Alkoholfrei
Als alkoholfrei (auch analkoholisch) werden Getränke und Speisen bezeichnet, die keinen Alkohol enthalten, sowie Getränke, deren Alkoholgehalt als gering angesehen wird. Als alkoholfrei dürfen nach deutschem, österreichischem und Schweizer Lebensmittelrecht Getränke bezeichnet werden, die maximal 0,5 Volumenprozent Alkohol enthalten. Eine Kennzeichnung des Alkoholgehaltes ist nach der europäischen Lebensmittel-Informationsverordnung erst ab 1,2 % vol erforderlich.[1][2]
In der Umgangssprache wird oftmals irrtümlich der Ausdruck antialkoholisch (bedeutet: gegen Alkohol) verwendet, der von dem Begriff Antialkoholiker abgeleitet wird.
Die Bezeichnung „ohne Alkohol“ darf ein Lebensmittel nur tragen, wenn der Alkoholgehalt 0,0 % beträgt, für Weine ist dies technologisch bedingt nie der Fall.[3] Bei Produkten, die aus Früchten bestehen oder Früchte enthalten, ist dies allerdings fast nie der Fall. Fruchtsäfte können beispielsweise bis zu 1 % vol durch natürliche Gärung enthalten.[4]
Geschichte
Bevor einige Brauereien sich bei der Herstellung eines alkoholfreien Bieres mit der Umkehrosmose beschäftigten, waren es einige Betriebe, die federführend in der Schweiz und auch in Deutschland (z. B. „Hümmerbräu“ in Dingolshausen) alkoholfreies Bier durch einen Vergärungsstopp herstellten. Etwa kurz vor Erreichung eines Alkoholgehaltes von 0,5 % vol wurde die Gärung unterbrochen.
Das hatte geschmackliche Nachteile des Bieres zur Folge, die z. B. durch natürliche Aromen aus thermisch aufbereiteter, also aus gekochter oder bis 80 °C erwärmter Hefe, etwas aufgebessert werden konnten; teilweise wurden auch in Alkohol gelöste Aromen verwendet.
In den Jahren 2006 und 2007 erschienen erste Biere mit 0,0 % Alkohol am Markt.[5][6]
Straßenverkehr
Alkoholfreie Getränke haben keine Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit. Nach einer Untersuchung aus dem Jahre 1983 müsste ein 75 kg schwerer Mann innerhalb einer Stunde zwölf Liter alkoholfreies Bier zu sich nehmen, um auf eine Blutalkoholkonzentration von 0,8 ‰ zu kommen, was praktisch unmöglich ist. In einer Versuchsreihe, die für diese Untersuchung durchgeführt wurde, betrug die Blutalkoholkonzentration aller Probanden nach der Aufnahme von 1,5 Litern alkoholfreien Bieres mit einem Alkoholgehalt von 0,44 Vol.-% innerhalb einer Stunde 0,0 ‰. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Alkoholabbau schneller geschieht als die Alkoholaufnahme. Die gleichzeitige Aufnahme von alkoholhaltigem und alkoholfreiem Bier zeigte eine leichte Abflachung der BAK-Kurve im Vergleich zu Personen, die nur alkoholhaltiges Bier getrunken hatte. Die minimal erhöhten BAK-Werte wurden aber als "forensisch ohne Auswirkung" eingeschätzt. Die Reaktionsfähigkeit der Probanden war durch das alkoholfreie Bier nicht beeinträchtigt.[7]
Kritik an irreführender Bezeichnung
Die deutsche Verbraucherorganisation Foodwatch und der österreichische Verein für Konsumenteninformation (VKI) kritisieren die Regelung, dass Getränke mit maximal 0,5 % vol Alkohol als alkoholfrei gelten dürfen und der im Getränk enthaltene Alkoholgehalt erst ab einem Alkoholanteil von 1,2 % vol ausgewiesen werden muss. Sie fordern, dass alle Getränke bis 0,5 % vol Alkohol stattdessen als alkoholarm bezeichnet werden sollen.[8]
Situation bei ehemaliger Suchtkrankheit
Obwohl der geringe Restalkoholgehalt von alkoholfreien Getränken als physiologisch unbedenklich gilt, wird ehemaligen Alkoholabhängigen weithin dennoch vom Genuss dieser Getränke abgeraten, da es zu Assoziationseffekten mit alkoholischen Getränken, und einer Reaktivierung einer psychischen Abhängigkeit kommen kann. In diesem Zusammenhang wird gelegentlich vom „Suchtgedächtnis“ gesprochen, das auch Jahrzehnte nach dem Ausstieg bestehen kann.[9]
Literatur
- K. Grunenberg: Entalkoholisierung von Bier, Anmerkung, Brauwelt 50, 116. Jahrgang, 9. Dezember 1976
- E. Ziegler und J. Mühlbauer: Möglichkeiten zur Herstellung alkoholfreier und alkoholarmer Getränke mit Biercharakter, Brauwelt 115, 800–803, 1975
- H. Kieninger, Ludwig Narziß und G. Heil: The production of low alcohol beer using reverse osmosis, Kongreßberichte zum internationalen Symposium Separation Processes by Membranes, Ion-Exchange and Freeze Concentration in the Food Industry, Paris, 13.–14. März 1975
- Karl Wucherpfennig und S. Neubert: Zur teilweise Entalkoholisierung von Bier mittels Umkehrosmose, Brauwelt 116, Nr. 41, 43, 47, 1976
Weblinks
Einzelnachweise
- Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel usw. (Lebensmittel-Informationsverordnung)
- Kennzeichnung von Bier und Biermischgetränken. (PDF, 704 KB) Deutscher Brauer-Bund e. V., 2014, S. 9, abgerufen am 14. September 2015.
- Alkoholfrei.de (Rotkäppchen-Mumm Sektkellerei GmbH): „Was bedeutet Alkoholfrei?“, abgerufen am 7. Juni 2013
- Dr. Peter Lenz. / CVUA Stuttgart: „Alkoholfreie“ Getränke: Wirklich ohne Alkohol?, vom 23. Mai 2012, abgerufen am 7. Juni 2013
- Warstein, 28. November 2006, 0,0 Prozent Alkohol (Memento vom 11. März 2008 im Internet Archive)
- ots:Bitburger Alkoholfrei jetzt absolut alkoholfrei 100% Bitburger Geschmack bei 0,0% Alkohol, auf news aktuell: Presseportal, vom 16. März 2007, abgerufen am 7. Juni 2013
- Luff/Lutz, Wirkung sog. alkoholfreien Bieres auf Blutalkoholkonzentration und Reaktionsvermögen, Blutalkohol 1983, S. 252–257.
- Sophia Freynschlag Wirbel um Bier-Kennzeichnung, wienerzeitung.at vom 29. Mai 2012, abgerufen am 15. Dezember 2014
- Alkoholfreies Bier – für jeden geeignet? (PDF) Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V., 2015, S. 4, abgerufen am 9. April 2019.