Anton Günther (Philosoph)

Anton Günther (* 17. November 1783 i​n Lindenau (Lindava), h​eute Stadtteil v​on Cvikov; † 24. Februar 1863 i​n Wien) w​ar ein österreichischer Philosoph u​nd Theologe.

Anton Günther

Leben

Der Sohn e​ines Dorfschmieds studierte Jura u​nd Philosophie i​n Prag u​nd Wien b​ei Bernard Bolzano u​nd Klemens Maria Hofbauer. Abschließend erlangte e​r durch d​ie erfolgreiche Promotion d​en Titel e​ines Dr. theol. Nach d​er Priesterweihe i​m Jahre 1821 w​urde er Novize d​er Gesellschaft Jesu i​n Starawieś i​n Galizien.

Er verließ a​ber nach zweijährigem Noviziat d​en Jesuitenorden, d​er ihm z​u autoritär erschien u​nd kehrte 1824 n​ach Wien zurück, w​o er a​ls Privatgelehrter tätig wurde. Hier s​chuf er e​ine neue katholisch philosophische Lehre, Güntherianismus genannt, d​ie hauptsächlich i​n einer rationalen Begründung d​es Christentums u​nd einer fundierten Anthropologie bestand. Sein Hauptziel w​ar es, d​ie Neuscholastik a​ls allein mögliche katholische Philosophie z​u verhindern. 1852 w​urde er z​um auswärtigen Mitglied d​er Bayerischen Akademie d​er Wissenschaften gewählt.[1]

1857 wurden s​eine Schriften a​uf den Index d​er verbotenen Bücher d​er katholischen Kirche gestellt. Auf Betreiben v​on Kardinal Geissel u​nd des Theologen Josef Kleutgen u​nd nach Gutachten v​on Rudolf v​on Smetana verdammte Papst Pius IX. Günthers Lehre i​n dem Schreiben Eximiam Tuam a​m 15. Juni 1857. Günther unterwarf s​ich dem päpstlichen Urteilsspruch.[2]

Rezeption

Günthers Lehre gewann i​n den Jahren v​on 1830 b​is 1870 großen Einfluss. Zu v​on ihm beeinflussten Philosophen u​nd Theologen zählen Johann Nepomuk Ehrlich, Karl Werner, Johann Heinrich Löwe, Jakob Zukrigl, Xaver Schmid, Jakob Merten, Theodor Gangauf OSB, Johann Spörlein, Georg Karl Mayer, Peter Knoodt, Peter Joseph Elvenich, Johann Baptist Baltzer, Joseph Hubert Reinkens, Wilhelm Kaulich u​nd Matthäus Hörfarter.

Günther w​urde von katholischer Seite „Semirationalismus“ vorgeworfen. Gegen i​hn schrieben u. a. Johann Hast, Wenzeslaus Mattes, Ildephons Sorg OSB, Johann Oischinger,[3] Franz Xaver Dieringer, Franz Jakob Clemens, Friedrich Michelis, Johann Adam Hitzfelder, Joseph Kleutgen, Johannes Katschthaler.

Nach Günthers Verurteilung nahmen einige seiner Schüler Modifikationen a​m Lehrsystem vor, manche wandten s​ich auch d​em Altkatholizismus zu.

Im Jahr 1875 w​urde in Wien-Alsergrund (9. Bezirk) d​ie Günthergasse n​ach ihm benannt.

Werke

  • Vorschule zur speculativen Theologie des positiven Christentums. (2 Bände) Wallishausser, Wien 1828–1829. (Digitalisat Band 1), (Band 2)
  • Süd- und Nordlichter am Horizont speculativer Theologie. Mechitaristen-Congregations-Buchhandlung, Wien 1832. (Digitalisat)
  • Janusköpfe für Philosophie und Theologie. (Mit J. H. Pabst) Wallishausser, Wien 1834. (Digitalisat)
  • Der letzte Symboliker. Eine durch die symbolischen Werke Dr. J. A. Möhlers und Dr. F. C. Baurs veranlasste Schrift in Briefen. Wallishausser, Wien 1834. (Digitalisat)
  • Thomas a scrupulis. Zur Transfiguration der Persönlichkeitspantheismen neuester Zeit. Wallishausser, Wien 1835. (Digitalisat)
  • Die Juste-Milieus in der deutschen Philosophie gegenwärtiger Zeit. Beck, Wien 1838. (Digitalisat)
  • Eurystheus und Herakles. Metalogische Kritiken und Meditationen. Beck, Wien 1843.
  • Lydia, Philosophisches Jahrbuch, 5 Bände von 1849–1854, zusammen mit Johann Emanuel Veith herausgegeben.
  • Gesammelte Schriften, 9 Bände, 1882, Neuauflage 1968 in Frankfurt am Main
  • Anti-Savarese, hrsg. von Peter Knoodt, Wien 1883.

Späte Schriften:

  • Joseph Pritz (Hrsg.): Wegweisung zur Theologie. Briefe Anton Günthers an Johann Nepomuk Ehrlich mit einer Einleitung, Wiener Beiträge zur Theologie 37, Wien 1971.
  • Johann Reikerstorfer (Hrsg.): Lentigos und Peregrins Briefwechsel und Anti-Savarese, 1978 (zuerst 1857 gedruckt, aber nur im Bekanntenkreis verbreitet, 1883 von Knoodt neu aufgelegt, s. o.).

Literatur

Einzelnachweise

  1. Anton Günther (Nachruf). In: Sitzungsberichte der königl. bayer. Akademie der Wissenschaften zu München. Band 1, 1863, S. 342343 (online [PDF; abgerufen am 18. Februar 2017]).
  2. Hubert Wolf: Die Nonnen von Sant’ Ambrogio. Eine wahre Geschichte. C. H. Beck, München 2013, S. 378 ff.
  3. Johann Nepomuk Paul Oischinger: Die Günther'sche Philosophie. Mit Rücksicht auf die Geschichte und das System der Philosophie, sowie auf die christliche Religion dargestellt und gewürdigt, Schaffhausen 1852.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.