Andreas Senk
Andreas Senk (* 1960; † 13. September 1966 in Berlin) ertrank beim Spielen in der Spree und wird zu den Todesopfern an der Berliner Mauer gezählt.
Leben
Andreas Senk wuchs als einziges Kind seiner Mutter in West-Berlin auf. Am Vormittag des 13. September 1966 spielte er am Gröbenufer an der Spree. Dabei wurde er zwischen 10 und 12 Uhr von einem anderen Kind ins Wasser geschubst. Die Spree gehörte an dieser Stelle vollständig zu Ost-Berlin und wurde von den Grenztruppen der DDR überwacht. Trotzdem wurde Andreas Senk nicht von den Grenzern auf den Wachtürmen und Patrouillenbooten entdeckt. Die West-Berliner Feuerwehr kam gegen 14 Uhr zur Unglücksstelle und suchte das Wasser mit langen Stangen ab. Es war den Feuerwehrleuten nicht gestattet, ins Wasser zu gehen. Gegen 14.30 Uhr fanden sie Andreas Senk und brachten ihn in das Bethanien-Krankenhaus, wo sein Tod festgestellt wurde.
Am nächsten Tag berichteten die Medien über den Vorfall. Aus West-Berlin kam es zu unterschiedlichen Vorwürfen gegen die Grenzer der DDR. Unter anderem wurde ihnen vorgeworfen, die Hilfe aktiv behindert zu haben. Diese Vorwürfe ließen sich nicht erhärten. In den Aufzeichnungen der Grenzer findet sich kein Eintrag, der ein ins Wasser gefallenes Kind erwähnt. Erst die Rettungsaktion der Feuerwehr zwei Stunden nach dem Vorfall wird protokolliert. Nach Aussagen West-Berliner Feuerwehrleute überwachten die DDR-Grenzer ihre Suche von einem Boot aus, das etwa 30 Meter vom westlichen Ufer Stellung bezog. Für eine Rettung Andreas Senks hätte die Hilfe spätestens acht Minuten nach dem Vorfall erfolgen müssen.
Um seine Auffassung, dass Senk ein Opfer der deutsch-deutschen Grenze war, nachvollziehbar zu machen, stellte Martin Ahrends die rhetorische Frage: „Ist Andreas Senk ein Opfer der Berliner Mauer?“ Zur Begründung seiner bejahenden Antwort führte er an:
„Dass die Feuerwehr so spät alarmiert wurde, hatte [zwar] keine politischen Gründe. Nur innerhalb von maximal acht Minuten nach seinem Sturz von West nach Ost hätte eine Chance bestanden, Andreas Senk lebend zu bergen. Doch die Chance war an dieser Stelle besonders gering, und das hatte durchaus politische Gründe. «Am Berliner Todesstreifen fehlt es an Passanten, die schnell zu Rettern werden könnten», schreibt ein [zeitgenössischer Zeitungs-]Kommentator. «Und wenn sie da gewesen wären, mussten sie nicht damit rechnen, bei einem Sprung in Ost-Berliner Gewässer erschossen zu werden?»“[1]
Senk gilt nach Ahrends also insofern als (indirektes) Maueropfer, als er zwar nicht direkt durch die Mauer bzw. die Grenzanlagen zu Tode gebracht wurde (die Grenzer verursachten seinen Unfall nicht, weigerten sich nicht ihm zu helfen und hinderten auch niemanden zu helfen), die Existenz der Mauer aber mit großer Wahrscheinlichkeit dafür verantwortlich war, dass sein Unfall unentdeckt blieb und somit tödlich endete.
Andreas Senk war eines von mindestens fünf Kindern (neben Cengaver Katrancı, Siegfried Kroboth, Giuseppe Savoca und Çetin Mert), die während der deutschen Teilung am Gröbenufer ins Wasser fielen und ertranken.
Literatur
- Hans-Hermann Hertle, Maria Nooke: Die Todesopfer an der Berliner Mauer 1961-1989. Ein biographisches Handbuch. Links, Berlin 2009, ISBN 978-3-86153-517-1.