Argument von Frattini
Das Argument von Frattini, kurz das Frattini-Argument, ist eine nach dem italienischen Mathematiker Giovanni Frattini benannte Schlussweise aus dem mathematischen Teilgebiet der Gruppentheorie. Es ermöglicht, eine endliche Gruppe unter gewissen Umständen als Komplexprodukt zweier Untergruppen schreiben zu können.
Definitionen
Wir verwenden für die Konjugation die Potenzschreibweise, das heißt, sind und Elemente einer Gruppe , so schreiben wir und für eine Teilmenge . Normalteiler sind bekanntlich genau diejenigen Untergruppen für die für alle gilt und bezeichnet den Normalisator von in . Für eine Primzahl ist eine p-Sylowgruppe eine p-Untergruppe maximaler Ordnung.
Das Frattini-Argument
Ist ein Normalteiler der Gruppe und eine p-Sylowgruppe von , so gilt .[1][2]
Ist nämlich , so ist , also ebenfalls p-Sylowgruppe in . Die Sylow-Sätze für ergeben, dass und in konjugiert sind, das heißt, es gibt ein mit . Daraus folgt , also und damit . Da beliebig war, folgt die Behauptung.
Weitere Definitionen
Eine eng mit obigem Frattini-Argument zusammenhängende Schlussweise existiert auch für die Operation einer Gruppe G auf einer Menge Ω. Eine Operation heißt transitiv, wenn es zu je zwei Elementen ein gibt mit . Für sei die sogenannte Stabilisatorgruppe in . Ferner beachte, dass mit auch jede ihrer Untergruppen auf operiert. Mit diesen Begriffen gilt folgender, ebenfalls als Frattini-Argument bekannter Sachverhalt:
Das Frattini-Argument für Operationen
Die Gruppe operiere auf , sei eine Untergruppe von und die auf eingeschränkte Operation auf sei transitiv. Dann gilt für jedes .[3]
Der Beweis dieser Aussage ist eine elementare Variante der oben vorgestellten Schlussweise. Ist nämlich und , so ist und wegen der vorausgesetzten Transitivität von gibt es ein mit , das heißt , also und schließlich . Da und beliebig waren, folgt die Behauptung.
Man kann das Frattini-Argument für Normalteiler auf das Frattini-Argument für Operationen zurückführen. Ist die Menge der p-Sylowgruppen von , so operiert mittels Konjugation auf und die auf eingeschränkte Operation ist nach den Sylow-Sätzen transitiv. Für jedes ist die Stabilisatorgruppe zu . Das Frattini-Argument für Operationen ergibt also .
Anwendungen
- Die erste auf Frattini selbst zurückgehende Anwendung besteht in dem Nachweis, dass die heute so genannte Frattinigruppe einer endlichen Gruppe nilpotent ist.[4]
- Ist eine p-Sylowgruppe einer endlichen Gruppe , so ist . Dazu wende man das Frattini-Argument auf die Gruppe , die als Normalteiler enthält, an.
Einzelnachweise
- H. Kurzweil, B. Stellmacher: Theorie der endlichen Gruppen, Springer-Verlag (1998), ISBN 3-540-60331-X, Abschnitt 3.2.7
- Derek J. S. Robinson: A Course in the Theory of Groups, Springer-Verlag 1996, ISBN 0-387-94461-3, Abschnitt 5.2.14
- H. Kurzweil, B. Stellmacher: Theorie der endlichen Gruppen, Springer-Verlag (1998), ISBN 3-540-60331-X, Abschnitt 3.1.4
- G. Frattini: Intorno alla generazione dei gruppi di operazioni, Rom. Acc. L. Rend. (4) I. 281–285, 455–457, 1885.