zum Verwaltungskomplex des Konzentrationslagers Natzweiler gehörenden Außenlagers Hessental. Die Lagerführer der Außenlager waren in allen Häftlingsangelegenheiten allein verantwortlich und der Kommandantur Natzweiler direkt unterstellt.[3] Als Kommandant des Konzentrationslagers Hessental zeigte Walling einen äußerst wechselhaften Charakter: Zeugen berichten einerseits von Gewaltausbrüchen, andererseits habe er sich manchmal auch „menschlich gezeigt“.[1] Walling war „mit der Situation überfordert“; die Zustände im Lager unter seinem Kommando führte er in selbstmitleidiger, zynischer und entmenschlichender Weise auf äußere Umstände („Ich konnte nichts dafür“)[2] und die Häftlinge selbst zurück („Sie waren verlaust und unterernährt und kamen schon an wie die Leichen selbst“).[4]

Die Gesundheits- und Ernährungssituation war desolat. Gefangene, die von der Bevölkerung Nahrungsmittel annahmen oder erbettelten, wurden regelmäßig brutal bestraft oder ermordet.[5] Über 100 Häftlinge fielen im Februar 1945 einer Typhusepidemie zum Opfer.[5] Der Häftling Zmul Ackermann sagte aus, Walling habe Lebensmittel unter die Gefangenen geworfen und sich dann über deren „Kampf ums Essen belustigt“. Gefangene habe er „häufig … mit dem Stock geschlagen“. Laut der Aussage dreier Zeugen habe er den Häftling Joseph Kirchen „in den Leib geschossen“, weil dieser erbettelte Nahrungsmittel ins Lager brachte. Später soll Walling die Tat bereut haben. (Kirchen überlebte durch die Pflege von Mithäftlingen und Häftlingsärzten.)

Walling erlaubte d​ie Beerdigung d​er Toten i​n Massengräbern a​uf dem jüdischen Friedhof Steinbach. Im Prozess w​urde ihm d​ies später vorgehalten, d​enn es würde beweisen, d​ass solches Verhalten i​n seinem Ermessensspielraum gelegen habe.[1][6]

Prozess und Nachkriegszeit

Am 6. Oktober 1947 wurde das Strafverfahren Nr. 93 der Rastatter Prozesse mit der Verlesung der Anklageschrift eröffnet. Es behandelte die Außenlager Vaihingen, Unterriexingen, Kochendorf und Hessental – insgesamt waren 42 Personen angeklagt, darunter Walling.[7] Am 11. Dezember 1947 wurde er vom französischen Tribunal Général unter dem Vorsitz von Yves Lemerle wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu einer zwanzigjährigen Haftstrafe mit Zwangsarbeit verurteilt. Das Gericht machte Walling dabei für die „hohe Sterberate und Exzesse“ verantwortlich; während des relativ kurzen Bestehens des Außenlagers Hessental starben mindestens 182[6] bis 200 Menschen.[1] Von der Strafe saß er im Kriegsverbrechergefängnis Wittlich nur zehn Jahre ab.[1]

Nach seiner Haftentlassung w​urde August Walling Chorleiter u​nd Dirigent verschiedener Musikvereine, u​nter anderem 1958 i​n Schnittlingen[1][8] u​nd 1965 i​n Treffelhausen.[9] Er l​ebte bis z​u seinem Tod i​n Geislingen a​n der Steige.

Literatur

  • Yveline Pendrais: Les Procès de Rastatt (1946–1954). Le jugement des crimes de guerre en zone français d’occupation en Allemagne (= Collection Contacts, Série II – Gallo-Germanica, Volume 16). Lang, Bern 1995, ISBN 3-906754-18-9.
  • Arno Huth: Dokumentation: Das doppelte Ende des „K.L. Natzweiler“ auf beiden Seiten des Rheins. Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (Hrsg.), Neckarelz 2013.
  • Bundesarchiv, B 162/4342, Bl. 254A: Vernehmung von Walling am 22. November 1968 in Geislingen

Einzelnachweise

  1. Arno Huth: Das doppelte Ende des „K.L. Natzweiler“ auf beiden Seiten des Rheins. S. 243.
  2. Arno Huth: Das doppelte Ende des „K.L. Natzweiler“ auf beiden Seiten des Rheins. S. 244.
  3. Arno Huth: Das doppelte Ende des „K.L. Natzweiler“ auf beiden Seiten des Rheins. S. 43.
  4. An den Stelen der Hessentaler KZ-Gedenkstätte werden 200 neue Schilder befestigt auf swp.de
  5. Ernährung und Gesundheit auf der Webseite der KZ-Gedenkstätte Hessental
  6. Misshandlungen und Morde auf der Webseite der KZ-Gedenkstätte Hessental
  7. Arno Huth: Das doppelte Ende des „K.L. Natzweiler“ auf beiden Seiten des Rheins. S. 92 f.
  8. Vereinsgeschichte auf mv.schnittlingen.de
  9. Vereins-Chronik auf mvtreffelhausen.de
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.