Armbrustschützengesellschaft in Weimar

Die privilegierte Armbrustschützengesellschaft i​n Weimar bestand ausweislich d​es Armbrustschützenstatuts s​eit dem 8. Juni 1680.[1]

Armbrust mit Stahlbogen 16. Jahrhundert

Geschichte

Zur Bewachung der Stadt Weimar sind seit 1398 Armbrustschützen nachweisbar. Die Gesellschaft bestand angeblich bereits seit 1436.[2] Vorläufer von Schützenfesten, sog. Schießhöfe, sind für 1454 und 1455 bekannt. Im Jahr 1585 spalteten sich die Büchsenschützen von diesen ab und bildeten eine eigene Gesellschaft mit eigenem Vereinshaus, dem Schießhaus (Weimar). Der erste gemeinschaftlich mit den Büchsenschützen genutzte Schießgarten lag um 1515 an der Esplanade.[3] Die dem Bürgertum vorbehaltene Gesellschaft erhielt am 28. November 1765 ein Vereinshaus in der Teinergasse, aus der später die Schützengasse wurde. Goethe, Schiller[4], Carl August und Liszt weilten hier. Goethe war Ehrenschütze des Vereines.[5] Die Herzöge waren auch dessen Protektor.[6] Johann Peter Eckermann bezeugte für den 20. Oktober 1830, dass auch die Großherzogin Maria Pawlowna in diesem Sinne wirkte.[7] Auch der Schriftsteller Christian August Vulpius war Mitglied der Armbrustschützengesellschaft.[8] Das Haus bildete den Rahmen für zahlreiche Arten von Theateraufführungen und Bällen und sonstigen gesellschaftlichen Betätigungen wie dem Vogelschießen.

Die Armbrustschützengilde i​n Weimar konnte s​ich im Unterschied z​u anderen Schützengilden, d​ie durch d​ie Büchsenschützen verdrängt wurden u​nd schließlich verschwanden, behaupten. Zur Armbrustschützengesellschaft i​st im Thüringischen Hauptstaatsarchiv Weimar e​ine archivalische Überlieferung vorhanden.[9]

Vom 4. November 2011 b​is 29. Januar 2012 präsentierte d​as Stadtmuseum Weimar d​ie Sonderausstellung "Eingedenk d​er alten Zeit" Die Weimarer Armbrustschützengesellschaft u​nd ihre wechselvolle Geschichte.[10] Dazu i​st auch e​in Katalogband erschienen.[11]

Schützenhaus

Ehemaliges Haus der Weimarer Armbrustschützengesellschaft

1837 w​urde ein n​eues Schieß- u​nd Gesellschaftshaus d​urch Clemens Wenzeslaus Coudray i​n der Schützengasse 14 errichtet. Der Entwurf h​at sich n​icht erhalten. Der klassizistische Bau h​atte in d​er Mitte e​inen großen Festsaal, während d​ie Schießübungen s​ich im Garten abspielten. Dieser Bau h​atte zunächst e​lf Achsen m​it einem z​um Boden reichenden Mittelrisalit m​it Dreiecksgiebel. 1907 erweiterte Rudolf Zapfe d​as Haus u​m acht weitere Achsen m​it einem weiteren Giebelrisalit. Der bekannte Hoffotograf Louis Held führte i​n dem Haus d​er Armbrustschützengesellschaft i​n Weimar a​b 1912 s​eine Kurzfilme auf. Es i​st gewissermaßen a​uch die Geburtsstunde d​er Kinematographie i​n Weimar.

Die sog. Armbrust w​ar das größte Versammlungslokal d​er Stadt Weimar. Hier versammelten s​ich überwiegend konservative Weimarer Bürger. Das zeigte s​ich bereits b​ei einer öffentlichen Kundgebung a​m 22. Januar 1920, a​ls gegen d​as Bauhaus Stimmung gemacht wurde.[12]

Die Nationalsozialisten nutzten d​as Gebäude bereits v​or dem Machtantritt 1933 a​ls Treffpunkt d​es Weimarer Bürgertums für Tagungen u​nd Kundgebungen.[13] Das Haus diente i​m Krieg a​ls Lazarett. 1945 w​urde die Armbrustschützengesellschaft aufgelöst,[14] d​as ehemalige Vereinshaus g​ing in d​as Eigentum d​er Stadt Weimar über. Seit 1960 w​ar es a​ls großräumiges Kino genutzt.[15][16][17] Es s​teht nicht einzeln a​uf der Liste d​er Kulturdenkmale i​n Weimar, sondern a​ls Teil d​er gesamten Schützengasse u​nter Liste d​er Kulturdenkmale i​n Weimar (Sachgesamtheiten u​nd Ensembles), d​ie unter Schutz gestellt ist.[18]

Literatur

  • Wilhelm Genast: Aus drei Jahrhunderten der Armbrustschützengesellschaft in Weimar: ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Bürgertums, in: Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte und Altertumskunde, Neue Folge 3. Band; der ganzen Folge 11. Band, Gustav Fischer Verlag Jena 1883, S. 499–556. Weblink

Einzelnachweise

  1. Genast, S. 515 ff.
  2. Eintrag in der DDB
  3. Art. Büchsenschützengesellschaft, in: Gitta Günther, Wolfram Huschke, Walter Steiner (Hrsg.): Weimar. Lexikon zur Stadtgeschichte. Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1998, S. 67.
  4. Bei Goethe und Schiller hatte die Armbrust in jedem Falle ihre literarischen Folgen. Schiller schrieb das Drama Wilhelm Tell um den Schweizer Freiheitshelden Wilhelm Tell. Goethe brachte den Stoff von seiner Reise in die Schweiz mit. Götheportal
  5. Genast, S. 544.
  6. Wilhelm Genast schrieb eine Geschichte der ersten dreihundert Jahre dieser Gesellschaft.
  7. Eckermann schrieb: Ein Stündchen bei Goethe, um mit ihm im Auftrag der Großherzogin wegen eines silbernen Wappenschildes Rücksprache zu nehmen, das der Prinz der hiesigen Armbrustschützengesellschaft verehren soll, deren Mitglied er geworden., in: Fritz Bergemann (Hrsg.): Eckermann, Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens (= Insel Taschenbuch. Band 500). 11. Auflage. Berlin 2015, S. 699.
  8. Genast, S. 544.
  9. ww.archive-in-thueringen.de
  10. Eintrag auf stadtmuseum.weimar.de
  11. "Eingedenk der alten Zeit" - Die Weimarer Armbrustschützengesellschaft und ihre wechselvolle Geschichte. Katalog zur Sonderausstellung im Stadtmuseum Weimar Kurator: Holger Richter, München 2012, ISBN 978-3-910053-50-5 (formal falsch).
  12. Justus H. Ulbricht: »Deutsche Religion« und »Deutsche Kunst« Intellektuelle Sinnsuche und kulturelle Identitätskonstruktionen in der »Klassischen Moderne«, Diss. Jena 2006, S. 178 f.
  13. Eintrag auf www.weimar-im-ns.de
  14. Nicht nur die Nähe zu den Nazis bewirkte die Auflösung des Vereines, sondern die Tatsache, dass die Mitglieder Waffenträger waren, was ab 1945 strengstens verboten war. Außerdem wurde in der SBZ im Rahmen der Bodenreform der Grundbesitz über 100 ha Grundfläche enteignet. https://www.bpb.de/geschichte/zeitgeschichte/deutschlandarchiv/291603/die-jagd-gehoert-dem-volke
  15. Rolf Bothe: Clemens Wenzeslaus Coudray: 1775–1845; ein deutscher Architekt des Klassizismus, Köln; Weimar; Wien: Böhlau, 2013, ISBN 978-3-412-20871-4, S. 477.
  16. Art. Armbrustschützengesellschaft, in: Gitta Günther, Wolfram Huschke, Walter Steiner (Hrsg.): Weimar. Lexikon zur Stadtgeschichte. Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1998, S. 16.
  17. https://www.cinestar.de/kino-weimar
  18. Denkmalschutzliste der Stadt Weimar Stand 2019
  19. Die Rezension verweist darauf, dass die Armbrustschützengesellschaft Weimar Gegenstand des rezensierten Werkes gewesen ist. Im rezensierten Buch gibt es auf S. 218–223 einen Abschnitt: Städtische Vereine und Gesellschaften.
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