Atlantis (2019)
Atlantis ist ein Science-Fiction-Film von Walentyn Wassjanowytsch, der im September 2019 im Rahmen der Filmfestspiele von Venedig seine Premiere feierte und am 5. November 2020 in die ukrainischen Kinos kommen sollte. In dem dystopischen, in einem postapokalyptischen Szenario spielenden Film bergen die Mitglieder der Organisation „Schwarze Tulpe“ nach einem langen Krieg mit Russland in der Ostukraine Leichen. Atlantis wurde von der Ukraine als Beitrag für die Oscarverleihung 2021 in der Kategorie Bester Internationaler Film eingereicht.
Film | |
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Originaltitel | Atlantis |
Produktionsland | Ukraine |
Originalsprache | Ukrainisch, Englisch |
Erscheinungsjahr | 2019 |
Länge | 106 Minuten |
Stab | |
Regie | Walentyn Wassjanowytsch |
Drehbuch | Walentyn Wassjanowytsch |
Produktion | Ija Myslizkaja, Walentyn Wassjanowytsch, Wladimir Jazenko |
Kamera | Walentyn Wassjanowytsch |
Schnitt | Walentyn Wassjanowytsch |
Besetzung | |
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Handlung
Im Jahr 2025 in der Ostukraine, ein Jahr nach dem Krieg mit Russland. Ein Mann namens Sergiy hat durch die Auseinandersetzungen ein Trauma davongetragen. Der Krieg hat aber auch in der Landschaft seine Spuren hinterlassen. Das Gebiet, in dem sich Sergiy befindet und einer Trümmerlandschaft gleicht, wurde als nicht bewohnbar eingestuft, da die Umwelt stark in Mitleidenschaft gezogen wurde. Die Schäden scheinen zum gegenwärtigen Zeitpunkt so gut wie irreversibel. In dieser unwirklichen Wüste ist Wasser ein Luxusgut, das per Lastwagen dorthin transportiert wird.
Er schließt sich einer Truppe von Freiwilligen mit dem Namen „Schwarze Tulpe“ an, die Leichen ausgraben, zumindest die Knochen, die von ihnen übrig sind. Diesen Menschen wurde die Ehre einer ordentlichen Bestattung verwehrt. In der Gruppe trifft Sergiy auch Katja wieder, seine ehemalige Geliebte, die mit ihrem Engagement versucht, wieder Ordnung in das Chaos zu bringen. Während sich Sergiy und Katja ein weiteres Mal ineinander verlieben, versuchen sie eine Art von normalem Leben zu führen.[1][2][3]
Produktion
„Menschen starben für etwas, das buchstäblich zu einem Sumpf geworden ist.“
Regie führte Walentyn Wassjanowytsch, der auch das Drehbuch schrieb und als Kameramann und Filmeditor fungierte. Für den Film The Tribe aus dem Jahr 2014 arbeitete Wassjanowytsch als Kameramann für Myroslaw Slaboschpyzkyj. Der Film gilt als einer der erfolgreichsten ukrainischen Filme des 21. Jahrhunderts.[4][5][6] Über die wüstenähnliche Welt, die er in Atlantis geschaffen hat, sagte der Regisseur, das Donbass sei eine ländliche Region mit nur noch wenigen Wasserquellen, dafür aber vielen verlassenen Minen, die jedoch seit vielen Jahren geschlossen sind. Aus diesen werde noch immer das Wasser abgepumpt, damit es nicht das Gift absorbiert. In einigen Jahren werde die Gegend aller Wahrscheinlichkeit nach eine Wüste oder ein salziger Sumpf sein, wie in seinem Film. Er habe eine Welt zeigen wollen, in der dieser Prozess bereits stattgefunden hat.[7] Teile des Steinkohle- und Industriegebiets Donbass beiderseits der russisch-ukrainischen Grenze sind seit April 2014 Schauplatz des Krieges zwischen ukrainischen Truppen und prorussischen Separatisten. Die dortigen Kampfhandlungen finden zwischen von Russland unterstützten Milizen, regulären russischen und ukrainischen Truppen sowie Freiwilligenmilizen statt. Über diesen Krieg und die reale Zerstörung der Umwelt im Donbass sagt der Regisseur: „Es ist ein finsterer Gedanke – Menschen starben für etwas, das buchstäblich zu einem Sumpf geworden ist.“[7]
Die Organisation „Schwarze Tulpe“ gibt es wirklich.[8] Diese wurde von Jaroslaw Schilkin gegründet und birgt in der Ostukraine getötete Soldaten. Dabei übernehmen im ganzen Land Freiwillige Aufgaben, die eigentlich Staatssache sind. Sowohl die ukrainische Armee als auch die Separatisten lassen sie gewähren.[9]
Die Rolle von Sergiy wurde mit Andrii Rymaruk besetzt. Ljudmyla Bileka spielt Katja. In Vorbereitung auf ihre Rolle hatte die Schauspielerin mit einer jungen Frau gesprochen, die für die reale „Schwarze Tulpe“ tätig ist.[7] Wassyl Antoniak ist in der Rolle von Iwan zu sehen.
Eine erste Vorstellung des Films erfolgte am 4. September 2019 im Rahmen der Filmfestspiele von Venedig. Anfang September 2019 erfolgten auch Vorstellungen beim Toronto International Film Festival.[1] Ende September, Anfang Oktober 2019 wurde er beim Odesa International Film Festival und beim Filmfest Hamburg gezeigt[10][11][12], Ende Oktober 2019 bei der Viennale.[3] Der internationale Vertrieb wird von Best Friend Forever abgewickelt[2], die Rechte für Nordamerika liegen bei Grasshopper Film.[13]
Rezeption
Kritiken
Von den bei Rotten Tomatoes aufgeführten Kritiken sind 97 Prozent eher positiv mit einer durchschnittlichen Bewertung von 7,5 von möglichen 10 Punkten.[14] Auf Metacritic erhielt er einen Metascore von 85 von 100 möglichen Punkten.[15]
Marta Balaga vom Online-Kinomagazin Cineuropa schreibt, der Film sei teils ein Kommentar zu den gegenwärtigen politischen Unruhen in der Ostukraine und teils eine postapokalyptische Vision eines zerstörten, wüstenähnlichen Universums wie in Mad Max. Teilweise inspiriert von der dramatischen Verschlechterung der Wasserqualität in den besetzten Gebieten könnte Atlantis der originellste Film des jüngsten ukrainischen Kinos sein, wenn er versucht, selbst die unangenehmsten Probleme anzugehen und dennoch Liebe an einem hoffnungslosen Ort finden lässt.[2]
Glenn Kenny von der New York Times bemerkt, andere dystopische Filme setzten ihrer Tristesse fast immer raffinierte Technologien oder zumindest unglaublich schnelle und gefährliche Autos, die sich Verfolgungsjagden liefern, entgegen, nicht jedoch Atlantis. Vielmehr sei der Film eine Übung im sogenannten „langsamen Kino“.[16]
Auch Joe Morgenstern bemerkt im Wall Street Journal die langen und langsamen Rituale als eine Art Markenzeichen des Films, wobei besonders die Arbeit des Teams von Freiwilligen zu nennen sei, das die Leichen, die über das gesamte verwüstete Land verstreut sind, exhumiert. Die meisten Leichen seien teilweise mumifiziert, was als Gleichnis für ein teilweise mumifiziertes Land zu verstehen sei und damit auch auf das titelgebende Atlantis, ein versunkenes Land, anspiele. Vasyanovychs Ansatz sei visionär, und ein Aspekt der Vision sei die Darstellung der Maschinen. Seit Jennifer Baichwals Dokumentarfilm Manufactured Landscapes aus dem Jahr 2006 habe es keinen Film mehr gegeben, in dem äußerst verkrustete Dinge wie die Lastwagen oder Güterzüge mehr Vitalität besitzen als einige der müden Seelen, die sie steuern, was sinnbildlich für den Krieg zwischen Russland und der Ukraine stehe, so Morgenstern.[17]
Auszeichnungen (Auswahl)
Atlantis wurde von der Ukraine als Beitrag für die Oscarverleihung 2021 in der Kategorie Bester Internationaler Film eingereicht.[11] Bereits Wassjanowytschs Film Black Level war 2018 hierfür von der Ukraine eingereicht worden. Zudem gelangte Atlantis als Bester fremdsprachiger Film in die Vorauswahl für die Golden Globe Awards 2021. Im Folgenden weitere Auszeichnungen und Nominierungen.
Filmfest Hamburg 2019
- Nominierung für den Preis der Filmkritik (Walentyn Wassjanowytsch)[18]
Internationale Filmfestspiele von Venedig 2019
- Auszeichnung als Bester Film in der Sektion Orizzonti (Walentyn Wassjanowytsch)[19]
International Istanbul Film Festival 2020
- Auszeichnung mit der Goldenen Tulpe (Walentyn Wassjanowytsch)[20]
Odesa International Film Festival 2020
- Auszeichnung als Bester Film im Internationalen Wettbewerb (Walentyn Wassjanowytsch)[21]
- Nominierung als Bester fremdsprachiger Film
Taras-Schewtschenko-Preis 2021
- Auszeichnung in der Kategorie Filmkunst (Walentyn Wassjanowytsch)[22]
Ukrainian Film Critics Awards 2020
- Auszeichnung als Bester Spielfilm mit dem „Kinokolo“ (Walentyn Wassjanowytsch und Wladimir Jazenko)
- Auszeichnung für die Beste Regie (Walentyn Wassjanowytsch)
- Nominierung als Bester Schauspieler für den „Kinokolo“ (Andrii Rymaruk)
- Nominierung als Beste Schauspielerin für den „Kinokolo“ (Ljudmyla Bileka)[23]
Weblinks
- Atlantis in der Internet Movie Database (englisch)
- Atlantis im Programm der Filmfestspiele von Venedig (englisch)
- Atlantis im Programm des Filmfest Hamburg
- Atlantis – Trailer des International Film Festival Rotterdam (Video)
Einzelnachweise
- Atlantis. In: tiff.net. Abgerufen am 7. November 2020.
- Marta Bałaga: Review: Atlantis. In: cineuropa.org, 5. September 2019.
- Atlantis. In: viennale.at. Abgerufen am 7. November 2020.
- Atlantis. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 25. September 2021.
- Valentyn Vasyanovych. In: iffr.com. Abgerufen am 7. November 2020.
- Atlantis. In: filmfestival-goeast.de. Abgerufen am 7. November 2020.
- Marta Bałaga: Valentyn Vasyanovych. Director of Atlantis: “In Ukraine, you have to be an optimist”. In: cineuropa.org, 9. September 2019.
- Re: Mission Schwarze Tulpe. Vermisstensuche im ukrainischen Kriegsgebiet. In: ard.de / Arte, 5. Juni 2019.
- Alice Bota: Fünf vor acht / Ostukraine: Wie viel ist ein Soldat wert? In: Zeit Online, 22. Juli 2015.
- OIFF 2020 – Day 2: Premiere of “Atlantis” and Master Class by Roy Andersson. In: oiff.com, 26. September 2020.
- Atlantis, film about Donbas to represent Ukraine at Oscar competitions. In: 112.international, 24. September 2020.
- Atlantis. In: filmfesthamburg.de. Abgerufen am 10. September 2019.
- quotenmeter.de
- Atlantis. In: Rotten Tomatoes. Fandango, abgerufen am 5. April 2021 (englisch).
- Atlantis. In: Metacritic. CBS, abgerufen am 8. Februar 2021 (englisch).
- Glenn Kenny: ‘Atlantis’ Review: A Bleak Apocalypse Love Story. In: The New York Times, 21. Januar 2021.
- Joe Morgenstern: ‘Atlantis’ Review: Sunken Souls. In: The Wall Street Journal, 21. Januar 2021.
- Nominierungen: Preis der Filmkritik. In: filmfesthamburg.de. Abgerufen am 28. September 2019.
- Nikki Baughan: ‘Atlantis‘: Venice Review. In: screendaily.com, 7. September 2019.
- Handan Kazanci: Ukrainian movie wins top honor at Istanbul Film Fest. Postwar dystopian drama wins Golden Tulip at this year's edition of prestigious Turkish film festival. In: aa.com.tr, 21. Oktober 2020.
- Vassilis Economou: Dinner in America and Atlantis come out on top at the 11th Odesa International Film Festival. In: cineuropa.org, 5. Oktober 2020.
- У Києві оголосили лауреатів Шевченківської премії. In: ukrinform, 9. März 2021. (Ukrainisch)
- The programme "Focus: Ukraine-France" includes six metropolitan premieres of contemporary hits of Ukrainian and French cinema, jointly selected by film critics of the participating countries . In: ui.org.ua. Abgerufen am 7. November 2020.